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Die Verpackung wird “intelligent”

Christoph Meili präsentiert seine Ideen. foto-laaks.de

Verpackungen sollen in Zukunft viel mehr als nur Schutz und Werbefläche für ein Produkt sein. Dabei kommt der Nanotechnologie eine gewichtige Rolle zu. Die Auswirkungen sind derzeit aber noch kaum erforscht. Ein Gespräch mit Nanotech-Spezialist Christoph Meili.

swissinfo.ch: Sie glauben, die Zukunft der Verpackungen gehört der Nanotechnologie. Welche Eigenschaften bringen diese mit?

Christoph Meili: Die Nanotechnologie ist eigentlich eine “Verbesserungs-Technologie”. Bestimmte Eigenschaften, die im Moment sehr gefragt sind, können mit Nano-Materialien in die Verpackung hineingebracht werden.

Ich denke hier vor allem an die Haltbarkeit von Lebensmitteln, die zunehmen wird. Die Informationsdichte und -qualität wird ansteigen, das heisst, der Konsument wird durch bestimmte Features an der Verpackung erkennen können, wie der Zustand des Produktes ist, ob das Lebensmittel noch geniessbar ist, ob es Sauerstoff in der Verpackung hat und vieles mehr.

Hoffentlich wird auch eine Ressourcenschonung damit einhergehen, dass man bessere Verpackungen entwickelt, die zum Beispiel abbaubar sind.

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swissinfo.ch: Gibt es intelligente Alternativen zur Verpackung, so dass diese praktisch nicht mehr nötig wäre?

C.M.: Die essbare Verpackung ist etwas, was man auf dem Radar hat. Auf der anderen Seite ist es für den Konsumenten auch wichtig, dass er unterscheidet, was das Produkt und was die Verpackung ist.

Kompostierbare oder biologisch abbaubare Verpackungen wären schon ein wesentlicher Fortschritt. Ob man sie dann auch noch essen muss, habe ich meine Zweifel. Aber ein Produkt ohne Verpackung – das wäre das allerbeste.

Nanotechnologie ist keine Erfindung der Neuzeit: Die Natur kennt bereits Teilchen in dieser Grössenordnung (kleiner als 0,0001 mm).

Viele natürliche Inhaltsstoffe in Lebensmitteln (z.B. Liposomen in der Milch, Vitamine, usw.) sind von Natur aus derart klein.

Mögliche Anwendungen im Verpackungsbereich:

– Antimikrobielle Eigenschaften: Nano-Silber, Nanopartikel mit Zink, Calcium, Magnesiumoxid oder Titandioxid. Mit ätherischen Ölen oder Wasabi beschichtete Folien

– Gasbarriere-Eigenschaften: “Nanoclay”-Schichten verbessern Gasdichtigkeit von PET-Flaschen

– Markenschutz, Rückverfolgbarkeit: nanometergrosse Barcodes ans Nano-Silber oder Goldpartikeln

– Umweltfreundliche Verpackungsmaterialen: Biologisch abbaubare Verpackungen auf Basis von natürlichen Polymerverbindungen oder nanokleinen Stärkeverbindungen aus Mais

(Quelle: Christoph Meili)

swissinfo.ch: Heute werden viele Produkte weggeworfen, obwohl sie noch einwandfrei wären…

C.M.: Mit Hilfe der Nanotechnologie sollte die Menge der weggeworfenen Lebensmittel reduziert werden können.

Rund ein Drittel der gekauften Lebensmittel werden weggeworfen, weil Konsumentinnen und Konsumenten das Gefühl haben, das Lebensmittel sei nicht mehr gut. Oder weil die Haltbarkeitsdaten vermeintlich überschritten werden.

In der Schweiz sind das jährlich 2 Millionen Tonnen, weltweit 1,3 Milliarden Tonnen. Das ist eine enorme Verschwendung.

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swissinfo.ch: Das soll mit “intelligenten” Verpackungen verbessert werden. Wie funktionieren diese?

C.M.: Intelligente Verpackungen reagieren auf die Umstände und registrieren beispielweise, wenn sich die Gaszusammensetzung im Produkt verändert, wenn CO2 oder Stickstoff austritt und somit die Schutzatmosphäre verlorengeht.

Das zweite sind sich selber schützende Verpackungen, beispielsweise gegen Sauerstoff. Dann gibt es Indikatoren gegen Feuchtigkeit oder für bakterielle und mikrobielle Abbauprodukte, die anzeigen, wenn das Produkt nicht mehr einwandfrei ist. Nanosilber, Titandioxid oder Zinkoxyd verlangsamen das Wachstum von Bakterien am Produkt – und verlängern so dessen Haltbarkeit und Frische.

Er ist Gründer und Leiter der Innovationsgesellschaft in St. Gallen, einem Beratungs- und Forschungsunternehmen in den Bereichen Nano- und Mikrotechnologie. Das Unternehmen ist ein Spin-Off der Universität St. Gallen.

Meili studierte Biotechnologie an der ETH in Zürich und promovierte in Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen (HSG). Danach war er 5 Jahre lang Leiter des Kompetenzzentrums Gen-, Bio-, Nanotechnologie am Institut für Versicherungswirtschaft der HSG.

Zudem verfügt er über langjährige Beratungserfahrung in den Bereichen Risiko-Management und Risiko-Kommunikation neuer Technologien. Sein Spezialgebiet sind Innovations-Projekte im Bereich Nano- und Mikrotechnologie sowie Risiko-Kommunikation.

Meili ist ausserdem Dozent für Betriebswirtschaft und Unternehmensführung an der Universität St. Gallen sowie an der Fachhochschule für Wirtschaft in St. Gallen.

swissinfo.ch: Wie muss man sich diese Verpackungen als Konsument vorstellen? Sieht man den Unterschied in der Verpackung?

C.M.: Das wird man merken, weil der Nutzen für den Konsumenten sicht- und erlebbar sein muss.

swissinfo.ch: Sind solche Ideen reine Spielereien der Wissenschaftler oder bringen sie auch in der Praxis etwas?

C.M.: Die bringen schon etwas. Zum Beispiel bei der Bierflasche mit in der Kunststoffschicht eingelagerten “Nanoclays”, die den Gasaustritt und den Sauerstoffeintritt verlangsamen. Damit werden Produkte sehr viel länger haltbar.

Für den Produzenten ist das sehr interessant, weil damit die Kosten sinken: Einerseits müssen weniger Produkte zurückgenommen werden, andererseits halten die Produkte beim Konsumenten auch länger.

swissinfo.ch: Wie sieht die Verpackung der Zukunft aus? Wird jedes Produkt einen Chip mit abrufbaren Informationen in der Verpackung haben?

C.M.: Die Identifizierung durch ein Lesegerät mit Hilfe elektromagnetischer Wellen (RFID) ist sicher ein Thema. Das ist praktisch für den Detailhändler. Es gibt hier verschiedenste Möglichkeiten. Man kennt solche Tags ja auch schon.

Das Problem ist noch der Preis: Verpackungen müssen sehr günstig sein. Deshalb ist RFID gegenwärtig nur bei höherpreisigen Produkten oder bei grossen Mengen im Einsatz. So kann ein Produkt auch zurückverfolgt werden. Und der Markenschutz wird einfacher.

zvg

swissinfo.ch: Sie sind nicht nur Biotechnologe und Molekularbiologe, sondern auch Risikoforscher. Können diese Nanoteilchen, die Sie in Zukunft in Verpackungen sehen, nicht auch zu einer Gefahr für den menschlichen Körper werden?

C.M.: Die Frage, die man sich stellen muss, ist: Können diese Nano-Materialien aus der Verpackung rauskommen? Wenn ja, wohin gehen sie dann? Gehen sie in Lebensmittel, kommen sie in die Umwelt? Oder gelangen sie in einer anderen Form in den biologischen Kreislauf?

Bei aktiven Verpackungen, wo ein wesentlicher Teil darin besteht, dass diese aktiven Elemente rauskommen und interagieren mit dem Lebensmittel, muss man sich fragen, was geschieht. Hier sind die Fragen der Migration, des Wanderns niedermolekularer Stoffe, ein Thema. Es dürfen keine gesundheitsschädlichen Stoffe ins Produkt wandern. Das ist schwierig: Wo soll der Grenzwert angesetzt werden, was ist noch unschädlich, was problematisch?

Schliesslich gibt es neben der Atmung auch die Möglichkeit, dass die Nano-Partikel über die Verdauung aufgenommen werden. Dort besteht schon noch einiges an Forschungsbedarf. Das muss man klar sagen.

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