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Welt-Tuberkulose-Tag: Appell zur Bekämpfung

Bis 2015 will die WHO die Zahl der Tuberkulose-Tests verdoppeln - 2006 waren es rund 700'000. Keystone

Schweizer Experten verlangen, dass die Beschäftigten im Gesundheitswesen besser vor Tuberkulose (TB) geschützt werden. Dies sei wichtig im weltweiten Kampf gegen die Krankheit.

An einem Symposium in der Schweiz zum Welt-Tuberkulose-Tag wird auf die wachsende Gefahr für Angestellte in Gefängnissen, Spitälern und Labors in Entwicklungsländern hingewiesen.

Für diese Menschen sei das Risiko besonders gross, sich mit der infektiösen bakteriellen Krankheit anzustecken.

Dr. Jean-Pierre Zellweger von der Schweizer Lungenliga hat die Veranstaltung in Münchenwiler in der Nähe von Bern organisiert. Er sagt: “TB ist in Westeuropa kein Problem, wohl aber in Entwicklungsländern und in vielen anderen Teilen der Welt. Es ist ein riesiges Problem im Bereich der öffentlichen Gesundheit und es ist noch nicht gelöst.”

Die letzte Untersuchung der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) hat festgestellt, dass es 2006 rund 9,2 Mio. neue Tuberkulose-Fälle gab und in jenem Jahr schätzungsweise 1,5 Mio. Menschen an dieser Krankheit starben.

Der globale WHO-Tuberkulose-Report 2008 zeigt auf, dass sich die Fortschritte in der Diagnose und der Kontrolle von TB verlangsamen: Die durchschnittliche Rate , bei der TB-Fälle festgestellt werden, hat sich in den Jahren 2001 bis 2005 um 6% erhöht. 2006 ist sie aber um die Hälfte zurückgegangen.

WHO-Leitlinien

Die neuen WHO-Leitlinien für den Schutz der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen in Gebieten mit hohem Risiko wurden im Schweizer Symposium “Tuberkulose am Arbeitsplatz, Risiken und Prävention” diskutiert. Sie werden in den nächsten Monaten breit verteilt.

Im letzten Jahr wurden Mitarbeiter im Gesundheitswesen in gewissen Ländern immer stärker mit TB konfrontiert und viele seien infiziert worden, sagt Zellweger.

“Ich persönlich habe an einer Untersuchung in einem rumänischen Spital teilgenommen. Wir haben festgestellt, dass sich viele Spitalangestellte mit TB infiziert haben. Wegen diese Ängste, unberechtigt oder nicht, haben wir dieses Thema aufgenommen”, sagt er.

“In Ländern wie der Schweiz ist das Risiko sehr gering. Dies, weil es erstens wenig Fälle gibt, diese zweitens korrekt behandelt werden, und drittens, weil die Sicherheitsmassnahmen, zum Beispiel in Labors, gut sind.”

Hoher Anstieg

Um zu verhindern, dass sich die Bakterien ausbreiten, müssen die Räume gut belüftet werden. Patienten, bei denen ein Tuberkulose-Verdacht besteht, müssen isoliert werden. Wo das nicht geschieht, kann die Zahl der Tuberkulose-Infektionen um bis zu 50-Mal grösser sein.

Dem Schutz der Mitarbeitenden soll laut den neuen WHO-Leitlilnien eine höhere Priorität eingeräumt werden. Insbesondere in Krankenhäusern, Flüchtlingszentren und Gefängnissen in jenen Ländern, wo die Krankheit weit verbreitet ist.

Aber dies sei nur ein kleiner Teil der Massnahmen, um Tuberkulose weltweit wirkungsvoll zu bekämpfen, fügt Zellweger hinzu.

Effiziente Medikamente

Für die kommenden Jahre wird es sehr wichtig sein, nach Medikamente zu forschen, welche den immer zahlreicher werdenden Patienten mit therapieresistenten Formen von Tuberkulose helfen können. Die Resistenz wird gefördert, weil immer mehr Patienten die erforderliche Medizin nicht während der vorgeschriebenen Zeit und in der richtigen Dosierung einnehmen können, erklärt Zellweger.

“Die WHO schätzt, dass jedes Jahr rund eine halbe Million neuer Fälle nicht mit den aktuellen Medikamenten behandelt werden. Das letzte gute, effiziente Medikament gegen Tuberkulose stammt aus dem Jahr 1964”, sagt Zellweger gegenüber swissinfo.

“Wir brauchen aktive Menschen, die sich für TB-Forschung und die pharmazeutische Industrie interessieren. Es ist was in Bewegung geraten und es gibt wieder Hoffnung. Aber es wird weitere fünf Jahre dauern, bis neue Medikamente zur Verfügung stehen.”

Tödliche Kombination

In den nächsten Jahren wird sich die WHO auch vermehrt mit der “tödlichen Kombination” aus HIV und TB auseinandersetzen, welche für die Tuberkulose-Epidemie in vielen Teilen der Welt verantwortlich ist.

HIV-positive Menschen sind besonders anfällig auf Tuberkulose. So helfen also HIV-Infizierte, TB in der allgemeinen Bevölkerung zu verbreiten. 2006 waren rund 700’000 TB-Patienten HIV-positiv und 230’000 von den 1,5 Mio. durch TB getöteten Menschen waren mit dem Aids-Virus infiziert.

TB-Tests bei HIV-Patienten haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Sie müssen aber noch mehr als verdoppelt werden, um das WHO-Ziel von jährlich 1,6 Mio. getesteten Menschen bis Ende 2015 zu erreichen.

Dieser Sachverhalt wird auch am Welt-Tuberkulose-Tag aufgenommen. So sagt Dr. Jorge Sampaio, UNO-Sonderbeauftragter zur Bekämpfung der Tuberkulose: “TB ist die Haupttodesursache bei Menschen, die mit dem HIV-Virus infiziert sind.”

Mehrere Länder hätten gezeigt, “dass die Ziele in Bezug auf TB/HIV erreichbar sind und haben Massnahmen getroffen, die auf die am meisten Gefährdeten Auswirkungen zeigen. Aber das ist ein nicht endender Kampf. Wir müssen viel mehr tun und es besser machen.”

swissinfo, Jessica Dacey
(Übertragung aus dem Englischen: Etienne Strebel)

Die Tuberkulose, früher auch als Schwindsucht bezeichnet, ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die am häufigsten die Lungen befällt.

Die Übertragung erfolgt in der Regel durch Tröpfcheninfektion von erkrankten Menschen in der Umgebung. Weitaus seltener ist die Übertragung über den Blutweg oder über Organe (Transplantationen) oder über andere Körpersekrete.

Symptome: anhaltender trockener Husten, manchmal mit Blutspuren, nächtliches Schwitzen, Kurzatmigkeit, erhöhte Körpertemperatur und Gewichtsverlust.

Der Welt-Tuberkulosetag erinnert an die Entdeckung des Tuberkulose-Keims durch Robert Koch am 24. März 1882. Er soll die Medizin und die Weltöffentlichkeit auch an die Bedeutung der Krankheit erinnern.

Nur an Aids sterben mehr Menschen als an TB. Rund 14,4 Mio. Menschen hatten 2006 TB, darunter befanden sich 9,2 Mio. Neuerkrankungen. Rund 1,7 Mio. Menschen wurden starben an TB.

2006 verzeichnete Afrika die höchste Infektionsrate. In Asien gab es am meisten Fälle. Gemäss einem WHO-Report, der auf einer Datenbasis von 202 Ländern beruht, weist Indien die meisten TB-Fälle auf, gefolgt von China, Indonesien, Südafrika und Nigeria.

In der Schweiz wurden 2006 rund 520 Tuberkulosefälle registriert. Rund zwei Drittel der Infizierten waren Ausländer.

Die Entstehung und Ausbreitung von medikamentenresistenten Keimen macht die Behandlung der Krankheit schwieriger. Sie verläuft deshalb öfter tödlich. Medikamentenresistente TB wird durch uneinheitliche Behandlung oder durch Teilbehandlungen verstärkt, wenn die Patienten ihre Medizin nicht regelmässig und nicht für die empfohlene Dauer einnehmen.

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