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Vorgehen bei Einbürgerungen angepasst

Über Einbürgerungen wird im Kanton Luzern künftig nicht mehr an der Urne entschieden. Keystone Archive

Der Kanton Luzern zieht die Konsequenzen aus einem Urteil des Bundesgerichts: In den Gemeinden Emmen, Malters und Weggis werden künftig Regierung oder Parlament für Einbürgerungen zuständig sein.

Die bisherigen Urnenabstimmungen waren vom Bundesgericht als verfassungswidrig bezeichnet worden.

Vor Wochenfrist hatte das Schweizer Bundesgericht entschieden, es sei nicht zulässig, wenn in Gemeinden eine Urnenabstimmung über Einbürgerungs-Gesuche urteile. Dies, weil eine genügende Begründung des Entscheids bei Volksabstimmungen an der Urne “systembedingt nicht möglich” sei.

Nun zieht der Kanton Luzern Konsequenzen: Neu ist in den drei Gemeinden Emmen, Malters und Weggis, die bisher an den Urnen über Einbürgerungen entschieden hatten, der Einwohnerrat (Parlament), der Gemeinderat (Regierung) oder die Gemeindeversammlung zuständig.

Darüber hat das kantonale Justiz- und Sicherheitsdepartement die Gemeinden informiert. Alle Gemeinden verfügten somit über ein Verfahren, das den Ansprüchen des Gerichts standhalte, soweit dies ohne schriftliche Urteilsbegründung zu beurteilen sei, hiess es von Seiten der Luzerner Staatskanzlei am Donnerstag.

Gesuche der Beschwerdeführer erneut behandelt

Viel zu reden hatte besonders die Gemeinde Emmen gegeben: Über die Gesuche von elf Personen hatten die Stimmberechtigten im September 1999 zu entscheiden. Es war damals das erste Mal, dass in Emmen an der Urne über Einbürgerungs-Anträge entschieden wurde. Das Ergebnis: Die Gesuche von acht Personen, alle aus dem früheren Jugoslawien, wurden abgelehnt.

Ab sofort bestimmt in Emmen wieder eine Kommission, darauf der Gemeinderat und abschliessend das Gemeindeparlament, der Einwohnerrat, über Gesuche um Einbürgerungen. Dies soll am 21. Oktober zum ersten Mal der Fall sein. Es gehe nicht an, dass Gesuche einfach nicht mehr behandelt würden.

Der Passus in der Emmener Gemeindeordnung, wonach das Volk an der Urne entscheidet, wird zwar nicht aufgehoben, aber vorderhand nicht mehr angewendet. Dies sagte Heinz Bachmann, Leiter des Rechtsdienstes im Justizdepartement. Die Gemeindeordnung könne zu einem späteren Zeitpunkt geändert werden.

Die Gesuche der fünf Einbürgerungswilligen, deren Beschwerde das Urteil des Bundesgerichts ausgelöst haben, werden nach der schriftlichen Urteilsbegründung vom Luzerner Regierungsrat erneut behandelt. Bachmann geht davon aus, dass die Gesuche an die Gemeinde Emmen zurück gehen und vom Einwohnerrat behandelt werden.

Geplante Urnenabstimmung in Weggis abgesagt

In Malters und Weggis, wo bisher ebenfalls an der Urne entschieden wurde, sollen neu der Gemeinderat beziehungsweise die Gemeindeversammlung über Einbürgerungen entscheiden. In Weggis wurde die Urnenabstimmung vom 19. Oktober abgesagt.

Über die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung habe das Bundesgericht soweit heute ersichtlich nicht entschieden, heisst es in der Mitteilung. Geheime Abstimmungen an Gemeindeversammlungen sollen möglich bleiben. Hingegen kann keine Schlussabstimmung im Urnenverfahren mehr verlangt werden.

Begründungen nachreichen

Auch für den Anspruch des Bundesgerichts, ablehnende Entscheide müssten begründet werden, sieht das Justizdepartement Lösungen. Im Parlament könnten dies ablehnende Argumente in der Diskussion sein. Finde keine Diskussion statt, könnte die oder der Vorsitzende die mutmasslichen Gründe zusammenfassen und darüber abstimmen lassen.

Im Falle von Gemeindeversammlungen könnten die Gemeinden die Begründung nachreichen. Der Gemeinderat würde sich dabei auf Äusserungen an der Versammlung oder auf Leserbriefe im Vorfeld stützen. Zudem bestünde die Möglichkeit, wie im Parlament über die “mutmasslichen Ablehnungsgründe” abstimmen zu lassen.

swissinfo und Agenturen

An Gemeinde-Versammlungen bleibt ein Antrag auf geheime Abstimmung möglich.
Hingegen ist ein Antrag von zwei Fünfteln der Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung auf Schlussabstimmung im Urnenverfahren nicht mehr zulässig.
Ablehnende Entscheide müssen zudem künftig begründet werden.

Die Einbürgerungs-Praxis ist in der Schweiz sehr unterschiedlich geregelt.

Ausser im Kanton Luzern waren in 6 weiteren Kantonen die Gemeinden vom Bundesgerichts-Entscheid betroffen.

Appenzell-Ausserrhoden und Schwyz haben ihre Gemeinden bereits aufgefordert, vorerst keine Einbürgerungen an die Urne zu bringen.

Glarus, Nidwalden, Obwalden und Zug warten auf die Begründung des Bundesgerichts.

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