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US-Wahlen mit Problemen, aber meist korrekt

OSZE-Delegationsleiterin Barbara Haering sieht Handlungsbedarf bei US-Wahlgesetzgebung. Keystone

Die US-Wahlen sind nach Angaben der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) "grossteils" korrekt abgelaufen.

Es habe aber einzelne Pannen gegeben, so Barbara Haering, Leiterin der OSZE-Delegation, im Gespräch mit swissinfo.

92 OSZE-Beobachterinnen und -Beobachter aus 34 Staaten haben am Wahltag in mehreren Bundesstaaten den Urnengang beobachtet. Ein vorläufiger Bericht über die Beobachtung wurde am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Washington präsentiert.

Die sozialdemokratische Nationalrätin Barbara Haering, Vizepräsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, war als OSZE-Delegationsleiterin dabei.

swissinfo: Sind die Wahlen korrekt verlaufen, oder gab es Ungereimtheiten wie vor vier Jahren?

Barbara Haering: Diese Wahlen haben die meisten Verpflichtungen der USA gegenüber der OSZE erfüllt. Es gab einzelne Pannen und Unregelmässigkeiten. Was wir kritisieren, ist die Tatsache, dass die neue, 2002 eingeführte Gesetzgebung noch viel Interpretations-Spielraum offen lässt. Das muss sich ändern.

Zudem muss den internationalen Wahlbeobachterinnen und –beobachtern die Möglichkeit des freien Zugangs zu allen Wahlstationen gewährleistet werden.

swissinfo: War das nicht der Fall?

B.H.: Das Problem liegt darin, dass wir von der nationalen US-Regierung eingeladen wurden, die ein entsprechendes Gesetz hat, das solche Wahlbeobachtungen ermöglicht. Aber in einzelnen US-Staaten sehen die Wahlgesetze und Reglemente keine internationalen Beobachtungen vor.

In vereinzelten Wahllokalen hatten unsere Beobachter keinen Zugang. Wir hatten aber genügend Zugang zu allen Informationen, die wir zur Erfüllung unseres Auftrages benötigten.

swissinfo: Ihre Mission ist nun beendet. Was hat die ganze Übung gebracht? Oft wurde auch von einer “Alibiübung” gesprochen.

B.H.: Die USA befinden sich bezüglich ihrer Wahlsysteme in einem langfristigen, umfassenden Reformprozess. Es ist das erste Mal, dass eine nationale Gesetzgebung den einzelnen Staaten Vorschriften machte. Diese 2002 eingeführte neue Gesetzgebung wird weiter präzisiert werden müssen, und da werden unsere Empfehlungen sicherlich einen Einfluss haben.

swissinfo: Was war Ihr eindrücklichstes Erlebnis während ihrer Mission bei den US-Wahlen?

B.H.: Das Engagement und die Passion der Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer auf der Strasse, bis zur allerletzten Minute. Davon könnten wir uns in der Schweiz eine Scheibe abschneiden.

Ich habe auch einen viel tieferen Einblick in die Wahlen erhalten als ich das von der Schweiz aus gehabt hätte. In der Schweiz verfolgen wir diese Wahlen ja meistens nur über den CNN-Fernsehkanal.

Beeindruckt hat mich auch quasi die “Stille nach dem Sturm”. Am Wahltag haben die Wählerinnen und Wähler mit unglaublicher Konzentration ihre Stimme abgegeben. Sie haben lange und geduldig vor den Wahllokalen gewartet. Es war allen bewusst, dass dies eine wichtige Wahl für das Land ist und man dabei international beobachtet wurde.

swissinfo: Sie waren auch schon in gleicher Mission in osteuropäischen Ländern. Ist da ein Unterschied zu verspüren?

B.H.: Im Bereich der technischen Organisation ist ein grosser Unterschied zu verzeichnen. In den USA ist es nicht das Problem, an die Informationen heranzukommen, sondern ihre Fülle. In vielen Ländern östlich von Wien ist nach wie vor die Hauptsorge, überhaupt an die Informationen zu gelangen.

Auf der emotionalen Ebene kann ich Ihnen aber sagen, es ist immer sehr beeindruckend, die Menschen zu sehen in ganz wichtigen Wahlsituationen. Man spürt persönlich, dass Wählerinnen und Wähler wissen, dass ihre Stimme einen Ausschlag geben kann.

swissinfo-Interview: Jean-Michel Berthoud

Die Zürcherin Barbara Haering ist seit 1990 Nationalrätin der SP.

Die 51-jährige Naturwissenschafterin gilt als profunde Sicherheits-Expertin.

Haering ist Vizepräsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE.

Die am Dienstag in den USA abgehaltenen Wahlen sind nach Angaben der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) meist entsprechend den Verpflichtungen der OSZE-Staaten korrekt abgelaufen.

Als Problem wurden jedoch “starke Verzögerungen bei den Wahllokalen” mit bis zu vier Stunden Wartezeit genannt. Dadurch hätten vermutlich einige Wähler abgeschreckt und deren Wahlrecht eingeschränkt werden können, da die Wahlen an einem Arbeitstag stattfanden.

92 OSZE-Beobachter aus 34 Staaten, darunter der Schweiz, haben am Wahltag in mehreren Bundesstaaten den Urnengang beobachtet. Ein vorläufiger Bericht über die Beobachtung wurde am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Washington präsentiert.

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