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UBS-AFFÄRE/SR will Konkurs-Strafbestimmungen auch für systemrelevante Firmen

Bern (awp/sda) – Unternehmen, die aus volkswirtschaftlichen Gründen vom Staat vor dem Konkurs bewahrt werden müssen, können strafrechtlich zum Teil nicht erfasst werden – eben gerade wegen des ausstehenden Konkurses. Das will der Ständerat ändern.
Trotz rechtlich begründeter Einwände des Bundesrats hat die kleine Kammer am Donnerstag eine Motion seiner Geschäftsprüfungskommission (GPK) ohne Gegenstimme angenommen. Der Vorstoss stützt sich auf die GPK-Berichte zur Finanzkrise und zur Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA.
Der Ständerat will die Konkursstrafbestimmungen auf systemrelevante Grossunternehmen ausdehnen, die vom Staat unterstützt werden müssen. Betroffen sind die Art. 164 und Art. 165 des Strafgesetzbuchs (StGB).
Mit der verlangten Änderung werde der Rahmen der Konkurs- und Betreibungsdelikte gesprengt und sei mit deren Natur nicht mehr vereinbar, begründet der Bundesrat seinen Widerstand. Denn durch die Änderung würde unklar, welche Rechtsgüter bezüglich systemrelevanter Grossunternehmen geschützt werden sollten.
Solange weder der Konkurs eröffnet noch ein Pfändungsverlustschein ausgestellt sei, lasse sich ein allfälliger Schaden nicht oder nur sehr schwer nachweisen. Insbesondere bei Grossunternehmen, die aufgrund ihrer Systemrelevanz vor dem Untergang bewahrt werden müssten, würden die Gläubiger in der Regel nicht geschädigt.
Überdies würden mit der Änderung zwei Kategorien von Tätern geschaffen. Da die erwähnten Artikel StGB nur zur Anwendung kommen, wenn über einen Schuldner der Konkurs eröffnet oder ein Verlustschein ausgestellt wurde, wären die Strafbarkeitshürden für Mitarbeiter “gewöhnlicher” Unternehmen höher als für solche von “Too-Big-to-Fail”-Unternehmen.
Ausserdem könne die frühzeitige Einleitung eines Strafverfahrens die Gläubigerinteressen und die staatlichen Interventionen erheblich gefährden oder sogar zunichte machen, präzisierte das Bundesamt für Justiz auf Anfrage.
Der Ständerat liess sich von den bundesrätlichen Einwänden nicht beeindrucken. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

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