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Trockenheit bedroht Wälder und Kulturen

Laut Agroscope sollten die Landwirte bereits mit der Bewässerung beginnen. Keystone

Wegen der hohen Temperaturen und der Trockenheit der letzten Wochen in der Schweiz erlassen immer mehr Kantone ein Feuerverbot im Freien.

Die Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon befürchtet Schlimmes für die Ernten. Die Bauern haben Angst vor einer Trockenheit wie 2003.

Die Trockenheit hat die Wald- und Flurbrandgefahr in der Schweiz weiter verschärft. Bis am Dienstag erliessen 14 Kantone ein generelles oder teilweises Feuerverbot. Oberhalb von Ascona im Tessin zerstörte ein grosses Feuer rund 80 Hektaren Wald.

Dank dem Einsatz von 5 Helikoptern und 40 Feuerwehrleuten konnte ein weiteres Ausbreiten der Flammen verhindert werden. Gelöscht ist der Brand aber noch nicht. Die Feuerwehren werden auch am Mittwoch noch mit Löscharbeiten beschäftigt sein.

Nachlässigkeit oder Brandstiftung

Weshalb das Wald- und Buschgebiet in Brand geriet, ist noch nicht klar. Fest steht, dass es sich um keine natürliche Ursache handelt. Es wird Nachlässigkeit oder Brandstiftung vermutet.

Die Polizei hat eine Untersuchung eingeleitet. Wegen des teils starken Windes haben sich die Flammen auf dem trockenen Untergrund rasch ausgebreitet.

Mit einer drei bis fünf Meter breiten Feuerschneise konnte verhindert werden, dass sich die Flammen in Richtung des 650-Einwohner-Dorfes Ronco ausdehnten.

Überdies sorgten Löschtrupps dafür, dass das Feuer nicht auf eine Gruppe von 15 Rustici in den Bergen übergriff.

Ein weiterer Waldbrand brach am Dienstag in Château d’Oex im Waadtland aus. Hier wurden fünf Hektaren Wald und Buschwerk zerstört.

14 Kantone mit teilweisem oder generellem Feuerverbot

Das Tessin und die Waadt sind zwei der 14 Kantone, in denen ein generelles oder teilweises Feuerverbot im Freien gilt. Am Dienstag erliessen die Kantone Luzern, Nidwalden, Appenzell Innerrhoden, St. Gallen, Neuenburg und Glarus neu Feuerverbote.

In den Tagen davor hatten neben dem Tessin und der Waadt auch die Behörden der Kantone Schwyz, Jura, Graubünden, Uri, Obwalden und Appenzell Ausserrhoden Verbote verfügt. Andere Kantone wie Aargau, Solothurn, Schaffhausen oder Basel warten ab, gaben aber Warnungen heraus.

Frühe Grillsaison lässt Schweinefleisch teurer werden

Vorerst nicht traurig über das heisse und trockene Aprilwetter sind die Bauern. Der Boden lässt sich gut bearbeiten, die ersten Heuernten sind eingefahren. Und die Schweinepreise haben wegen der früh eröffneten Grillsaison angezogen.

Damit die gute Laune anhält, muss es aber es in den nächsten zehn Tagen regnen, wie Hans Rüssli vom Schweizerischen Bauernverband sagte.

Denn ohne Regen könnten die bereits erfolgten Aussaaten und Pflanzungen zum Beispiel von Sonnenblumen, Sojabohnen, Mais oder Kartoffeln nicht keimen.

Das warme Wetter hat laut Rüssli zu einem Vegetationsvorsprung von zwei bis drei Wochen geführt. Ein weiterer Vorteil des derzeitigen Wetters seien weniger Krankheiten, insbesondere weniger Pilzbefall. Hinzu komme eine gute und frühe Heuernte.

Tiefere Wasserpegel

Die Trockenheit beginnt sich auch auf die Gewässerpegel auszuwirken. Die kleinen und mittleren Gewässer in der Westschweiz, im Jura, im Mittelland, im Thurgebiet und im südlichen Tessin liegen zum Teil klar unter dem April-Durchschnitt der letzten Jahre.

Beim Grundwasser liegt noch alles im normalen Bereich. Das Grundwasser reagiert langsamer auf Veränderungen.

Hier wirkten noch die überdurchschnittlichen Niederschläge vom März nach, wie Daniel Streit von der Sektion Hydrologie des Bundesamts für Umwelt (BAFU) sagte.

Noch 15 Tage bis zu Zuständen wie 2003

Laut der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) dauert es nur noch 15 Tage, bis die Situation für die Landwirte ähnlich kritisch wie 2003 wird. Vor 4 Jahren hat das trockene Wetter zu Verlusten in der Landwirtschaft von 400 Mio. Franken geführt.

Laut der dem Eidgenössischen Volkswirtschafts-Department (EVD) angeschlossenen ART ist noch genügend Grundwasser vorhanden, und für Kulturpflanzen mit gut entwickeltem Wurzelwerk besteht wenig Risiko. Doch könnte der Grundwasser-Spiegel auf kritische Tiefen sinken.

Die meisten Kulturpflanzen riskieren Wasser- und Nährstoffmangel. Vor allem die jüngste Aussaat und Zuckerrüben.

Agroscope rät den Landwirten, jetzt schon mit der Bewässerung zu beginnen, um später Ernteausfälle zu verhindern und um die Bodenqualität zu erhalten.

swissinfo und Agenturen

Das Thermometer überstieg am Dienstag im Wallis und im Tessin die 27-Grad-Marke.
In Sitten erreichte die Temperatur laut MeteoSuisse 27,5 Grad. Im April vor einem Jahr waren jedoch in Sitten noch höhere Werte gemessen worden.
Die Sittener werden sich noch an den Rekordwert vom 21. April 1968 erinnern, als das Thermometer auf 29,6 Grad kletterte.

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