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Japan fährt die Swiss Re in “Rote Zahlen”

CEO Stefan Lippe und Finanzchef Georg Quinn der Swiss Re sind für die Zukunft zuversichtlich. Reuters

Der Schweizer Rückversicherungsriese verzeichnete im ersten Quartal Verluste von 573 Millionen. Franken. Verantwortlich dafür sind auch das Erdbeben und der Tsunami in Japan. Das negative Ergebnis widerspiegelte sich aber an der Börse kaum.

Versicherer und Rückversicherer sehen sich mit strikteren Solvenzanforderungen konfrontiert. Sie wenden jedoch ein, dass die G-20 sowie die Zentralbanken berücksichtigen sollten, dass sie nicht mit Banken zu vergleichen seien.

Das Erdbeben und der Tsunami in Japan, das Erdbeben in Neuseeland sowie die Überschwemmungen in Australien stellten die Bilanz der Swiss Re im 1. Quartal auf den Kopf und führten zu roten Zahlen

Laut Schätzungen der Versicherungsgruppe muss sie für diese Naturkatastrophen Leistungen von über 2,1 Milliarden Franken auszahlen.

CEO Stefan Lippe musste am Donnerstag Verluste von 573 Millionen Franken bekannt geben. Diese Zahlen sind weit entfernt von den 158 Mio Franken Gewinn im gleichen Quartal des Vorjahrs, als sie für Schäden nach den Erdbeben in Haiti und Chile aufkommen musste.

Während des 1.Quartals beliefen sich die Prämieneinnahmen auf 6,8 Mrd. Franken, 10% weniger als im Vorjahr. Nur in der Schweiz nahmen die Prämieneinnahmen um 8% zu und betrugen  4,5 Mrd.

Lippe gab sich jedoch zuversichtlich: “Wir versuchen uns zu erholen und werden uns weiter auf die finanzielle Disziplin der Gruppe konzentrieren.”

Gelassenheit der Börse

Die roten Zahlen der Swiss Re beeinflussten den Schweizer Aktienindex (SIS)  kaum.

Die Aktie des Rückversicherungsriesen verzeichnete am gestrigen Börsentag um 10 Uhr einen marginalen Verlust (SFr. 65,19), gegen Mittag eine langsame Erholung von 0,07% und um 15 Uhr bereits einen bescheidenen Gewinn von 0,2%. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass die Investoren das Vertrauen wegen der roten Zahlen nicht verloren haben.

Als Vergleich dient, dass am 11.3.2011 (Erdbeben in Japan) die Aktien der Swiss Re in weniger als einer Stunde um 8% fielen.

Laut der Bilanz der Gruppe betrugen die Verluste im 1.Quartal für die Abteilung Property&Casualty (Sach- und Umfallversicherung)  1,15 Milliarden Franken im Vergleich zu Gewinnen von 248 Millionen Franken im selben Quartal des Vorjahrs.

Die Abteilung Life&Heal (Lebens- und Krankenversicherung) verminderte ihre Gewinne auf etwas mehr als die Hälfte von 237 Mio  auf 138 Mio Franken.

Die Wichtigkeit der Rückversicherer

Rückversicherer sind eine riesige Finanzindustrie, die aber weit weniger im Scheinwerferlicht steht als die Banken.

Das zum Finanzdepartement gehörige Bundesamt für Privatversicherungen erläutert deren Wichtigkeit wie folgt:

“Der Rückversicherer hilft dem Versicherer, seinen Verpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern nachzukommen, indem er sowohl die Risiken als auch die Schadenersatzleistungen teilt.”

“Versicherungsgesellschaften sind auf andere Institutionen angewiesen, um Schwankungen wegen nicht voraussehbarer Schadenfälle meistern zu können,” heisst es weiter.

Gegenwärtig gibt es in der Schweiz ungefähr 70 Versicherungsgesellschaften. 25 sind Rückversicherer, die vom Bundesamt für Privatversicherungen überprüft werden. Doch nur die Hälfte hat ein ins Gewicht fallendes Geschäftsvolumen.

Schweizerische Rückversicherer haben ein jährliches Geschäftsvolumen von 35 Mrd. Franken.

Laut dem erwähnten Bundesamt besteht eine der wichtigsten Herausforderungen dieser Institutionen darin, höheren internationalen Anforderungen in zwei Bereichen nachzukommen: die Solvenzprinzipien I, das heisst die Aufstockung des Eigenkapitals sowie die Solvenzprinzipien II, beziehungsweise die periodische Solvenzüberprüfung, die eine Kapitalaufstockung als “Abfederung” für nicht voraussehbare Schadenfälle erfordern kann.

Wir sind keine Banken

Seit Ende 2009 müssen sich Versicherer und Rückversicherer strikteren Regeln unterziehen. Diese halten jedoch dagegen, dass diese neuen Massstäbe nicht ihrer Wirklichkeit entspricht.

Die Vereinigung Genf, welche 80 Generaldirektoren von Versicherungsgesellschaften rund um die Welt vereint, stellt fest, dass bis vor 2008 Finanzbehörden es nie als notwendig erachteten, die Grösse eines Versicherers oder Rückversicherers zu überprüfen, um zu entscheiden, ob er ein “Systemrisiko” bedeutete. Mit anderen Worten, ob ein Konkurs eine Kettenreaktion auslösen und eventuell zum Zusammenbruch der Wirtschaft des Ursprungslandes führen könnte.

Im umfassenden Bericht “Systemrisiken der Versicherung” hält der Präsident der Vereinigung Genf, Nikolaus von Bomhard, fest, dass dieses Problem auf internationaler Ebene angegangen werden muss. Denn Banken seien keine Versicherungsgesellschaften und könnten folglich nicht mit derselben Elle gemessen werden.

“Die Versicherung und Rückversicherung erfüllen für das Finanzsystem eine stabilisierende Funktion.”

Versicherungen werden teurer

CEO Stefan Lippe pflichtet ihm bei. Anlässlich eines von der G-20 im vergangenen Februar in Paris organisierten Seminars stellte er fest, dass der Versicherungssektor die internationale Finanzkrise weit besser überstanden habe als die Banken.

Weiter meinte er, Behörden sollten nicht so sehr die “Grösse” dieser Institutionen unter die Lupe nehmen, sondern sich mehr auf die Risiken konzentrieren, welche diese auf sich nähmen. Des weiteren sollten sie auf das Urteilsvermögen zur Risikodiversifizierung dieser Institutionen vertrauen.

Ansonsten würde das Zusammenspiel von niedriger Rentabilität und vermehrter Regulation  zu verminderten Gewinnen für die Aktionäre und an erster Stelle zu Prämienerhöhungen für die Versicherungsnehmer führen.

Letzteres ist bereits eingetreten: Anlässlich einer Telefonkonferenz im Anschluss an die Bilanzveröffentlichung gab der Finanzchef der Swiss Re, Georg Quinn, zu, dass die Naturkatastrophe in Japan sowie die neuen Eigenkapitalanforderungen für die Versicherungsnehmer dieser Gegend Prämienerhöhungen bis zu 50% zur Folge haben werden.

Die Swiss Re wurde 1863 in Zürich gegründet und betätigt sich als Rückversicherer
.
Sie hat Filialen in 20 Ländern.

International ist die Firma gut qualifiziert: A+ (Standard & Poor´s), A1 (Moody´s) und “A” (A.M.Best).

Die gleichentags veröffentlichte Quartalsbilanz der Versicherung Zurich Financial Services (ZFS) vermeldete einen Rückgang der Gewinne von 32% , welche 548 Mio. Franken betrugen.

Die ZFS-Aktien fielen um 2,5%.

Sie sollen die Interessen der Versicherungsnehmer in Europa, eingeschlossen der Schweiz, absichern. Das erforderte Eigenkapital wird an die eingegangenen Risiken gebunden. Das neue System ruht auf drei Pfeilern:

1. Erfordertes Eigenkapital gemäss der Grösse der Versicherung.

2. Die Versicherer bewerten ihre Kapitalbedürfnisse selbst und verwalten die eingegangenen Risiken.

3. Informationen über den Geschäftsverlauf sollen transparenter veröffentlicht werden.

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