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Tui-Ableger Hapag-Lloyd fürchtet hohen Ölpreis – Japan bedroht IPO-Plan (AF)

HAMBURG (awp international) – Bei Deutschlands grösster Container-Reederei Hapag-Lloyd trübt nach dem Rekordgewinn im vergangenen Jahr der deutlich gestiegene Ölpreis die Aussichten. Die Kosten dürften 2011 dadurch stärker steigen als der Umsatz, heisst es in dem am Freitag veröffentlichten Geschäftsbericht des Unternehmens, das noch knapp zur Hälfte zu Europas grösstem Reisekonzern Tui gehört. Im kommenden Jahr soll profitables Wachstum wieder erreichbar sein. Laut einem Pressebericht gerät der Zeitplan für den Börsengang der Reederei wegen der Katastrophen in Japan allerdings in Gefahr. Die Tui-Aktie legte am Vormittag dennoch um 0,40 Prozent auf 8,372 Euro zu, entwickelte sich damit aber schlechter als der Gesamtmarkt.
Die endgültige Entscheidung über den Börsengang sei auf kommende Woche vertagt worden, berichtet die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” am Freitag ohne Angabe von Quellen. Die Anteilseigner wollten nun abwarten, wie sich die Lage in Japan entwickelt und wie der Kapitalmarkt reagiert. Eine Entscheidung solle erst in der kommenden Woche fallen. “In unseren Betrachtungen über den geeigneten Zeitpunkt für den Börsengang spielen die Ereignisse in Japan natürlich auch eine Rolle”, sagte ein Tui-Sprecher. Für ein abschliessendes Urteil sei es jedoch zu früh.
Medienberichten zufolge sollte Hapag-Lloyd eigentlich Mitte April an die Börse gehen. Die Vorgespräche mit Analysten seien gut gelaufen, das Interesse an der Aktie sei gross, berichtet die “FAZ”. Aber das unsichere Börsenumfeld könnte zu einem Bewertungsabschlag führen.
Der Reisekonzern Tui will sich von seiner verbliebenen Beteiligung von 49,8 Prozent trennen, nachdem er die frühere Konzerntochter Hapag-Lloyd zu Beginn der Wirtschaftskrise nicht komplett losgeworden war. Einen ersten Anteil von gut elf Prozent übernimmt in Kürze das Konsortium Albert Ballin, zu dem die Stadt Hamburg, der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne sowie Banken und Versicherungen gehören. Die Investorengruppe hatte 2009 die Mehrheit an Hapag-Lloyd übernommen, bevor die Reederei in der Wirtschaftskrise in schweres Fahrwasser geriet.
Dem Verband Deutscher Reeder (VDR) zufolge hat die Japan-Katastrophe bislang kaum negative Folgen für die deutschen Schifffahrtsunternehmen. Gleichwohl seien die Reeder sehr besorgt, sagte VDR-Hauptgeschäftsführer Ralf Nagel der Zeitung. Sollte sich die radioaktive Strahlung weiter erhöhen und bis in die Region rund um Tokio reichen, würden dort sicherlich keine Schiffe mehr in die Häfen einfahren.
Angesichts des von Experten erwarteten Wachstums im Containerverkehr peilt Hapag-Lloyd für 2011 und 2012 eine deutliche Steigerung des Transportvolumens an. Das Unternehmen solle mit dem Markt wachsen, schreibt das Management um Vorstandschef Michael Behrendt im Geschäftsbericht. Die Marktexperten von IHS Global Insight erwarten, dass der globale Containerverkehr in diesem Jahr um 6,8 Prozent und im kommenden Jahr um 7 Prozent zulegt.
Hapag-Lloyd geht dabei davon aus, dass auch die Preise für Frachttransporte in beiden Jahren leicht steigen. Nach der Wirtschaftskrise hatte Hapag-Lloyd im vergangenen Jahr bereits von deutlich höheren Frachtraten profitiert. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen 428 Millionen Euro./stw/stb/tw

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