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Umworbene Götter

Der Skarabäus - seit Jahrtausenden als Amulett im Einsatz. Museum für Kommunikation

Das Berner Museum für Kommunikation zeigt in seiner aktuellen Ausstellung "Werbung für die Götter" Heilsbringer aus 4000 Jahren.

Von Memphis, Ägypten, über die schwarze Madonna in Einsiedeln bis Elvis Presley, Memphis, Tennessee führt die Reise im Dienste der Götter.

Letztes Jahr hatte das Museum für Kommunikation in Bern “Happy, das Versprechen in der Werbung” gezeigt. Jetzt steht die zweite Ausstellung zum Thema Werbung auf dem Programm.

Werbung und Götter, ein kühnes Projekt. Einen Zeitraum von nicht weniger als 4000 Jahren umfasst die Ausstellung und zeigt Objekte, die noch nie dem Publikum zugänglich waren.

“Wir möchten Entweder-Oder-Positionen durchbrechen”, sagt Thomas Staubli, Projektmitarbeiter und Leiter des Projekts “Bibel+Orient Museum” gegenüber swissinfo. “Zum Beispiel die Frage, säkularisierte Abschottung oder religiöser Fundamentalismus. Wir wollen zum Nachdenken anregen, Fragen aufwerfen, aber auch Kitsch und Kommerz nicht auslassen.”

Klein aber wirkungsvoll



Massen-Kommunikationsmittel sind keineswegs eine Errungenschaft des Kommunikationszeitalters, wie die Ausstellung in Bern zeigt. Skarabäen aus Alt-Ägypten, Rollsiegel aus dem Orient, Münzen aus der Antike waren schon in vorchristlicher Zeit beliebte Objekte, die immer und überall mitgetragen werden konnten.

Diese magischen Schutzzeichen ermöglichten dem Einzelnen eine Verbindung zu dem, was die Welt im Innersten zusammen hält. Oftmals signalisierten sie die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe, spendeten Trost, verbreiteten Hoffnung.

Gestern und heute

Das Christentum pflegte die Traditionen weiter und viele Symbole haben sich bis heute erhalten. Längst sind nicht mehr alle mit religiösem Inhalt gefüllt, ihre Herkunft können sie gleichwohl nicht verleugnen.

Sage mir was du an deiner Halskette trägst – und ich sage dir wo du dich zugehörig fühlst. So könnte der erste Eindruck der Ausstellung lauten, wo unzählige fotografierte neuzeitliche Amulette und Halsketten auf die Besucher und Besucherinnen warten.

Ein Käfer macht Karriere

Doch beginnen wir in Memphis, Ägypten. Der Tempel des Schöpfergottes Ptah in Memphis war nebst Amun in Theben und Re-Harachte in Heliopolis einer der wichtigsten Tempel Ägyptens. Die Gottheit genoss grosses Ansehen und im 17. Jh. v. Chr. kamen skarabäenförmige Amulette mit Ptah-Bildern im Umlauf.

In Bern sind wunderschöne dieser, meist nur ein paar Zentimeter grossen schmucken Amulette zu sehen. Der Skarabäus, dieses Insekt, bot sich als “heiliger Mistkäfer” an.

Dem geheimnisvollen Lauf der Sonnenkugel gleich, vermag er mit den Hinterbeinen runde Mistkugeln unglaublich geschickt über den Boden zu rollen und dann zu vergraben. Die Sonne versinkt.

Schwarze Madonnen

Von Memphis führt die Reise dann zum Mondgott Sin im Orient (Südtürkei), der auf Roll- und Stempelsiegeln seine Verbreitung fand. Weiter geht es zu Artemis von Ephesus (in der heutigen Türkei), deren Tempel zu den sieben Weltwundern zählt. Diese schwarze Göttin, deren Tempel einst Krösus – der Inbegriff des reichen Mannes – zu einem der grössten Bankzentren der Antike aufbaute, findet sich folgerichtig auf Münzen.

Von der geheimnisvollen schwarzen Göttin aus Griechenland zur Schwarzen Madonna in Einsiedeln. Hier, in einem der berühmtesten Wallfahrtsorte in der Schweiz, lohnt ein Halt. Und was im Mittelalter galt, gilt immer noch: keine Wallfahrt ohne Wallfahrt-Andenken. Werbung für die Götter.

So zierte und ziert das Gnadenbild der Heiligen Kerzen, Medaillen, “Helgeli” (Papierbildchen), Postkarten. Ausgestellt sind Devotionalien (der Andacht dienende Gegenstände) in grosser Anzahl. Zahlreiche sind aufwändig gestaltet, andere schlicht und einfach gehalten. Zwischen Kunst, Kitsch, Kommerz und religiöser Einbettung liegt ein schmaler Grat.

Gott Elvis?

Die letzte Station der kleinen und feinen Ausstellung stellt Elvis aus Memphis, Tennessee, in die Reihe der Unsterblichen. Elvis, ein Gott in einer säkularisierten Zeit? Tatsächlich trägt die Verehrung dieses Idols, des “King of Rock’n’Roll” quasi-religiöse Züge.

Seine treusten Anhänger schotten sich in eigenen Zirkeln ab, das Wort Elvis gilt, und Graceland, das Elvis-Anwesen ist eine neuzeitliche Pilgerstätte. Die Kommerzialisierung ist im Elvis-Kult auf die Spitze getrieben, Gegenstände aus seinem Leben werden von seinen “Jüngern” wie Reliquien behandelt und es floriert ein Andenkenmarkt.

swissinfo, Brigitta Javurek

“Werbung für Götter” – die Ausstellung im Berner Museum für Kommunikation zeigt Heilsbringer aus 4000 Jahren.

Die Mehrzahl der Originalobjekte stammen aus den Sammlungen des Projekts “Bibel+Orient Museum”. Das Projekt soll dereinst das erste und einzige Museum in der Schweiz (Freiburg) sein, das an die Wurzeln der Zivilisation erinnert und Archäologie mit Religionsgeschichte verbindet.

Momentan wird die Detailkonzeption des Museums erarbeitet, werden Sponsoren gesucht, Wanderausstellungen organisiert.

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