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Mitglieder des spanischen Hofs zahlen in der Schweiz Pauschalsteuern

Nicolas Cotoner Martos und seine Familie werden beschuldigt, dem spanischen Fiskus mehr als 5 Millionen Euro entzogen zu haben. Aurora Fierro/Getty Images

Die Familie Cotoner Martos, die sehr eng mit dem ehemaligen König Juan Carlos I. verbunden ist, steht im Visier der spanischen Justiz. Zwei Marquis erklären, ihr Steuerwohnsitz liege in der Schweiz, obschon sie die meiste Zeit in Madrid verbringen.

Während Jahrzehnten hatte Nicolas Cotoner Martos, der Marquis von Mondejar, für das reibungslose Funktionieren des spanischen Königspalasts gesorgt und Juan Carlos I. während dessen Herrschaft begleitet, und zwar so eng, dass dieser ihn als “Adoptivvater” betrachtete. Als der Marquis 1996 starb, erbten seine fünf Söhne seine Adelstitel. Einer wurde Marquis von Mondejar, die anderen Marquis von Belgida und Ariany, und die letzten zwei Söhne erhielten Titel als Grafen von Tendilla und von La Gomera.

Diese Mitglieder des königlichen Hofs waren nicht nur darin geschult, dem Monarchen zu gefallen und ihn auf seinen Reisen zu begleiten. Sie waren auch, und vor allem, erfahrene Geschäftsleute an der Spitze eines immensen Immobilienvermögens. In einem Artikel am 1. Februar 2018 führte die spanische Tageszeitung El MundoExterner Link die Cotoner Martos auf einer Liste der 200 reichsten spanischen Familien auf Platz 160 auf, mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 300 Millionen Euro.

Das System der Pauschalbesteuerung stellt auf die Ausgaben in der Schweiz ab und nicht auf das Einkommen oder Vermögen. Angewendet wird es nur bei Ausländern, die keiner Erwerbstätigkeit in der Schweiz nachgehen. Eine Volksinitiative der Linken forderte die Abschaffung dieses Besteuerungssystems, doch die Schweizer Stimmbevölkerung lehnte das 2014 ab.

Doch heute befindet sich die Familie in einer misslichen Lage. Seit 2015 wirft ihr die spanische Justiz Steuerbetrug in Höhe von fast fünf Millionen Euro vor. Um ihr Vermögen zu verbergen, sollen die Marquis mehrere Unternehmen in Panama genutzt haben, unter anderem Falsea Inc – einer der Namen, die Anfang dieses Jahres im Rahmen einer neuen Tranche der Panama PapersExterner Link enthüllt wurden.

Die Ermittler hatten ihren Blick rasch einmal auf die Schweiz gerichtet und 2015 und 2017 Rechtshilfeersuchen nach Bern geschickt. Ihr Verdacht galt vor allem den Cotoner-Söhnen Inigo und Jose Luis, die erklärten, ihr offizieller Wohnsitz liege “in der Schweiz oder in Luxemburg”, obschon sie offensichtlich die meiste Zeit in Spanien leben.

Der heute 80-jährige ehemalige König Juan Carlos ist in mehrere Finanzskandale verwickelt. Salvador Sas/EPA

In Antwort auf die Ersuchen aus Madrid gewährte die Schweiz Rechtshilfe, doch die Cotoner-Söhne legten über ihren Anwalt Pierre de Preux Rekurs gegen den Entscheid ein, was das Verfahren in die Länge zog.

Das Bundesverwaltungsgericht gab ihnen schliesslich in einem Punkt Recht: Die Details der Pauschalbesteuerung sollten nicht an Spanien übergeben werden. Das Urteil deckte aber Informationen auf, die in der Regel äusserst vertraulich sind: Die beiden Marquis sind in der Schweiz ansässig und werden nach Aufwand besteuert – ein System, das vor allem reichen Ausländer vorbehalten ist, unter der Bedingung, dass sie in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit ausüben.

Die restlichen Informationen über die Konten der Cotoner in der Schweiz könnten an Spanien übermittelt werden, entschieden die Richter des Bundesverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 28. August 2018. Gegen diesen Entscheid wurde erneut Rekurs eingelegt, dieses Mal vor Bundesgericht. Der Entscheid in der Sache, der am 11. September erging, brachte eine lange Liste von Unternehmen an den Tag, die von den spanischen Behörden in dieser Affäre identifiziert wurden: Darunter Akturus Holding SA, Keldeo Holdings Limited Sarl oder Dewitt Investment LTD, um nur einige zu nennen.

Der derzeitige König Felipe forderte den Adel jüngst auf, “mit gutem Beispiel voranzugehen und einen solidarischen Kompromiss mit der Gesellschaft einzugehen”. Seine Aufforderung verhallte wahrscheinlich ungehört.

Die Affäre schadet dem Image von Juan Carlos I., das durch die Enthüllungen seiner früheren Geliebten Corinna zu Sayn-Wittgenstein bereits angeschlagen ist: Sie wirft ihm vor, Millionen in der Schweiz versteckt zu haben. Der Fall sorgte letzten Sommer für Aufsehen, bevor die Richter der Audiencia Nacional das Verfahren endgültig einstellten. Wird die Familie Cotonier verurteilt, wird die Justiz etwas näher an den ehemaligen, heute 80 Jahre alten König heranrücken.

* Gotham CityExterner Link ist ein von den investigativen Journalisten Marie Maurisse und François Pilet gegründeter Newsletter, der sich auf Recherchen im Bereich Wirtschaftskriminalität spezialisiert.

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(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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