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US/Fed senkt BIP-Prognose und schliesst neue Hilfen nicht aus (AF)

FRANKFURT/WASHINGTON (Dow Jones) Die US-Währungshüter haben bei ihrer Sitzung am 22. und 23. Juni 2010 die Wachstumsprognose für die US-Wirtschaft im laufenden Jahr verringert und über die Notwendigkeit eines weiteren geldpolitischen Stimulus beraten. Angesichts der “relativ moderaten” Verschlechterung des Wirtschaftsausblicks waren sich die Mitglieder im Offenmarktausschuss (FOMC) einig, dass derzeit keine weitere Akkommodierung nötig sei, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Sitzungsprotokoll hervorgeht. Sollte sich der Wirtschaftsausblick jedoch spürbar eintrüben, würden weitere Konjunkturhilfen erwogen.
Konkrete Vorschläge, mit welchen Massnahmen die US-Notenbank die Wirtschaftserholung zu unterstützen gedenkt, wurden in dem Protokoll nicht genannt – auch nicht eine Wiederbelebung der Käufe von Hypothekenpapieren. Gleichzeitig verwies die Notenbank darauf, auch weiterhin zu prüfen, wann und wie ein möglicher Ausstieg aus den derzeit noch laufenden Massnahmen zur Konjunkturstützung zu vollziehen sei.
Die US-Währungshüter um Fed-Chairman Ben Bernanke hatten bei der Sitzung im Juni den Wirtschaftsausblick mit vorsichtigeren Worten beschrieben. Entsprechend verringerten sie im Juni zum ersten Mal seit über einem Jahr ihre Projektion für die Entwicklung des Wirtschaftswachstums im laufenden Jahr. So wird mittlerweile für das vierte Quartal des laufenden Jahres nur noch ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,0% bis 3,5% projeziert. Bislang war eine Spanne von 3,2% bis 3,7% erwartet worden.
Auch für die Entwicklung im kommenden Jahr zeigten sich die Währungshüter etwas skeptischer. Für das vierte Quartal des Jahres 2011 wird mit einem BIP-Zuwachs von 3,5% bis 4,2% (Mittelwert: 3,85%) gerechnet, nachdem zuvor eine Spanne zwischen 3,4% bis 4,5% (Mittelwert: 3,95%) erwartet worden war. Die Projektion für 2012 blieb mit 3,5% bis 4,5% unverändert.
Nach Einschätzung der Währungshüter dürfte die Arbeitslosigkeit etwas langsamer zurückgehen als noch bei den Projektionen vom Mai erwartet. Für das vierte Quartal 2010 wird nun eine Quote von 9,2% bis 9,5% (bisher: 9,1% bis 9,5%) prognostiziert, die bis Ende 2011 lediglich auf 8,3% bis 8,7% (8,1% bis 8,5%) zurückgeht. Die Schätzung für die Arbeitslosenquote Ende 2012 fiel ebenfalls höher aus als bisher.
Hinsichtlich der Inflationsentwicklung sind die Projektionen der FOMC-Mitglieder geringfügig niedriger als im Mai. Für die vierten Quartale der Jahre 2010 bis 2012 erwarten sie Jahresanstiegsraten des PCE-Preisindex von 1,0% bis 1,1% (1,2% bis 1,5%), 1,1% bis 1,6% (1,1% bis 1,9%) sowie 1,0% bis 1,7% (1,2% bis 2,0%). Die langfristige Projektion lautet weiterhin auf 1,7% bis 2,0%.
Für den Kern-PCE-Preisindex werden für die vierten Quartale der Jahre 2010 bis 2012 Jahresanstiegsraten von 0,8% bis 1,0% (0,9% bis 1,2%), 0,9% bis 1,3% (1,0% bis 1,5%) bzw. 1,0% bis 1,5% (1,2% bis 1,6%) projiziert. Die Inflation bleibt damit vorerst gedämpft, was der US-Notenbank Raum lässt, ihre ultraexpansive Geldpolitik fortzusetzen.
Um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen und die hohe Arbeitslosigkeit abzubauen, wurde bei der Sitzung im Juni an der Nullzinspolitik festgehalten. Der Leitzins blieb auf dem Rekordtief von 0% bis 0,25%. Der FOMC hatte zudem seine Aussage bekräftigt, dass der Leitzins “wohl für längere Zeit auf einem aussergewöhnlich niedrigen Niveau” verharren werde. Der Präsident der Federal Reserve Bank of Kansas City, Thomas Hoenig, hatte erneut dagegen votiert, an diesem Passus festzuhalten.
Dem Protokoll zufolge bestand unter den FOMC-Mitglieder ein Konsens darüber, dass der Verkauf der Hypothekenpapiere, die die US-Notenbank im Zuge der Finanzkrise erworben hatte, derzeit noch nicht vorgenommen werden sollte. “Die meisten Teilnehmer erachteten es weiterhin als angemessen, die Asset-Verkäufe für einige Zeit hinauszuschieben; einige verwiesen auf die moderate Eintrübung des Wirtschaftsausblicks seit der letzten FOMC-Sitzung als einen weiteren Grund dafür”, heisst es in dem Sitzungsprotokoll. Allerdings sprachen sich ein paar FOMC-Mitglieder erneut dafür aus, mit dem Verkauf der Assets schon bald zu beginnen.
Die Bilanzsumme der Fed ist im Zuge ihrer massiven Käufe problematischer Wertpapiere auf über 2 Bill USD angeschwollen. Vor Ausbruch der Finanzkrise im Spätsommer 2007 war lediglich ein Betrag von 800 Mrd USD registriert worden. Hinter dem massiven Anstieg steht vor allem das mittlerweile eingestellte Kaufprogramm für hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) über 1,25 Bill USD.
DJG/kth/mle

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