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Zunehmendes Burnout schadet auch den Firmen

Arbeitsüberlastung und mangelnde Interaktion mit Kollegen sind Burnout-Risiken. Keystone

Ausgebrannt sein (Burnout) betrifft immer mehr Arbeitende. Experten sind einhellig der Ansicht: Vorbeugen ist besser als Heilen.

Unter den gefährdetsten Personengruppen befinden sich Kadermitarbeiter sowie Angestellte aus dem Gesundheits- und Bildungsbereich und Journalismus.

Rund 500 Führungskräfte, Personalvertreter, Gesundheitsbeauftragte und weitere Vertreter der Wirtschaft haben am Donnerstag in Freiburg an einer Tagung zum Thema Burnout teilgenommen.

Die Tagung “Leistungsfähigkeit erhalten – Burnout muss nicht sein” wurde vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) und der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz organisiert. Zu den Referenten gehörte auch Peter Richter, Professor für Arbeits- und Organisations-Psychologie an der Universität Dresden.

Im Zentrum der Tagung stand die Problematik, die Anzeichen für ein Burnout rechtzeitig zu erkennen. Peter Richter zu swissinfo: “Eine der Burnout-Hauptursachen ist der Verlust der Reziprozität bei den sozialen Beziehungen. Mit anderen Worten: Wir müssen viel mehr geben als wir zurück erhalten.”

Alarmsignale sind etwa psychische Beeinträchtigungen, Änderungen im Verhalten, Rückenbeschwerden, chronische Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme, Schlafstörungen oder Herz-/Kreislaufprobleme.

Kein individuelles Problem

Die Fachleute sind sich einig, Burnout ist nicht ein rein individuelles Problem. Es hängt immer mit den Arbeitsbedingungen sowie dem beruflichen und privaten Umfeld zusammen. Deshalb werden die Arbeitgeber aufgefordert, sich aktiv an der Burnout-Prävention zu beteiligen.

Massnahmen gegen Burnout in Betrieben müssen auf sozialer, personeller und Organisationsstufe ansetzen. Dazu gehören etwa vielfältige und möglichst ganzheitliche Arbeitsaufgaben, genügend Handlungsspielraum, eine optimale Nutzung der Fähigkeiten der Mitarbeiter, interessante Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten sowie eine ausgebaute Partizipation.

Emotionale Erschöpfung

Burnout kann entweder als Unfähigkeit des Einzelnen, die gestellten Aufgaben zu erledigen angesehen werden, oder als Folge schädlicher Organisationssysteme und Arbeitsbedingungen.

“Beide Faktoren spielen zusammen, die Arbeitsbedingungen sind jedoch die wesentlichere Ursache”, sagt der Schweizer Arbeits- und Organisations-Psychologe Hans Kernen gegenüber swissinfo.

“Burnout-Symptome sind eine Art emotionaler Erschöpfung. Dies manifestiert sich in Energiemangel, Leere-Gefühlen, verstärkten Anstrengungen, um am Arbeitsprozess überhaupt teilnehmen zu können, und der Unfähigkeit, sich richtig zu entspannen”, erläutert Kernen.

Immer mehr Betroffene

Obwohl Burnout nach wie vor ein Tabuthema ist, belegen Studien, dass immer mehr Angestellte sich ausgebrannt fühlen. Eine Untersuchung des Gelsenkirchener Instituts für Arbeit und Technik ergab, dass 41% der befragten Projektmitarbeiter in der IT-Branche starke Anzeichen chronischer Erschöpfung zeigen.

Einer Studie des Instituts für Journalistik in Dortmund zufolge fühlen sich ein Fünftel bis ein Drittel der befragten Journalisten ausgebrannt. Kernen wies nach, dass nahezu jeder fünfte Manager gefährdet ist.

“Burnout tritt auf allen Niveaus der professionellen Hierarchie auf: In Berufen mit niedrigem Status, von Callcenter-Mitarbeitenden bis zu Lehrpersonen, bei Angestellten des Sozial- oder Medizin-Sektors, sowie beim mittleren Management”, so Richter.

Auch freie Mitarbeiter sind vor Burnout nicht gefeit. Richter nennt als Gründe die fehlende Arbeitsplatzsicherheit, prekäre Arbeitssituationen mit wenig sozialer Unterstützung von Kollegen und Managern.

swissinfo und Agenturen

Burnout drückt sich in emotionaler, psychischer und physischer Erschöpfung aus.

Das Syndrom wächst mit steigender Arbeitsauslastung. Es bewirkt eine gewisse Distanz der Mitarbeitenden zu ihrer Arbeit und damit einen Ertragsrückgang.

Gemäss einer aktuellen Untersuchung fühlen sich rund ein Drittel der Arbeitnehmenden in der Schweiz gestresst, besonders junge.

Gemäss einer Studie des Staatsekretariats für Wirtschaft (seco) belaufen sich die Burnout-Kosten jährlich auf über 4 Mrd. Franken.

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SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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