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Gratis-Surfen mit noch vielen schwarzen Löchern

Karl Thomas/allOver Images/Okapia

Immer, überall und gratis: Dies ist der Wunsch vieler, die via Smartphone oder Tablet ins Internet wollen. In der Schweiz stellen Städte, Hotels und öffentliche Verkehrsmittel aber oft noch schwarze Löcher dar, was die Abdeckung mit Wifi angeht.

Ein früher Morgen in Freiburgs geschäftigster Strasse: Innert weniger Minuten trifft man auf einen Texas Ranger, einen Actionhelden, und – hoppla – einen französischen Pornostar.

Autogramme aber gibt’s keine. Es handelt sich nur um die Namen einiger der drahtlosen lokalen Netze, deren Zahl irgendwo zwischen 10 und 30 schwankt. Wer eine Gratis-Verbindung sucht, wird aber enttäuscht: Trotz der mehr oder weniger originellen Namen, die einige ihrem Wifi geben, hört der Spass meistens dort auf, wo es ums Geld geht.

In Freiburg bestehen die grössten Chancen auf eine Gratisverbindung ins weltweite Netz vor einem bekannten Café. Oder dann in einem Shopping Center. Nicht viel anders sieht es in Bern aus. Obwohl rund dreimal grösser, gibt es auch in der Bundesstadt nur wenige Gratis-Zugänge.

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Freies Wifi für alle?

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Einige Schweizer Städte wie Genf oder Luzern stellen Wifi-Zugangspunkte zur Verfügung, durch die sich Nutzer gratis mit dem Rest der Welt verbinden können. Überall sonst müssen Einheimische wie Touristen auf die teuren Verbindungsmöglichkeiten der Telekom-Anbieter zurückgreifen. Sagen Sie uns Ihre Meinung!

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Lokale Alternativen zu teuren Abos 

Wollen die Besitzerinnen und Besitzer von Smartphones und Tablets die schwarzen Löcher in der Netzabdeckung schliessen, bleibt ihnen meist nur der Ausweg über einen Abo-Vertrag mit einem der drei grossen Telekom-Anbieter der Schweiz. Und dies heisst zahlen, meist mehr als weniger.

Da haben es die Userinnen und User in Genf besser. Seit 2004 hat die Stadt rund 70 öffentliche so genannte Wifi-Hotspots eingerichtet. Wifi steht für eine Technologie zur Erstellung von drahtlosen, (englisch: Wireless) Computer-Netzwerken.

Die öffentlichen Hotspots ergänzen eine Reihe von Wifi-Punkten, welche “GEspot” betreibt. Die nichtkommerzielle Organisation entstand 1999 im Rahmen einer Telekom-Messe, an der Wifi erstmals Thema war.

Es brauchte aber einige Überzeugungsarbeit, bis die Stadtbehörden die private Initiative übernahmen.

Ursprüngliche Idee sei es gewesen, dass sich Nachbarn angesichts der damals relativ hohen Kosten den Wifi-Zugang teilen, erzählt Charly Schwarz, einer der “GEspot”-Initianten. “Beim Projekt ging es um die Schaffung einer Community, nicht um ein formelles Netzwerk.”

Die Hoffnung von Schwarz & Co.: Die Stadt, die neben anderen Organisationen der UNO auch die Internationale Fernmeldeunion (ITU) beherbergt, mit dem eigenen Vorangehen davon zu überzeugen, ebenfalls Gratis-Zugänge anzubieten.

Freiburger Regierung zieht nicht mit 

In Freiburg ist das löchrige Wifi-Netz zu einem Politikum geworden. Die jungen Christdemokraten von der CVP haben erfolgreich Unterschriften gesammelt für eine Initiative, die kostenlosen Internetzugang nicht nur im Hauptort verlangt, sondern auch in sieben grösseren Orten des Kantons, insbesondere in und um Bahnhöfe.

Die Leute könnten so beispielsweise ihre E-Mails lesen, sagt Pierre Kilchenmann von der Initiative “Fri-Netz”. “Dies wäre auch eine Art Sicherstellung des Zugangs für alle, weil sich viele Menschen keinen eigenen Zugang leisten können.”

Für Kilchenmann stellt das Begehren einen Kompromiss dar. “Es ist eine Minimalforderung. Nichts soll die Behörden davon abhalten, mehr zu tun.”

Die Freiburger Kantonsregierung hat die “Fri-Netz”-Initiative jedoch abgelehnt. Sie setzt vielmehr auf die Einführung eines neuen faseroptischen Netzes, an dem der Kanton via den örtlichen Energieversorger ein indirektes Interesse besitzt. Dieses neue faseroptische Übertragungsnetz soll den grossen Durchbruch bringen, was die Durchdringung des Alltags der meisten Menschen mit Internet betrifft.

Im Ausspielen des einen Netzes gegen das andere zeige die Kantonsregierung, dass sie die Ziele von “Fri-Netz” missverstanden habe, kritisiert Mitinitiant Kilchenmann. “Der vorgeschlagene Wifi-Zugang will weder punkto Bandbreite noch hinsichtlich Langfristigkeit mit der kostenintensiven Faseroptik mithalten”, hält er fest.

Unzufrieden ist auch eine Kommission des Freiburger Kantonsparlamentes, die sich von der Regierung einen substanzielleren Gegenvorschlag erhofft hatte.

Auch die Entwicklung von kostenlosem Wifi unterwegs geht in der Schweiz langsam voran.

Die Schweizerische Post, die das wichtigste Busnetz unterhält, bietet in 70% ihrer Busse Wifi an, was laut Unternehmen vor allem bei jüngeren Passagieren auf Zustimmung stösst.

In den gelben Postautos kommt die 3G-Technologie zur Anwendung (“dritte Generation der Mobilfunkstandards”).

Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) haben das Projekt in Angriff genommen, die 100 wichtigsten Bahnhöfe mit Internetzugang auszustatten.

Bis 2015 soll Zugreisenden dort ein Highspeed-Internetzugang zur Verfügung stehen. Dieser wird laut SBB zwar gratis, aber zeitlich limitiert sein.

Schon bis Ende 2014 sollen zudem die Züge auf den wichtigsten Verbindungen mit einem verbesserten Internetzugang versehen sein.

Zug nicht verpassen 

Die ablehnende Haltung Wifi gegenüber könne sich für die Userinnen und User, aber auch für die lokale Wirtschaft nachteilig auswirken, warnt Pierre Schwarz. Er und Kilchenmann stimmen darin überein, dass gerade Touristen von kostenlosen Wifi-Netzen profitieren könnten, indem sie Karten oder andere Informationen über Sehenswürdigkeiten herunterladen könnten. Ohne diese Möglichkeiten müssten sie hohe Kosten für das internationale Roaming berappen.

In Lausanne ist man einen Schritt weiter. Wifi-Abdeckung besteht zwar nicht flächendeckend, doch immerhin zonenweise. In Luzern, der grossen Touristendestination der Zentralschweiz, verfügt nicht nur die ganze Altstadt samt angrenzenden Quartieren über Wifi, sondern auch der Publikumsmagnet Verkehrshaus.

Lugano im Tessin, das ebenfalls zahlreiche Touristen anzieht, deckt immerhin die beliebte und bei schönem Wetter vielbevölkerte Uferpromenade mit Wifi ab.

In Zürich dagegen, der grössten Stadt des Landes, wird immer noch darüber diskutiert, ob kostenloses Wifi eingeführt werden soll oder nicht. Angesichts der geschätzten Kosten von 15 Mio. Franken und der Installierung zusätzlicher 2000 Antennen für die lückenlose Abdeckung tendieren die Behörden zu einem Nein.

In der Schweiz:

86,6% der Websites werden per Computer geöffnet

7,9% via Mobilfunk

5,2% via Tablet

0,3%: andere Zugänge.

Über 20% der User in Grossbritannien, Irland und Russland surfen via Mobilfunkgerät im Netz.

Mehr als die Hälfte der Zeit, die Menschen in Europa an ihren Smartphones verbringen, nutzen sie für soziale Netzwerke, zum Abrufen von E-Mails sowie Wetter- und anderen Diensten.

(Quelle: comScore)

Neuer Hotel-Standard

Etwas besser sieht es für Reisende im Hotel aus. Ermuntert durch Schweiz Tourismus beginnen immer mehr Manager zu realisieren, dass Wifi von Touristen und Geschäftsreisenden als interessanter Bonus geschätzt werde, der für eine Buchung ausschlaggebend sein kann.

“Es ist entscheidend, dass Gäste den Internet-Zugang als Teil des Service sehen, den sie für das Bezahlen des Aufenthalts erhalten”, sagt Véronique Kanel, Sprecherin von Schweiz Tourismus. “Kunden wollen auf ihrer Rechnung nicht mehr länger separat für das Surfen bezahlen müssen.”

Auf ihrer Webseite listet die landesweite Vermarktungs-Organisation Wifi als eines der Hauptkriterien für die Auswahl eines Hotels auf. Dennoch sind es erst rund 10% der Hotels, die Internetzugang über Wifi ausweisen.

Fehlendes Wifi sei kein Nachteil per se, betont Kanel, vielmehr gelte es abzuwägen, was wo nötig sei. “In einer Berghütte ist es kein Muss, aber in einer Stadt macht es definitiv Sinn”, so Kanel.

Bis auf weiteres aber gleicht die Jagd nach einem Gratisnetz immer noch eher einer Schatzsuche. Der Traum, per simplem Druck des Smartphone-Startknopfes im weltweiten Netz zu fischen, geht für viele lokal nur sehr begrenzt in Erfüllung.

(Übertragen aus dem Englischen: Renat Kuenzi)

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