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Weltbank kritisiert die Schweiz und Nigeria

Nur die Schweiz hat von Diktator Abacha veruntreute Gelder wieder an Nigeria zurückgegeben. Keystone

Die Weltbank hat einen kritischen Untersuchungsbericht über die von der Schweiz an Nigeria zurückgegeben Abacha-Gelder veröffentlicht.

Das Schweizer Aussenministerium begrüsst dessen Veröffentlichung. Nichtregierungs-Organisationen sehen ihre Kritik bestätigt, die Geldrückgabe sei falsch geplant gewesen.

Bei dem Bericht geht es um die Verwendung von gut 500 Mio. Dollar (615 Mio. Franken), die der 1998 verstorbene nigerianische Diktator Sani Abacha auf Schweizer Bankkonten versteckt und die die Schweiz an Nigeria zurückerstattet hatte.

Die Weltbank hat gemäss einer 2005 geschlossenen Vereinbarung mit der Schweiz und Nigeria 51 mit Abacha-Geldern finanzierte Projekte überprüft. 23 seien abgeschlossen und funktionierten, 26 seien noch in Arbeit und zwei Projekte seien gestoppt worden, bilanziert die Weltbank.

Die Weltbank stellt fest, dass die von der nigerianischen Regierung versprochen Gelder in Entwicklungsprojekte in den Bereichen Elektrifizierung, Infrastruktur (vor allem Strassenbau), Gesundheit, Bildung und Wasserversorgung investiert worden seien.

Dennoch gebe es Mängel, so bei der Budget-Transparenz und der Kontrolle der Ausgaben. Wo die Abacha-Gelder verwendet worden seien, habe oft nicht klar eruiert werden können.

NGO: Verschwendet statt verwendet

Die Weltbank-Kritik fällt aber deutlich milder aus als jene von Nichtregierungs-Organisationen wie der Erklärung von Bern (EvB).

Die EvB hatte am vergangenen Montag auf Basis eines Berichts von nigerianischen NGO kritisiert, ein Teil der Abacha-Gelder sei nicht der Bevölkerung zugute gekommen.

Statt für Entwicklungsprojekte verwendet, sei das Geld teils verschwendet worden. So seien zum Beispiel 29 von 54 stichprobenartig geprüften Projekten nicht fertig gestellt und viele Baustellen halbfertig verlassen worden.

Für Andreas Missbach von der EvB bestätigt der Weltbankbericht die frühere Kritik der NGO, dass der Rückgabeprozess missraten sei, weil er falsch geplant war. Der Bericht erscheint der EvB zudem zu wenig explizit.

Er weise etwa Gebäude, die mit den Geldern gebaut worden, aber nicht in Betrieb oder schlecht ausgerüstet seien, nicht als solche aus. Peinliche Resultate würden im Bericht versteckt, schreibt die EvB.

Gelobt wird die Empfehlung der Weltbank, NGO künftig nicht nur am Monitoring, sondern schon an der Auswahl von Entwicklungsprojekten mit rückerstatteten Geldern zu beteiligen.

Offizielle Schweiz begrüsst “Transparenz”

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) begrüsste in einer ersten Stellungnahme den Weltbank-Bericht. Er schaffe Transparenz. Die nigerianische Regierung habe das Interesse der Schweiz nach Transparenz anerkannt, indem sie die Überprüfung der Budgetierung durch die Weltbank zugelassen habe.

Dass bei der Rückgabe der Gelder nicht alles perfekt lief, anerkennt auch der Direktor der Direktion für Völkerrecht im EDA, Paul Seger.

Natürlich habe der Bericht aufgezeigt, dass es bei der Verwendung der Mittel an Transparenz gefehlt habe, sagte Seger dazu. “Gerade dies ist aber Transparenz; ohne Bericht wüssten wir nichts von den Problemen.”

Immerhin sei es das erste Mal gewesen, dass die Rückgabe von Potentatengeldern an ein Land an einen Kontrollmechanismus gekoppelt wurde.

“Wir wollen versuchen, es das nächste Mal besser zu machen”, sagte Seger und verwies auf verschiedene internationale Initiativen der Schweiz.

swissinfo und Agenturen

Zwischen 1993 und 1998 profitierte Sani Abacha von seiner Position als Machthaber und zweigte rund 2,2 Mrd. Dollar (rund 2,8 Mrd. Franken) aus der Staatskasse für sich selbst ab.

Davon endeten rund 700 Mio. Dollar auf Konten in der Schweiz.

Im Dezember 2003 hatte die Schweiz eine erste Tranche von 200 Mio. Dollar überwiesen.

Im Februar 2005 entschied das Bundesgericht, dass weitere 458 Mio. Dollar überwiesen werden müssen.

Im September bestätigte die Weltbank die Zahlung von 290 Mio. Dollar.

Anfang November 2005 wurde bekannt gegeben, dass die letzte blockierte Tranche von 170 Mio. Dollar überwiesen worden ist.

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