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Wie kann die Schweiz reagieren?

Will Bern die Annullierung des Türkei-Besuchs von Bundesrätin Calmy-Rey nicht einfach so hinnehmen, so gibt es mehrere Optionen des politischen und diplomatischen Protests.

Sie reichen von der Protestnote zur “persona non grata”-Erklärung.

Meist versuchen Regierungen, bilaterale Konflikte oder Kritik wegen Menschenrechts-Verletzungen diskret in Gesprächen zu regeln. Dies geschieht häufig bei Besuchen von Politikern oder am Rande von Konferenzen.

Intervenieren einer oder mehrere Botschafter wegen einer Angelegenheit bei der Regierung ihres Gastlandes, so spricht man von einer diplomatischen Demarche.

Umgekehrt kann eine Regierung einen Botschafter ins Aussenministerium bestellen zur Klärung von Fragen – so geschehen am Dienstag, als der türkische Botschafter nach der Absage des Besuches von Bundesrätin Calmy-Rey ins EDA zitiert wurde.

Schärfere Reaktionen



Krassere Formen sind der Protest eines Botschafters bei einer fremden Regierung oder die Sendung einer Protestnote. Umgekehrt kann auch der Botschafter eines andern Landes ins Aussenministerium zitiert werden zwecks Übergabe einer Protestnote.

Im Juli 1933 überreichte die Schweiz dem türkischen Botschafter nach der Schiesserei vor der türkischen Botschaft eine Protestnote. Die Türkei forderte daraufhin die Schweiz auf, ihren Botschafter und zwei Attachés aus Ankara zurückzuziehen. Dies ist bereits eine sehr scharfe Form des Protests.

Es ist die letzte Massnahme vor der Erklärung eines Diplomaten zur unerwünschten Person – “persona non grata”. Dies hat die erzwungene Ausreise zur Folge.

In der Regel wird dieser Schritt eingeleitet, wenn das Benehmen eines Diplomaten einen Vertrauensbruch mit dem Empfangsstaat provoziert – etwa im Fall von Spionage -, oder wenn sich die Beziehungen zwischen den Staaten stark verschlechtert haben. Gründe müssen aber nicht genannt werden.

Abbruch der Beziehungen



In besonderen Konfliktfällen kann der diplomatische Protest von Sanktionen begleitet sein – wie die Wirtschaftssanktionen gegen Irak nach der Invasion Kuwaits 1990 – oder vom Verbot der Kriegsmaterial-Ausfuhr – wie im Falle Chinas nach der Niederschlagung der Demokratie-Bewegung 1989.

Die schwerwiegendste Massnahme ist der Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Sie kann nach einer Kriegserklärung, aber auch bei Androhung von Gewalt oder wegen schwerer Verletzungen völkerrechtlicher Verpflichtungen erfolgen. Meist geht die Rückberufung des eigenen Botschafters und die Abberufung des fremden Botschafters dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen voraus.

Zwischenlösungen



Die Schweiz hat von sich aus erst einmal die diplomatischen Beziehungen zu einem anderen Land abgebrochen: 1918 im Zuge des Landes-Generalstreiks zur damaligen Sowjetunion. Fast dreissig Jahre dauerte es, bis sie 1946 wieder aufgenommen wurden.

An Stelle des völligen Abbruchs der Beziehungen können auch Zwischenlösungen gesucht werden: Etwa der Abbruch der diplomatischen, nicht aber der konsularischen Beziehungen, oder das vorübergehende Einfrieren der Beziehungen.

swissinfo und Agenturen

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