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Überflugsrechte und Neutralität

Im gegenwärtigen Irak-Krieg beruft sich die Schweiz auf die Neutralität. Sie gestattet keine militärischen Überflüge.

In den letzten zehn Jahren hat sie ihre Praxis hinsichtlich der Überflugsrechte wesentlich modifiziert.

Bis Anfang 90er Jahre hielt sich die Schweiz punkto Überflugsrechte für fremde Militärmaschinen strikte ans Neutralitätsrecht. Laut Haager Abkommen von 1907 dürfen Neutrale im Kriegsfall den Kriegführenden keine Transitrechte für Truppen oder Material durch (oder über) ihr Territorium gewähren.

Im Golfkrieg 1990/91 hielt der Bundesrat an dieser strikten Neutralitäts-Interpretation fest. Er weigerte sich, den Alliierten ihren Luftraum für militärische Überflüge zur Verfügung zu stellen, obschon die Operation den Segen der UNO hatte. Dagegen wurden humanitäre Flüge ausnahmsweise erlaubt.

Neuorientierung 1993

Das Ende des Kalten Krieges und die damit verbundene Deblockierung des UNO-Sicherheitsrates führten zu einer schrittweisen Neuinterpretierung der schweizerischen Neutralität. Im Aussenpolitischen Bericht und im Neutralitätsbericht von 1993 hielt die Landesregierung fest, dass die Unterstützung von UNO-Operationen gegen einen Rechtsbrecher nicht gegen das Neutralitätsrecht verstosse.

Entsprechend sei ausländischen Streitkräften der Überflug für friedensunterstützende Einsätze mit Mandat oder Autorisierung des UNO-Sicherheitsrates zu erlauben.

Grünes Licht in Bosnien-Konflikt

So gestattete der Bundesrat 1995 im Bosnien-Konflikt Militärtransportern und Awacs-Überwachungs-Flugzeugen für die Schutztruppe IFOR/SFOR, die Schweiz zu überfliegen. Über 16’000 Überflüge wurden seither gestattet.

Die Maschinen benutzen die normalen Flugkorridore. Sie werden von der Schweizer Flugsicherung (skyguide) kontrolliert. Die Schweizer Luftwaffe führt aber auch visuelle Stichproben mit unbewaffneten FA-18 durch. Auch auf der Schiene wurden Militärtransporte gestattet.

Abwarten im Kosovo-Konflikt

Bei der Intervention in Kosovo im Frühling 1999 lehnte die Schweiz dagegen das Begehren der Nato für den Transit militärischer Güter durch respektive über ihr Territorium ab, da damals kein UNO-Sicherheitsratsmandat für die Nato-Operation gegen Jugoslawien bestand.

Als nach Kriegsende die KFOR-Truppe mit einem Mandat der UNO in Kosovo stationiert wurde, erlaubte die Schweiz am 17. Juni 1999 den Transit militärischer Güter für diese Truppe über ihr Territorium.

Bei der Intervention der USA und ihrer Verbündeter in Afghanistan im November 2001, die sich nicht auf ein UNO-Mandat abstützte, gestattete die Schweiz den Überflug für humanitäre Hilfsgütertransporte.

Im jüngsten Irak-Konflikt hatte der Bundesrat schon Ende Februar entschieden, bei einem Angriff ohne UNO-Mandat den Luftraum für Militärmaschinen zu schliessen.

swissinfo und Agenturen

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