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Volcker will mehr Tempo

Paul A. Volcker will die Prüfung der Klagen bis Ende Jahr abschliessen. Keystone

Das Holocaust-Schiedsgericht soll die Ansprüche auf nachrichtenlose Vermögen bis Ende Jahr geprüft haben. Dies will der frühere US-Notenbankpräsident Paul A. Volcker.

Volcker sagte am Montag vor den Medien, er hoffe, dass das Claims Resolution Tribunal (CRT) bis Ende Jahr die rund 36’000 Ansprüche auf nachrichtenlose Vermögen von Holocaust-Opfern beurteilen könne.

Aus diesem Grunde habe sich eine Reorganisation des Tribunals aufgedrängt, erklärte Volcker, der zusammen mit Michael Bradfield die Verteilung der Gelder des Bankenvergleichs überwacht.

Die Arbeitsabläufe müssten vereinfacht und beschleunigt werden. Die Bestimmungen über die Anspruchsforderungen sollten lockerer ausgelegt werden, damit die Gelder zügig an die Berechtigten ausgezahlt werden könnten.

Keine Schiedsrichter mehr

Das CRT, das seit letztem Jahr über Ansprüche auf nachrichtenlose Vermögen von Holocaust-Opfern entscheidet, hatte am Wochenende angekündigt, angesichts der immensen anstehenden Arbeit dränge sich eine Reorganisation auf. Mit der bisherigen Organisation könnten die Entscheide über die Ansprüche nicht rasch genug erledigt werden.

Die 17 bisherigen Schiedsrichter würden im Zuge der Reorganisation nicht mehr benötigt. Die CRT-Anwälte, deren Zahl erhöht werde, und die Special Masters würden die Arbeit weitgehend übernehmen. Volcker betonte, die Rekrutierung neuer Anwälte beschränke sich keineswegs nur auf die USA.

Volcker ging nicht näher auf die Kritik ein, die das CRT sowie der für den Bankenvergleich zuständige Richter Edward Korman an den Schweizer Banken geübt hatten. Nach seinen Worten haben die Banken in dem ganzen Prozess gut gearbeitet, jedoch habe es bisweilen bei der Effizienz gehapert.

Die Reorganisation des CRT hatte in den letzten Monaten zu Auseinandersetzungen und Kündigungen geführt. Ehemalige Mitarbeiter warfen gegenüber der Presse den Special Masters vor, sie wollten auf jeden Fall die 800 Mio. Dollar, die im Bankenvergleich für die Abgeltung von nachrichtenlosen Vermögen vorgesehen sind, aufbrauchen – nötigenfalls auch mit unfairen Methoden.

Nichts gegen Reformen

Die Schweizer Grossbanken UBS und CSG, die den Bankenvergleich mittragen, betonten, sie seien nicht am Prozess um die Verteilung der Vergleichsgelder beteiligt und hätten folglich keinen Einfluss auf die Reorganisation des CRT.

Wenn das CRT gewisse Prozesse vereinfachen wolle, hätten die Banken sicher nichts dagegen, erklärte Thomas Suter von der Bankiervereinigung. Wenn man dagegen den ganzen Prozess zur Eruierung der nachrichtenlosen Vermögen in Frage stelle, wenn man von den Banken erwarte, dass sie sich noch einmal einem solchen Verfahren unterzögen, habe man sicher Einwände.

Vorwürfe zurückgeweisen

Grossbanken und Bankiervereinigung wiesen noch einmal entschieden alle Vorwürfe seitens des CRT und des New Yorker Richters zurück, die Banken hätten nachrichtenlose Vermögen gestohlen und nicht genügend mit dem CRT kooperiert.

Die Banken hätten sich bei der Zusammenarbeit mit dem CRT genau an die Abmachungen gehalten, sagten Thomas Suter von der Bankiervereinigung sowie die UBS- und CSG-Sprecher Christoph Meier und Ulrich Pfister. Die Banken hätten keinerlei Interesse, den Verteilprozess zu behindern. Die Gelder müssten jetzt ohne weitere bürokratische Hindernisse ausbezahlt werden.

Auch Behauptungen, der Bergier-Schlussbericht habe neue Erkenntnisse über das negative Verhalten der Banken gebracht, seien haltlos, meinte Suter. Auch die Bergier Kommission selbst weist die Vorwürfe zurück. Die vom Schiedsgericht aus dem Schlussbericht der Kommission gezogenen Schlüsse seien polemisch und pauschalisierend, erklärte Historikerin Barbara Bonhage.

Der Bergier-Bericht enthalte keine abschliessenden Zahlen über Geldtransfers von Nazi-Opfern an das Hitler-Regime. Die aufgeführten Einzelfälle dürften nicht verallgemeinert werden.

swissinfo und Agenturen

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