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Unicredit: Aufsichtsratchef Rampl sucht Nachfolger für zurückgetretenen Profumo

MAILAND (awp international) – Der unter massiven Druck geratene Vorstandschef der italienischen Grossbank Unicredit, Alessandro Profumo, ist von seinem Posten zurückgetreten. Wie die Bank am Mittwoch mitteilte, ist dem Aufsichtsratschef Dieter Rampl das Mandat übertragen worden, in den nächsten Wochen nach einem Nachfolger für Profumo zu suchen und diesen vorzuschlagen. Rampl führt die Gruppe bis zur Ernennung eines neuen Vorstandschefs interimsmässig.
“Der UniCredit-Aufsichtsrat und Alessandro Profumo stimmen darin überein, (…) dass nach 15 Jahren der Moment für einen Wechsel an der Spitze der Gruppe gekommen ist”, so heisst es in der Erklärung, die nach der viereinhalbstündigen Aufsichtsratssitzung in den frühen Morgenstunden in Mailand veröffentlicht wurde.
VERTRAUEN ENTZOGEN
“Es war eine Forderung des Rates, und er ist zurückgetreten”, so hatte Profumos Ehefrau Sabina Ratti die Nachricht erläutert, der Rat habe ihrem Mann das Vertrauen entzogen. Der Spitzenbanker war wegen des umstrittenen verstärkten Engagements Libyens in der UniCredit kritisiert worden. Man warf ihm zudem einsame Entscheidungen vor.
Stein des Anstosses ist eine “kleine Übernahme” der Bank, zu der auch die Hypovereinsbank gehört, durch Tripolis. Die italienische Wertpapieraufsicht (Consob) hatte in der vergangenen Woche bekanntgegeben, dass Libyen seinen Anteil an UniCredit um 0,5 Prozentpunkte erhöht habe. Damit ist die staatliche Investmentgesellschaft “Libyan Investment Authority” (LIA) nun mit 2,59 Prozent an UniCredit beteiligt. Da auch die Notenbank des von dem umstrittenen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi regierten Landes knapp fünf Prozent an der Bank halte, belaufe sich die von Tripolis kontrollierte Quote auf insgesamt über 7,2 Prozent. Die Consob schloss zudem eine weitere Erhöhung nicht aus.
LIBYEN- EINSTIEG HEFTIG UMSTRITTEN
Tripolis war im Oktober vor zwei Jahren auf dem Höhepunkt der Finanzkrise bei UniCredit eingestiegen. Obwohl die italienische “Banca Centrale” in der vergangenen Woche noch beruhigt hatte, es handele sich bei dem libyschen Engagement um eine reine Investition ohne politischen Hintergrund, stiess der libysche Einkauf auf scharfe Kritik – und das nicht nur aus Rom.
Zunächst protestierten vor allem zahlreiche Politiker in Italien, die eine zu starke Einflussnahme des nordafrikanischen Staatschefs befürchteten. Medienberichten vom Dienstag zufolge forderten dann auch die italienische Zentralbank, Aktionäre wie Allianz und Daimler sowie UniCredit-Aufsichtsratschef Rampl eine Erklärung.
Vor allem aus Deutschland sei der 53-jährige Erfolgsbanker Profumo kritisiert worden, zu viele Entscheidungen allein getroffen zu haben, berichtete der Mailänder “Corriere della Sera” am Dienstag.
Profumo – bereits zweimal zum “Europäischen Bankier des Jahres” gekürt – hatte die einst rein italienische Bank Unicredito zu einem europäischen Institut ausgebaut. Er steht seit 1997 an der Spitze der Bank. Sie wurde unter seiner Ägide durch Fusionen und Übernahmen zu einer der grössten Europas. So hatte die UniCredit 2005 etwa die Hypovereinsbank gekauft./ka/DP/she

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