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Schweizer Pharmariesen sind weltweit “Klassenbeste”

Die Pharmaindustrie blüht, unter anderem dank Tamiflu. Keystone

Die zwei grossen Schweizer Pharmakonzerne haben für 2009 zwar sehr unterschiedliche Zahlen vermeldet, doch Analysten bewerten Novartis und Roche als die solidesten Firmen in ihrer Branche.

Nachdem Novartis in den letzten paar Jahren hinter Roche hergelaufen war, scheint der Pharmagigant 2009 mit einem Rekordergebnis wieder aufzuholen.

Roche ist derweil daran, jene Übernahmekosten abzufedern, die den Geschäftsgewinn 2009 geschmälert haben.

Die beiden Basler Firmen stehen auf soliden Fundamenten und erwarten laut Branchenexperten in den nächsten beiden Jahren satte Gewinne.

“Sie haben starke Produkte in der Pipeline und dadurch das Potenzial, die Rendite über den Durchschnitt des Umsatzwachstums zu heben”, sagte Christophe Eggmann, Analyst bei der Bank Julius Bär, gegenüber swissinfo.ch.

“Betreffend Risiko-Gewinnverhältnis und Bewertung verkörpern sie in dieser Branche die attraktivsten Investments weltweit.”

Novartis beeindruckt die Beobachter immer wieder durch seine Begabung, mit einer starken Produktelinie von neuen Medikamenten die Lücke zu ihrer Konkurrentin zu schliessen.

In den vergangenen Jahren hatte sich der Konzern darauf konzentrieren müssen, sein Portfolio auf andere Tätigkeitsgebiete auszuweiten, weil er unfähig war, genügend neue Medikamente zu lancieren.

Laut Beobachtern aber soll die angekündigte Übernahme des Augenpflege-Konzerns Alcon das Ende dieser Phase einläuten.

Unterschiedliche Geschäftszahlen

“Pharmakonzerne bewegen sich typischerweise in Produktionszyklen”, erklärte Karl Heinz Koch, Analyst bei der Brokerfirma Helvea. “Doch Novartis ist bereit, eine Menge neuer Medikamente auf den Markt zu bringen, was ihr einen angemessenen Schwung bringen kann.”

Der Rekordgewinn über 8,4 Mrd. Dollar (8,7 Mrd. Fr.) von 2009 ist 4% höher als 2008 und zeigt Novartis finanziell in ausgezeichneter Verfassung. Die einzigen Fragen sind, ob ihre neuen Produkte das Loch der auslaufenden Patente stopfen können und ob die problembehaftete Übernahme von Alcon erfolgreich langfristige Gewinne generieren kann.

Roches Gewinnrückgang um 22% auf 8,5 Mrd. Dollar (8,95 Mrd. Fr.) im letzten Jahr wurde mit den hohen Restrukturierungskosten nach der Übernahme des Biotech-Konzerns Genentech begründet.

Laut Roche soll die Übernahme bis 2011 Synergie-Einsparungen von rund 1 Mrd. Franken bringen. Zudem seien die Rückzahlungen von Bankkrediten für diese Übernahme auf einem guten Weg.

Analysten waren nicht absolut überzeugt von all den Begründungen, die Roche für ein eher enttäuschendes Geschäftsjahr 2009 ablieferte. Es gibt Befürchtungen, Roches teures Flaggschiff Krebsbekämpfung könnte in jenen Ländern in die Klemme kommen, die ihre Gesundheitskosten senken wollen.

Auf dem richtigen Weg

“Die Sorge ist, dass ihre wichtigsten Krebsmedikamente im zweiten aufeinanderfolgenden Quartal unterdurchschnittlich abgeschnitten haben, was Fragen aufwirft, wo das eigentliche Problem liegt”, so Koch.

Es gibt auch Anzeichen dafür, dass sich Roches beeindruckende Linie von neuen Kassenschlagern langsam abschwächt. Doch Koch ist überzeugt, dass der Pharmariese die Fähigkeit hat, Lösungen zu finden, bevor das Problem Überhand nimmt. “Roche wartet noch auf Neulancierungen von Produkten und lebt derzeit von Medikamenten, die vor Jahren produziert worden sind”, sagte Koch.

“Doch einer der Punkte, die für Roche sprechen, ist die Tatsache, dass sich die Firma in den nächsten Jahren keinen grossen Patentklagen stellen muss. Das erlaubt ihr, Produkte in der Pipeline zu entwickeln. Somit befindet sich Roche in einer sehr stabilen Situation.”

Roche und Novartis direkt zu vergleichen, sei nicht einfach, betonte Eggmann, denn sie hätten in den letzten Jahren sehr unterschiedliche Strategien gefahren. Doch die Markterwartungen für die beiden Konzerne hätten sich nach der Präsentation der Jahreszahlen leicht korrigiert.

“Die Reaktion auf Novartis war positiv und für Roche eher negativ. Roches Zahlen sind zwar in Ordnung, doch hatte man bessere Resultate erwartet”, sagte er. “Was die wirtschaftliche Leistung betrifft, sind beide Konzerne auf dem richtigen Weg.”

Matt Allen, swissinfo.ch
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

Die Jahresresultate von Novartis von 2009:

Nettoumsatz: 46,7 Mrd. Franken (44,3 Mrd. Dollars), das ist eine Zunahme von 11% im Vergleich zu 2008.

Betriebsergebnis: 12 Mrd. Franken (11,4 Mrd. Dollar), das ist eine Zunahme von 11% im Vergleich zu 2008.

Nettogewinn: 10,9 Mrd.Franken (10,3 Mrd. Dollar), eine Zunahme von 8% im Vergleich zu 2008.

Die beabsichtigte Dividende stieg um 5% auf 2 Fr.10 pro Aktie.

Aussichten für 2010: Novartis erwartet, im mittleren einstelligen Prozentbereich zu wachsen

Die Jahresresultate von Roche von 2009:

Nettoumsatz: 51,6 Mrd.Franken (49 Mrd. Dollar). das ist eine Zunahme von 8% im Vergleich zu 2008.

Betriebsergebnis: 15,8 Mrd. Franken (15 Mrd. Dollar), eine Zunahme von 8% im Vergleich zu 2008.

Nettogewinn: 8,95 Mrd. Franken (8,5 Mrd. Dollar), das ist eine Abnahme von 22% im Vergleich zu 2008. (Darin inbegriffen sind die einmaligen Restrukturierungskosten und Kauf von Genentech).

Die beabsichtigte Dividende stieg um 20% auf 6 Franken pro Aktie.

Aussichten für 2010: Roche erwartet, im mittleren einstelligen Prozentbereich zu wachsen. Es wird angenommen, dass die Verkäufe von Tamiflu 3,2 Mio. Franken auf 1,2 Mio. Franken abnehmen.

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