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Was macht die Alternative Bank alternativ?

Arbeitsplatz Olten: Christa Joss ist Chefin der alternativen Bank. abs.ch

Nicht nur Landwirtschaft oder Wohnbau können alternativ betrieben werden, sondern auch Banking. Die Alternative Bank ABS betreibt dies seit 15 Jahren.

Anfang Jahr übernahm Christa Joss die Geschäftsführung. Die Bankstrukturen bleiben herkömmlich – alternativ sind die Kriterien.

1987 formierte sich die Arbeitsgruppe für ein alternatives Bankprojekt in der Schweiz. Im selben Jahr suchte der “Schwarze Montag” die herkömmlichen Banken heim. Von diesem globalen Börsencrash mussten sie sich erst erholen.

Viele Bankinstitute schlossen ihre Schalter. Die Branche wunderte sich über das alternative Geldinstitut, das 1990 seine Schalter öffnete, unter dem Namen “Alternative Bank ABS”.

Anfang 2005 übernahm Christa Joss, 43, die Geschäftsführung der ABS. Joss kennt zwar das herkömmliche Banking von der Pike auf. Ihr wirkliches Anliegen, eben die Alternative, liegt für sie im Ethischen.

swissinfo: Wie unterteilt die Alternative Bank ABS ihre Geschäftsfelder? Herkömmlich oder anders?

Christa Joss: Eigentlich sind wir eine typische Retail-Bank, mit zahlreichen kleineren Kundengeld-Einlagen. Wie eine herkömmliche Bank unterteilen wir unsere Aktivitäten in ein Aktiv- und ein Passivgeschäft.

Beim Aktivgeschäft leihen wir aus, beim Passivgeschäft beschaffen wir die Mittel selbst, über Spargelder oder Kassenobligationen.

Nicht diese Strukturen sind alternativ, sondern die Geschäftskriterien und die Corporate Culture unserer Bank.

swissinfo: Heisst alternativ sein für Sie, gewissen Werten gegenüber verpflichtet zu sein?

C. J. Im Vergleich zum herkömmlichen Banking geht das Einhalten gewisser Werte für uns viel weiter. Auch kontrollieren wir uns selbst, ob diese Werte eingehalten werden.

Wir stützen uns auf unsere Statuten, verpflichten uns zu Transparenz und gestalten unsere Produkte entsprechend. Es geht um das Ethische beim Banking. Darauf achten nicht nur wir, darauf achtet auch die Kundschaft.

swissinfo: Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?

C. J. Wir hatten schon zu einer Zeit, als die Geldwäscherei-Verordnung noch gar nicht existierte, unsere Kundschaft gefragt, woher ihr Geld stamme. Ausserdem nimmt die ABS keine unversteuerten Gelder entgegen.

Andererseits kann bei uns die Kundschaft mitreden, wo und wie ihr Geld in welche Förderbereiche investiert werden soll. Sei dies biologische Landwirtschaft, alternative Energie oder sozialer Wohnungsbau.

Falls die Kunden mit einer tieferen Verzinsung einverstanden sind, werden auch die Konditionen für die Kredit suchenden Unternehmen günstiger.

Ferner erhalten bei uns auch Firmen noch Kredite, bei denen im herkömmlichen Banking der Aufwand zu gross würde.

swissinfo: Kommt es langsam zu einer Konvergenz von herkömmlichen und alternativen Geschäftskriterien bei Banken?

C. J. Wenn uns eines Tages nichts mehr einfällt, was man aus ethischer Sicht anders als im Mainstream-Banking tun sollte, weil die ethischen Kriterien schon angewendet werden, wäre ja unser Ziel erfüllt.

Mein persönliches Ziel und das Ziel des Unternehmens bestehen nicht einzig darin, dass es die ABS in 15 Jahren noch gibt, sondern dass das Banking allgemein ethischer wird.

Leider scheint das nicht so schnell einzutreten. Wir werden also noch lange an unseren Herausforderungen wachsen.

swissinfo: Gehört auch die Gleichstellung zu den ethischen Herausforderungen, an denen Sie noch wachsen?

C. J. Gegenüber dem Mainstream-Banking haben wir bei der ABS einen höheren Kundenanteil an Frauen. Es scheint, dass sich Frauen generell noch stärker von unseren Werten angesprochen fühlen.

Wir auf der ABS geben uns ebenfalls Gleichstellungs-Ziele vor, kombinieren dies mit Lohntransparenz und der Förderung von Teilzeitarbeit. Unsere Corporate Culture ist sicher anders als im herkömmlichen Banking.

Von Quoten als einzigem Mittel, um Gleichstellung und Gleichgewicht zu erreichen, nehmen wir aber Abstand.

swissinfo: Gibt es eine Kundschaft, die zwar Ihre Werte teilt, aber dennoch eine marktgerechtere Verzinsung haben will?

C. J. Im Passivgeschäft, also beim Sparen, kaum. Es ist für Sparer naheliegend, auf einen Zinsanteil zu verzichten, wenn sie dafür gezielt Projekte und Unternehmungen der freien Wahl fördern können.

Doch in dem Fall, wo man für einen Kredit mehr zahlen müsste, da wird es schwierig. Im Aktivgeschäft sind daher marktgerechte Konditionen viel bedeutungsvoller.

Zur Zeit liegen jedoch die Zinsen äusserst tief, und der Liquiditäts-Überhang der herkömmlichen Banken ist sehr gross. Diese Banken unterbieten uns deshalb mit sehr tiefen Konditionen.

Das bringt uns gelegentlich in schwierige Situationen bezüglich der Gestaltung der Konditionen. Und das eine oder das andere Geschäfts kommt dann tatsächlich auch mal nicht zustande.

swissinfo, Alexander Künzle, Olten

Die ABS wies Ende 2004 fast 20’000 Kunden und Kundinnen aus, wobei das Guthaben pro Kunde 29’000 Franken überschritt.

Dem standen 691 Kreditnehmende gegenüber, wobei die durchschnittliche Kreditsumme 832’500 Franken betrug.

Angaben über Mitarbeitende (2004):

Anzahl Mitarbeitende, auf Vollstellen umgerechnet: 41

Anteil Frauen nach Stellenprozenten : 52%

Anteil Frauen in Führungspositionen (auf Vollstellen umgerechnet): 32%

Fluktuationsrate: 4%

Dienstjahre: 5,3

Für sämtliche Mitglieder der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats sind die Honorar- und Bruttobezüge sowie der ABS-Aktienbesitz im Geschäftsbericht ausgewiesen.

1990 öffnete die “Alternative Bank ABS” ihre Schalter.
Ende 1994 belief sich die Bilanzsumme auf beinahe 148 Mio. Franken, wovon 135 Mio. auf Kundengelder und 11 Mio. auf Eigenkapital entfielen.
2004 erreichte die Bilanzsumme knapp 649 Mio. Franken, das Aktienkapital überschritt 34 Mio, das Eigenkapital 41 Mio.
Die ABS definiert sich als “ökologisch und sozial orientierte Spezialbank”, die in der ganzen Schweiz tätig ist.
Geschäftssitz ist Olten, eine Vertretung liegt in Lausanne, Kontaktstellen bestehen in Zürich und Genf.

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