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Dank Schweizer Wurzeln ein Job in Zürich

Portrait Bild von Ben Tite
Der 30-jährige Auslandschweizer Ben Tite ist glücklich in der Schweiz. zvg

Für Auslandschweizer der zweiten Generation ist die Schweiz oft weit entfernt. Einmal da zu leben, zu studieren oder zu arbeiten: Für viele junge Schweizerinnen und Schweizer im Ausland kaum denkbar. "Unmöglich ist es nicht", sagt Ben Tite aus England. Er ist als Sprachlehrer in die Schweiz gekommen.

“Ich hätte es als Kind nie für möglich gehalten”, sagt der junge Auslandschweizer Ben Tite. Ohne Deutsch und ohne Schweizer Ausbildung rechnete sich der Sohn einer Schweizerin und eines Engländers keine Chancen aus, je von Chichester, im Süden Englands, in die Schweiz überzusiedeln.

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Doch heute lebt der 30-Jährige in Zürich, wo er seit 2018 an der KV Zürich Business School mündlich Englisch unterrichtet. Mittlerweile spricht er sogar fliessend Schweizerdeutsch. Seine Mutter habe zwar als Kind mit ihm deutsch gesprochen, geantwortet habe er aber immer nur auf Englisch. “Ich schämte mich als Teenager, Schweizerdeutsch zu sprechen.”

Als Lehrer ins Appenzellerland

Dass Tite jetzt doch in der Schweiz lebt und arbeitet, hat er MovetiaExterner Link, der nationalen Agentur zur Förderung von Austausch und Mobilität im Bildungssystem, zu verdanken. Nach seiner Lehrerausbildung in England und je zwei Jahren in Korea und Japan sei er auf dieses Angebot gestossen. “Plötzlich schien ein Aufenthalt in der Schweiz gar nicht mehr so unmöglich.”

Ben Tite vor der Skyline von Bern beim Bärengraben
Ben Tite nutzt seine Freizeit, um die Schweiz kennenzulernern. Hier in Bern beim Bärenpark. zvg

Erst musste er sich bei der englischen Partnerorganisation British CouncilExterner Link bewerben, seine Unterlagen wurden anschliessend an Movetia weitergegeben. “Ich habe mir vorgestellt, irgendwo auf dem Land, beispielsweise in einem Dorf im Appenzellerland zu unterrichten.”

Dass es jetzt doch Zürich geworden ist, darüber ist er im Nachhinein nicht unglücklich. “In der Stadt ist es doch ein bisschen einfacher, sich zu integrieren”, sagt er. An welcher Schweizer Schule die sogenannten SprachassistentenExterner Link zum Einsatz kommen, bestimmt die Agentur. Als der diplomierte Lehrer 2018 in die Schweiz kam, suchte er sich eine WG und entschied sich, fortan Schweizerdeutsch zu sprechen. Heute spricht er auch mit seiner Grossmutter, die in Pratteln wohnt und die er regelmässig besucht, Schweizerdeutsch.

Zukunft in der Schweiz

Eigentlich war nur ein Jahr geplant. Ben Tite gefällt es in der Schweiz aber so gut, dass nach zwei Jahren in Zürich bald auch seine Freundin in die Schweiz kommt – ebenfalls als Sprachassistentin, denn auch sie ist ausgebildete Lehrerin. Die beiden ziehen in eine eigene Wohnung und planen, ihr Leben langfristig in der Schweiz aufzubauen.

“Meine Mutter freut sich sehr, dass nun die Chance besteht, dass ihre künftigen Enkelkinder in der Schweiz aufwachsen könnten.” Denn sie ging mit 17 Jahren als Au-pair nach England , verliebte sich und wanderte mit 21 definitiv nach England aus.

Er sei immer stolz gewesen, Schweizer zu sein und einen Schweizer Pass zu haben, nur als richtiger Schweizer habe er sich nie gefühlt, sagt Ben Tite. Dieses Problem habe er zwar immer noch ein bisschen. “Als Kind las ich Globibücher, aber die typische Schweizer Kindheit habe ich verpasst”, so Tite.

Viele seiner Schüler im KV Zürich seien in der Schweiz geboren und aufgewachsen, sprächen akzentfrei Schweizerdeutsch, haben aber keinen Schweizer Pass. “Sie sind viel mehr Schweizer als ich es bin.”

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Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Melanie Eichenberger

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3 Kommentare
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Viel Freizeit, um das Land zu entdecken

Weil Ben Tite nicht für immer als Sprachassistent arbeiten kann – maximal 4 Jahre kann man im Austauschprogramm teilnehmen – plant er, das eidgenössische Lehrerdiplom zu erwerben.

Jetzt ist der Auslandschweizer vorwiegend für den mündlichen Unterricht zuständig, so halte sich die Vor- und Nachbereitung in Grenzen. “Ich habe sehr viel Freizeit und kann meine Heimat beim Wandern und Velofahren entdecken.” Zudem verdiene er mit 3500 Franken brutto mehr als er in England als Lehrer verdienen würde. Er fühle sich fast schon reich, sagt er.

Ben Tite hofft, dass seine Erfahrungen andere junge Auslandschweizer ermutigt, in die Schweiz zu kommen. Man müsse nicht ausgebildeter Lehrer sein wie er, um vom Austauschprogramm zu profitieren.

Studierende, Studienabgänger und -abgängerinnen von Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen oder noch unerfahrene Lehrpersonen aus dem Ausland können als Sprachassistenz-Lehrpersonen an einer Mittelschule, Berufsfachschule oder Berufsmaturitätsschule in der Schweiz arbeiten und ihre Muttersprache unterrichten.

Sie sammeln erste Berufserfahrungen und lernen gleichzeitig die Sprache und Kultur ihrer Gastregion kennen. Für Auslandschweizer ist die Sprachassistenz-Zeit eine Chance, ihr Ursprungsland zu entdecken und ihren kulturellen Hintergrund besser zu verstehen.

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