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Weltraumrat: All-Technologien nutzbar machen

Erkenntnisse aus der Weltraumforschung vermehrt für Anwendungen auf der Erde nutzen. Keystone

In Europa sollen die Ergebnisse der Weltraumforschung in Zukunft für Verwaltung und Wirtschaft besser genutzt werden.

Dies bezweckt der Europäische Weltraumrat, an dem sich auch die Schweiz beteiligt. Das erste Treffen des Rats fand diese Woche in Brüssel statt.

Die EU-Kommission bezeichnete das Treffen als “Meilenstein”. Und der Schweizer Staatssekretär für Wissenschaft, Charles Kleiber, sprach von einem “historischen Treffen”. Der Weltraumrat ist für die Schweiz eine Plattform, um ihre Interessen einzubringen.

Die Präsidentin des Rates der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Edelgard Bulmahn, betonte: “Europa muss seine Weltraum-Anstrengungen bündeln, um das Potenzial der Weltraumtechnologien zum Wohl seiner Bürger besser zu nutzen.”

Das All lockt – auch wirtschaftlich betrachtet

Der Deutsche Günter Verheugen ist der neue EU-Industriekommissar und damit auch zuständig für die Raumfahrt. Dass er sich aus dem Weltall viel erhofft, machte er bei der ersten Sitzung des Weltraumrats deutlich: “In der industriellen Dimension des Weltalls liegt der Schlüssel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie.”

Konkret will die EU die raffinierten Weltraum-Technologien wirtschaftlich besser ausbeuten und mit ihrer Hilfe Probleme auf der Erde lösen. Das entsprechende europäische Weltraum-Programm soll der Weltraumrat bis Ende 2005 genehmigen. Der Rat ist eine gemeinsame Institution der EU und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).

Als ESA-Mitglied der ersten Stunde sitzt die Schweiz im Weltraumrat mit am Tisch. “Es war ein historisches Treffen“, sagte Charles Kleiber nach dem Treffen.

“Erstmals debattierten 27 europäische Länder gemeinsam und eröffneten damit eine neue Etappe in der Geschichte der Raumfahrt”, so Kleiber weiter. Neben der Schweiz ist auch Norwegen als Nicht-EU-Land dabei.

Konkrete Anwendungen, etwa in der Flugsicherung



Das Schweizer Büro für Weltraumangelegenheiten (SSO) erhofft sich wie die EU viel von konkreten Anwendungen. Zum Beispiel von besseren Navigationssystemen für die Flugsicherung dank Galileo, der europäischen Variante des US-amerikanischen GPS, oder bei der Umweltüberwachung.

“Man will technologische Fortschritte aus der Weltraumforschung vermehrt auf den Boden bringen”, sagt Daniel Neuenschwander, zuständig für internationale Angelegenheiten beim SSO.

Chancen für qualifizierte KMU

In diesem Bereich sind bereits etliche hoch qualifizierte KMU tätig. Die Firma Gamma Remote Sensing in Muri bei Bern etwa entwickelt Modelle und Software zur Auswertung der satellitengestützten Erdbeobachtung mit so genannten abbildenden Mikrowellen-Sensoren.

“Wir können so Hangrutsche oder Gletscherbewegungen frühzeitig erkennen”, sagt Geschäftsleiter Urs Wegmüller. Er erhofft sich nun mehr Mittel: “Bisher wurde nur ein kleiner Bruchteil des Raumfahrt-Budgets in konkrete Anwendungen investiert.”

Insgesamt generieren die 125 Mio. Franken, welche die Schweiz jährlich an die ESA zahlt, laut Neuenschwander in der Wirtschaft direkt und indirekt das Zweieinhalbfache an Rückflüssen. Ein bekanntes Beispiel ist die Firma Temex in Neuenburg, die die Atomuhren für Galileo herstellt.

Weil viele der Anwendungen teuer sind oder primär die öffentliche Hand interessieren, bleiben öffentliche Aufträge entscheidend. Die EU will konkrete Nutzungen vermehrt durch die interessierten Ressorts finanzieren. Auch in der Schweiz laufen gegenwärtig Abklärungen, welche Bundesstellen Interesse an Galileo-Anwendungen haben.

Plattform für die Schweiz

“Der Weltraumrat ist für die Schweiz eine Plattform, um ihre Interessen einzubringen”, sagt Neuenschwander. “Sie kann in Zukunft von Fall zu Fall entscheiden, ob sie sich an zusätzlichen Programmen der EU beteiligen will.”

Noch sind allerdings die entscheidenden Punkte auf Seite der EU völlig offen. Etwa wie viel Geld investiert wird und welche Wettbewerbsregeln für die Auftragsvergabe gelten sollen. Ebenfalls offen ist, wie stark sich die Schweiz dereinst engagieren wird. “Das wird die Politik entscheiden müssen”, sagte Kleiber in Brüssel.

swissinfo, Simon Thönen, Brüssel

Der Weltraumrat ist eine gemeinsame Institution der EU und der Europäischen Weltraum-Organisation (ESA)
Das ESA-Budget beläuft sich zur Zeit auf 4 Mrd. Franken pro Jahr
2004 bezahlte die Schweiz 125 Mio. Franken an die ESA
Davon floss das Zweieinfalbfache an die Wirtschaft zurück

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