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Wir leben länger bei guter Gesundheit

Prävention hilft alten Menschen, ihre Selbständigkeit länger zu bewahren. Keystone Archive

Die Schweizer Bevölkerung wird immer älter und bleibt vor allem immer besser in Form. Aber: je mehr das Alter steigt, desto fragiler wird die Gesundheit.

Eine Studie des Schweizerischen Gesundheits-Observatoriums unterstreicht die positiven Effekte der Prävention.

Heute werden immer weniger Menschen geboren. Dafür leben sie im Durchschnitt länger. Dies könnte für die kommenden Jahrzehnte eine “Lawine” zusätzlicher Alterspflegefälle auslösen.

Eine Studie der Universität Zürich und des Institut Universitaire Âge et Generations in Sion haben im Auftrag des Schweizerischen Gesundheits-Observatoriums zu diesem Thema eine Studie verfasst.

Danach wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in den kommenden Jahren weniger stark zunehmen als bisher befürchtet wurde. Das Schweizerische Gesundheitsobservatoriums nennt die Gründe dafür:

Die Bevölkerung der Schweiz wird nicht nur immer älter, sondern auch gesünder. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen sollte deshalb weniger stark steigen als erwartet. Zudem könnte eine gezielte Förderung der Prävention bei alten Menschen die Zahl der Pflegefälle weiter sinken lassen.

Bessere Bedingungen?

Die künftigen Seniorinnen und Senioren leben unter anderen Bedingungen und altern anders als frühere Generationen. Die Lebensbedingungen, die medizinische Versorgung sowie die Bildung haben sich verbessert.

Christian Lalive d’Epinay, Soziologe und Gründer des Centre interfacultaire de gérontologie der Universiät Genf meint jedoch:.

“Für ihr Alter haben die Menschen zwar eine bessere Gesundheit. Aber das heisst nicht, dass die alte Bevölkerung bei guter Gesundheit ist.”

Im Bereich der 60 bis 65-Jährigen sind laut Lalive d’ Epinay gegen 25% der Menschen in einem schlechten Gesundheitszustand. “Dies rechtfertigt für diese Personengruppen ein Pensionierungsalter von 60 Jahren”, meint er.

Keinen Einfluss auf Krankenkassen-Prämien

Trotz der positiven Aussichten ist ein Sinken der Krankenkassen-Prämien jedoch laut Peter C. Meyer , Leiter des Schweizerischen Gesundheits-Observatoriums in Neuenburg nicht zu erwarten.

“Der Personalbestand im Gesundheitswesen wird ansteigen. Einer der wichtigsten Faktoren bei den Ärzten ist, dass sie zu Recht kürzere Arbeitszeiten verlangen”, sagt Meyer gegenüber swissinfo.

Die Zunahme beim Pflegebedarf alter Leute könne nicht mit dem professionellen System abgedeckt werden, gibt sich Meyer überzeugt: “In Zukunft muss eine wesentlicher Teil der Alterspflege im Laiensystem getragen werden.”

Weniger Akutpflege – mehr Langzeitbetreuung

Laut der Studie müssen die Pflegestrukturen angepasst werden – eine Verlagerung von der medizinischen Akutpflege zur pflegerischen Langzeitbetreuung sollte stattfinden.

Die Regelung und Finanzierung namentlich der Langzeitpflege im Alter seien in der Schweiz neu zu organisieren: Peter C. Meyer: “Einer unserer Vorschläge geht in Richtung, Rahmenbedingungen im Laien- und Spitexbereich zu schaffen. Die Spitex hat die wichtige Aufgabe, Laienpfleger abzulösen und ihnen Erholung zu verschaffen.”

Umstrittene Pflegeversicherung

Weiter regen die Verfasser der Studie eine offene Diskussion über die verschiedenen Formen einer obligatorischen Pflegeversicherung ab Alter 50 an.

Peter C. Meyer: “Ein Problem ist, dass eine Pflegeversicherung wohl vor allem stationäre Heime zahlen würde und erst in zweiter Linie Spitex-Dienste, die das Laienpflegesystem unterstützen.”

Die Studie legt ihren Berechnungen die Bewahrung des heutigen Wohlstandes zugrunde: Peter C. Meyer: “Wenn der Wohlstand zurückgeht, könnte es einen Kippeffekt geben. Die Ungleichheit nimmt dann zu, und ein grösserer Anteil der Bevölkerungsgruppe im untersten Spektrum würde möglicherweise sehr ungesund leben.”

In einer zweiten Studie klären nun Höpflinger und Hugentobler ab, in wie weit die Strukturen des Gesundheitswesens in der Schweiz der voraussichtlichen Entwicklungen in der Pflege genügen, und welcher Handlungsbedarf bei Bund und Kantonen besteht. Das Ergebnis dieser Analyse sollte zu Beginn des Jahres 2004 vorliegen.

swissinfo mit Agenturen

Gegenwärtige Anzahl der Pflegebedürftigen in der Schweiz: 109’000 – 126’000.
Dies entspricht zwischen 9,8 und 11,4% aller über 64Jährigen.
Alte Prognosen bis 2020: bis 172’000 Pflegebedürftige.
Revidierte Prognose: 126’000 bis 150’000 Pflegebedürftige.
Kann 2030 das Ausbrechen von Demenszstörungen um 2 Jahre verzögert werden, werden jährlich rund 20’000 Menschen weniger pflegebedürftig.

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