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WDH/AUSBLICK/Nestlé 2010: Organisches Wachstum von 5,5% erwartet

Zürich (awp) – Die Nestlé SA publiziert am Donnerstag, 17. Februar, die Zahlen zum Geschäftsjahr 2010. Analysten haben dazu folgende Prognosen:
2010E
(in %) AWP-Konsens 2009A
Org. Wachstum 5,5 4,1
Int. Realwachstum (RIG) 4,0 1,9
(in Mio CHF)
Umsatz 104’562 100’579*
EBIT 14’081 13’222*
– Marge (%) 13,5 13,1
Reingewinn 10’431 9’260*
Reingewinn inkl. Alcon 35’917 10’428
*Weitergeführtes Geschäft (excl. Alcon)
FOKUS: Die meisten Analysten gehen von einem soliden Jahresergebnis aus, sowohl was die Umsätze (org. Wachstum) als auch was die EBIT-Marge betrifft. Nach einem organischen Wachstum von 5,7% nach 9 Monaten dürfte die Rate allerdings etwas zurück kommen. Bei einem geschätzten organischen Wachstum 2010 von rund 5,5% (Nahrungsmittel+Getränke) dürften etwa 4% vom Volumen und 1,5% von Preiserhöhungen stammen. Die EBIT-Marge im Kerngeschäft dürfte laut den Schätzungen etwa um 40 Basispunkte steigen, im ersten Halbjahr waren es 60 Basispunkte.
Im Fokus der Marktteilnehmer werden aufgrund der in jüngster Zeit stark gestiegenen Rohstoffpreise aber vor allem der erwartete Anstieg der Input-Kosten und entsprechend der Ausblick stehen. Die Frage wird dabei in erster Linie sein, wie gut Nestlé die höheren Rohstoffkosten auf die Preise überwälzen kann. Die meisten Analysten meinen, dass Nestlé – wie sich zuletzt in einem ähnlichem Umfeld 2008 gezeigt hat – aufgrund seiner vielen starken Marken eine hohe Preissetzungs-Macht hat. Der starke Frankenkurs hat zudem einen mildernden Effekt auf die Rohstoffpreise, die zumeist in US-Dollar oder Euro bezahlt werden. Die Bank Vontobel sieht entsprechend “keinen Grund”, dass der weltgrösste Nahrungsmittel-Hersteller nicht auch 2011 das sogenannte Nestlé-Modell (org. Wachstum von 5-6%, höhere Margen) erfüllen wird. Ähnlich sieht das die ZKB, die ebenfalls diese Zielsetzung für 2011 erwartet.
ZIELE: Der Konzern erwartet für 2010 im Kerngeschäft ein organisches Wachstum von rund 5% sowie eine Verbesserung der EBIT-Marge bei konstanten Wechselkursen. Dass der Ausblick bei der Präsentation der Neunmonatszahlen im Oktober nicht erhöht wurde, begründete Nestlé damals vor allem mit den höheren Vergleichszahlen im vierten Quartal (+5,5% im Q4 2009). Den gestiegenen Rohstoffpreisen will die Gruppe mit Preiserhöhungen, Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen begegnen. Für das laufende Jahr 2011 wurden bisher noch keine Angaben gemacht.
PRO MEMORIA (diverse Themen):
Aktien-Rückkauf: Nachdem im letzten Juni ein Aktienrückkauf-Programm über 25 Mrd CHF abgeschlossen worden war, startete Nestlé ein neues Rückkaufprogramm über 10 Mrd CHF, das bis Mitte 2011 laufen soll. Per 7. Februar waren innerhalb dieses Programms Aktien für einen Betrag von 6,158 Mrd CHF (53,57 CHF pro Aktie) zurückgekauft. Angesichts der grossen Einnahmen aus dem Verkauf des Augenheilmittel-Konzerns Alcon an Novartis erwarten Marktbeobachter in Bälde – evt. bereits jetzt – die Ankündigung eines weiteren Aktienrückkaufprogramms über 10 Mrd CHF.
Strategie: Nestlé will vermehrt auf das Geschäft mit medizinischer Nahrung setzen und hat in diesem Zusammenhang letztes Jahr eine neue Gesellschaft und ein Institut im Umfeld der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) gegründet. Damit wolle man Pionier bei der Bildung einer neuen Industrie zwischen Nahrung und Pharma werden, hiess es Ende September 2010. Nestlé will dazu in den nächsten zehn Jahren hunderte Millionen Franken investieren. Entwickelt werden sollen in erster Linie personalisierte Gesundheitsprodukte, die Gesundheitsbeschwerden wie Diabetes, Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie Alzheimer vorbeugen und behandeln. In diesem Zusammenhang wurden auch bereits erste Zukäufe getätigt, so etwa Anfang Februar das britische Start-up CM&D Pharma. CM&D zielt mit seinen Produktentwicklungen auf Patienten mit Nierenerkrankungen, Darmentzündungen und Dickdarmkrebs.
Akquisitionen: Nestlé hat sich in den letzten Jahren auf eher kleinere bis mittlere Akquisitionen beschränkt. Mit den grossen Mitteln aus dem Verkauf von Alcon könnte Nestlé jetzt grössere Zukäufe tätigen, dürfte dies aber nach Meinung der meisten Beobachter eher nicht tun. Akquisitionsmöglichkeiten dürften aber immer im Auge behalten werden. “Wir sind zufrieden mit unserer Marktstellung und unseren Marken, die wir ausbauen können und wollen. Es wäre aber falsch, strategiekonforme Kaufgelegenheiten nicht zu prüfen”, sagte Luis Cantarell, CEO Nestlé Americas vor kurzem in der Finanzpresse. Weiter führte er aus, dass für Nestlé weniger die Sparte zähle, in der akquiriert werde, als vielmehr die Entwicklungschancen, die sich daraus eröffneten.
L’Oréal: Kaum Neuigkeiten werden zur Grossbeteiligung am französischen Kosmetikkonzern erwartet. Nestlé-CEO Paul Bulcke hat zuletzt immer wieder bestätigt, dass man bezüglich der 30%-Beteiligung am Status Quo festhalten will. Nestlé und der andere L’Oréal-Grossaktionär, der Bettencourt-Clan, sind durch einen Vertrag gebunden, der besagt, dass frühestens sechs Monate nach Liliane Bettencourts Tod die Anteile an L’Oréal erhöht werden können. Ausserdem haben die Bettencourts und Nestlé bis 2014 ein Vorkaufsrecht, sollte eine der Parteien Anteile verkaufen wollen. Die meisten Markt-Beobachter gehen denn auch davon aus, dass Nestlé keine Vollübernahme anstrebt, besonders auch nach der jüngsten Ankündigung zum Ausbau im Bereich der medizinischen Nahrung.
Nespresso: Im heftig, zuletzt vor allem auf juristischen Weg geführten Kampf um die Kaffee-Kapseln hat Nestlé jüngst einen Erfolg erzielt. Der Discounter Denner muss seine Kaffeekapseln wieder aus den Regalen räumen. Dies hat im Januar das St. Galler Handelsgericht entschieden und sich damit vorerst auf die Seite von Nestlé gestellt. Die Migros-Tochter Denner hatte ab Mitte Dezember vier verschiedene Kaffee-Sorten in Kapselform im Angebot, die ebenfalls in die Kaffeemaschinen von Nespresso passten. Denner bot die Kapseln zu einem deutlich günstigeren Preis von 25 Rappen pro Stück an. Im Vergleich: Für eine Kapsel von Nespresso legt der Konsument fast das Doppelte hin. Auch im Ausland führt Nestlé einen erbitterten Kampf. So muss das Unternehmen Ethical Coffee in Frankreich mit einem juristischen Nachspiel rechnen. Und auch gegen die amerikanische Sara-Lee-Gruppe geht der Konzern vor.
Aktien-Kurs: Der Aktienkurs von Nestlé stand zuletzt wegen der Währungs- und der Rohstoffkosten-Entwicklung stark unter Druck, das Papier steht derzeit gut 4% unter dem Schlusskurs von Ende 2010 (SMI: +3,7%), gegenüber dem Höchst von Ende November sind es gar rund 8%. Laut ZKB liegt das 12-Mte-KGV mit 15,3x um 3% unter dem historischen Durchschnitt, versus dem SPI besteht aber noch immer ein Prämie von 26% verglichen mit einem historischen Abschlag.
Umsatz-Zahlen: Nestlé wird ab dem Geschäftsjahr 2011 die Umsatzzahlen nach IFRS-Standard ausweisen. Diese Änderung wird den berichteten Umsatz laut firmeneigenen Angaben um rund 15% verringern, da Ausgaben wie Ermässigungen sowie einige Zulagen und Aktionen für den Handel zukünftig von Umsatzerlösen abgezogen werden. Die Änderung wird zu einer entsprechenden Erhöhung der Gewinnmargen führen, sie wird aber keinen Einfluss auf die absolute Höhe von Reingewinn, Gewinn pro Aktie, Cash flow etc. haben.
Homepage: www.nestle.com
pf/uh

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