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Wieder Verhandlungen im Fluglärm-Streit

Micheline Calmy-Rey und Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Keystone

Die Regierungen der Schweiz und Deutschlands wollen im Streit um den Fluglärm wieder miteinander verhandeln, kündigte Micheline Calmy-Rey in Berlin an.

Sie drängte darauf, dass Deutschland die einseitig erlassene Einschränkung der Anflüge auf Zürich-Kloten wieder lockere.

“Beide Seiten sind sich bewusst, dass dieses Problem die sonst ausgezeichneten Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz belastet.” Dies sagte die Schweizer Aussenministerin bei ihrem Deutschland-Besuch nach dem ersten Treffen mit Amtskollege Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag.

Eine solche Differenz sollte “nicht zu lange im Raum stehen bleiben”, so Calmy-Rey weiter. Staatssekretäre beider Länder würden die Fragen des Flugverkehrs bei ihren turnusmässigen Treffen behandeln. Als Argument verwies sie namentlich auf die Wichtigkeit des Wirtschaftsraumes am Oberrhein für beide Länder.

“Es ist von grosser Bedeutung, dass wir diese Dynamik aufrecht halten können”, betonte die Schweizer Aussenministerin. Dabei sei auch der Flughafen Zürich zu berücksichtigen.

Verkehrsminister als Mentoren

Steinmeier hielt fest, “dass die bilateralen Beziehungen zwischen unseren Ländern nicht nur gut, sondern nahezu störungsfrei sind”. Einzige Störung sei die Diskussion um den Flughafen Zürich-Kloten.

Steinmeier anerkannte, dass das Fluglärm-Problem “noch nicht zur endgültigen Zufriedenheit auf beiden Seiten” gelöst sei. Er werde den deutschen Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee darauf ansprechen. “Die beiden Aussenminister werden ihre betreuende Hand über diese Gespräche schützend legen”, sicherte Steinmeier zu.

Die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder seien ausgesprochen gut, fuhr er fort. Das betreffe nicht nur den Fremdenverkehr, sondern auch den Austausch von Waren und Dienstleistungen.

Seit rund zehn Jahren

Über den Lärm von Düsenjets, die auf ihrem Anflug des Flughafens Zürich-Kloten süddeutsches Gebiet überfliegen, besteht zwischen den beiden Ländern ein langjähriger Streit.

Nach dem Scheitern eines entsprechenden Staatsvertrages hatte Deutschland 2003 die Zahl der Anflüge einseitig eingeschränkt. Konkret ordnete Berlin Sperrzeiten für die Überflüge in den Morgen- und Abendstunden sowie an Wochenenden und Feiertagen an.

Klage noch hängig

Bei ihrem Deutschland-Besuch drängte die Schweizer Aussenministerin nun weiter auf eine Lockerung dieser Beschränkungen. Eine Klage der Schweiz dagegen ist auch beim Europäischen Gerichtshof hängig. Das deutsche Bundesland Baden-Württemberg, das an die Schweiz grenzt, sieht dagegen die Zahl der Zürich-Flüge über Süddeutschland als immer noch zu hoch an.

Calmy-Rey und Steinmeier erörterten nach eigenen Angaben bei ihrem fast zweistündigen Arbeitsessen auch europäische und internationale Fragen. Die Schweizer Aussenministerin hoffte, dass die bilateralen Abkommen ihres Landes mit der EU rasch ratifiziert werden könnten.

Sie sprach mit Steinmeier auch über die Situation im Kosovo und die anstehenden Gespräche über die Zukunft der südserbischen Krisenprovinz.

swissinfo und Agenturen

Im Herbst 1998 hatte Deutschland von der Schweiz einen Staatsvertrag verlangt, um die Anflüge über süddeutsches Gebiet zu regeln. Im April 2001 einigten sich die Verkehrsminister auf einen Vertrag, der die Anflüge auf maximal 100’000 pro Jahr beschränkt hätte.

Während der deutsche Bundestag den Vertrag im Mai 2002 ratifizierte, legte sich das Schweizer Parlament quer und versetzte dem Abkommen im März 2003 den Todesstoss.

Berlin führte darauf im April 2003 einseitig eine strengere Regelung ein, als im Staatsvertrag vorgesehen war. Damit dürfen nur 80’000 Flugzeuge pro Jahr über Süddeutschland anfliegen.

Die Schweiz musste die Anflüge auf den Flughafen neu organisieren.

20% aller Schweizer Exporte gehen nach Deutschland.
Ein Drittel der Importe in die Schweiz kommt aus Deutschland.
Ein Drittel aller Ausländer, die in der Schweiz übernachten, stammt aus Deutschland.
Ende 2005 lebten 71’115 Schweizerinnen und Schweizer in Deutschland, mehr als die Hälfte sind Doppelbürger.

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