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Wolfsschutz: Schweiz blitzt in Strassburg ab

Der Wolf bleibt eine "streng geschützte" Tierart. Keystone

Der Wolf bleibt international streng geschützt. Das entschied am Montag der ständige Ausschuss der Berner Konvention zum Schutz wildlebender Arten und Lebensräume.

Die Umweltorganisationen pro Natura und WWF begrüssen den Entscheid des Gremiums in Strassburg.

Die Schweiz ist in Strassburg beim ständigen Ausschuss der Berner Konvention zum Schutz wildlebender Arten und Lebensräume gescheitert, den Wolf von einer “streng geschützten” zu einer “geschützten” Art zurückstufen zu lassen.

Begründet wurde die Ablehnung von Strassburg mit dem Argument, der Ausnahmeartikel 9 der Berner Konvention genüge, um die Probleme mit dem Wolf in der Schweiz und in anderen Ländern Europas anzugehen, wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in seinem Communiqué schrieb. Ein Wolf, der wiederholt Schäden an Nutztieren anrichtet, kann gemäss diesem Artikel abgeschossen werden.

An der heutigen Praxis in der Schweiz ändere sich durch den Strassburger Entscheid nichts, erklärte Reinhard Schnidrig, Chef der Sektion Jagd, Wildtiere und Waldbiodiversität beim BAFU.

Allerdings gebe es auch nicht mehr Spielraum für die Zukunft. “Wir wollten in Strassburg einen möglichst optimalen Spielraum für den Umgang mit dem Wolf erreichen”, sagte Schnidrig.

Gemeinsames Management der Wolfpopulationen

Laut dem BAFU ging es beim Antrag um bessere Voraussetzungen für das Zusammenleben von Wolf und Nutztieren im Berggebiet. Bei einer Rückstufung hätte der Wolf den gleichen Status wie der Luchs erhalten. In Zusammenarbeit mit Frankreich und Italien werde nun das Management der Wolfpopulationen in den Alpen weiterentwickelt.

Die Arbeitsgruppe Grossraubtiere der Kantone Waadt, Wallis, Tessin, Graubünden und Bern werde im Januar oder Februar neue Vorschläge in die Vernehmlassung geben, sagte Schnidrig weiter.

Laut dem BAFU-Chef ist das aktuelle Wolfskonzept auf die Einwanderung junger Rüden bezogen. Mit der Rudelbildung in Italien und Frankreich zögen nun Weibchen nach. Die Familien- und Rudelbildung stehe kurz bevor. Entsprechend werde es neue Regelungen brauchen, um beispielsweise Jungtiere zu schützen.

Christoph Jäggi vom BAFU fügt hinzu: “Es steht nicht zur Diskussion, diese Spezies wieder jagdbar zu machen – überhaupt nicht.”

“Vernunft walten lassen”

“Wir sind sehr, sehr glücklich, dass Europa sich nicht dem Druck der Schweiz gebeugt hat”, sagte Pro-Natura-Sprecher Nicolas Wüthrich gegenüber swissinfo.

“Wäre man den Schweizer Argumenten gefolgt, hätte dies den falschen Eindruck erweckt, dass der Wolf weit verbreitet sei und dass es nicht mehr nötig sei, ihn so zu schützen.”

Pro Natura ist der Ansicht, das Entscheidungsgremium in Strassburg habe sich auf positive Erfahrungen und Gutachten von Nachbarländern der Schweiz gestützt und deshalb “Vernunft walten lassen”.

Der WWF hatte den Versuch scharf kritisiert, den Abschuss des Wolfs zu erleichtern.

Pro Natura fordert nun vom Bund, mehr Rückgrat zu zeigen und sich konsequenter für bedrohte Tierarten einzusetzen. Die Schweiz brauche ein Wolfskonzept, das ein Zusammenleben von Mensch und Wolf ermögliche. “Mit dem heutigen Konzept (…) werden einzig Wolfstötungen behördlich legitimiert”, hiess es.

Knatsch im Wallis

Die Schweiz hat im Rahmen des Ausnahmeartikels der “Berner Konvention” mehrere Wölfe in ihrem Alpenraum zum Abschuss freigegeben. Die Tötung eines Wolfes im Unterwallis vor Wochenfrist hatte Empörung ausgelöst und Fragen aufgeworfen: So erfolgte der Abschuss des Männchens zwar durch Wildhüter im bewilligten Perimeter.

Allerdings ist nicht geklärt, ob es sich um das Tier handelte, das Ende September 31 Schafe riss; beim letzten Angriff war eine Wölfin am Werk gewesen.

Der WWF Unterwallis prüft zurzeit eine Strafanzeige gegen die Walliser Regierung, weil diese einem Rekurs gegen den Abschuss die aufschiebende Wirkung versagt hatte.

swissinfo und Agenturen

Das “Übereinkommen zur Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere sowie ihrer natürlichen Lebensräume” wurde 1979 in Bern unterzeichnet.

Es schützt rund 600 Pflanzenarten sowie 111 Säugetiere-, 363 Vogel und zahlreiche weitere Tierarten.

Damit setzt sie regional viele jener Ziele um, die mit der Biodiversitätskonvention von 1992 weltweit festgelegt wurden und ist ein wichtiges Instrument der internationalen Artenschutzpolitik.

Die auf den Wolf bezogene Schweizer Politik stützt sich auf drei Pfeiler:

Unterstützung für die Züchter, um das Kleinvieh zu schützen.

Entschädigung im Schadenfall.

Abschuss-Genehmigungen bei grossen Schäden

Das Bundesamt für Umwelt hat unter diesen Zielsetzungen ein “Konzept Wolf” in Zusammenarbeit mit betroffenen Kantonen und Kreisen ausgearbeitet.

Dieses Konzept trat am 21. Juli 2004 in Kraft.

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