
Volk in Bern soll erst ab zwölf Millionen Franken mitreden

In der Stadt Bern soll das Volk künftig erst dann zwingend an die Urne gerufen werden, wenn die Kosten einer Vorlage zwölf Millionen Franken überschreiten. Dieser Meinung ist die Mehrheit der Finanzkommission.
(Keystone-SDA) Sie empfiehlt eine entsprechende parlamentarische Initiative zur Annahme, wie die Finanzkommission (Fiko) am Freitag mitteilte. Der Stadtrat befasst sich im August mit dem Vorstoss. Einer allfälligen Erhöhung des Schwellenwerts müsste noch das Volk zustimmen.
Heute kann das Parlament Kredite bis zu sieben Millionen Franken in eigener Kompetenz entscheiden, danach ist das Volk am Zug. Mit der Anpassung möchte die Fiko die wachsende Zahl von Volksabstimmungen eindämmen, die auch eine Folge der gestiegenen Kosten ist. Nicht rütteln will sie an der Schwelle von zwei Millionen Franken für das fakultative Referendum.
Weniger Urnengänge
Die höhere Hürde für obligatorische Abstimmungen hätte zur Folge, dass künftig weniger Vorlagen dem Volk vorgelegt werden müssten. Im vergangenen Vierteljahrhundert wären 28 der 266 Abstimmungsvorlagen entfallen.
Die Stadt Bern bleibe trotzdem «ausgeprägt direktdemokratisch», sagte Kommissionssprecher Chandru Somasundaram (SP) gemäss Communiqué. In keiner anderen Schweizer Stadt befinde das Volk über so viele Vorlagen wie in Bern.
Höhere Kosten
Die Kommissionsmehrheit verweist darauf, dass die Preise im Bauwesen seit der letzten Anpassung vor 25 Jahren deutlich gestiegen sind. Hinzu komme, dass das Planen und Bauer komplexer und somit teurer geworden sei. Selbst kleinere Projekte überschritten rasch die bestehenden Finanzkompetenzen.
Die Folgen zeigten sich zum Beispiel im Juni 2023, als das Volk in Bern über 17 Abstimmungsvorlagen befinden musste, darunter zwölf städtische. Eine solche Menge sei nicht für die Verwaltung, sondern auch für die Stimmberechtigten, die Parteien und die Medien kaum bewältigbar, sagte Fiko-Präsidentin Ingrid Kissling-Näf (SP).
Eine Minderheit der Kommission will die Volksrechte nicht antasten. Sie lehnt die parlamentarische Initiative deshalb ab. Ihre Argumente werden in der Mitteilung nicht näher ausgeführt.
Mehr Kompetenzen auch für Gemeinderat
Die parlamentarische Initiative geht auf Stadtrat Maurice Lindgren (GLP) zurück. Die Fiko hat sie leicht angepasst. Auch der Gemeinderat soll höhere Finanzkompetenzen erhalten.
Die Stadtregierung soll neue Ausgaben bis 500’000 Franken in eigener Kompetenz entscheiden können. Heute sind es 300’000 Franken. Projektierungskredite soll der Gemeinderat bis 250’000 Franken selber genehmigen dürfen.
null