Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Amerikas Schweizer Zuckerbäcker

Der Jubilar mit zwei früheren Kolleginnen: Dank Schokolade noch immer rüstig. Rita Emch

Schokolade erhält jung: Mit seinen fast 90 Jahren ist der Schweizer Patissier Albert Kumin, der "Michelangelo der Schokolade", der beste Beweis dafür. Vor Kurzem wurde er mit einer Veranstaltung im Lincoln Center in New York für sein Lebenswerk geehrt.

“Ich hatte ein wirklich gutes Leben”, erklärte Kumin im Verlauf der Feier – und man nimmt es ihm ab. Er strahlt Ruhe und Gelassenheit aus, eine innere Zufriedenheit liegt in seinen Augen.

Unter den zahlreichen Amerikanerinnen und Amerikanern, denen Kumin mit seinen Kreationen das Leben versüsst hat, findet man so illustre Namen wie Marylin Monroe oder Jimmy Carter. Kumin kann nicht nur auf eine lange Karriere als Zuckerbäcker in renommierten Häusern zurückblicken, sondern machte sich auch einen Namen als Lehrer.

Zahlreiche bekannte Pastry-Chefs der USA haben ihr Handwerk bei diesem Schweizer “Maitre Confiseur” gelernt oder vertieft. Unter den über hundert Gästen, die dem rüstigen Jubilar ihre Ehre erwiesen, fanden sich neben Freunden und Bekannten viele Kollegen und ehemalige Studentinnen Kumins.

Nick Malgieri, einer der Organisatoren, erklärte, Kumin sei für ihn so etwas wie ein zweiter Vater. Wo man sich bei der Feier auch umhörte oder erkundete, alle waren voller Lob für Kumin.

Von Wil in die weite Welt

Albert Kumin ist am 13. Januar 1922 in Wil im Kanton St. Gallen geboren und machte dort seine Lehre als Bäcker-Konditor. Danach hatte er in der Schweiz verschiedene Stellen, zu seinen Kollegen gehörten auch ein Ägypter, ein Brasilianer und ein New Yorker. Deren Erzählungen über ihre Heimatländer weckten Kumins Interesse an der weiten Welt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es dann soweit: 1948 fand er im Hotel Ritz Carlton in Montréal (Kanada) eine Stelle. Es war der Anfang einer Karriere, die ihn zu einem der bekanntesten Patissiers Nordamerikas machen sollte. In Kanada lernte er auch seine spätere Frau Eva kennen, mit der er noch heute zusammen ist.

1958 folgte der Umzug nach New York. Kumin wurde Pastry-Chef im renommierten “Four Seasons”, wo absolute Topqualität verlangt wurde. “Die wollten nur das Beste vom Besten. Es war eine grosse Herausforderung und brauchte Selbstvertrauen, aber ich wusste, ich kann das machen”, erinnert sich der Jubilar. “Qualität war mir immer ein Anliegen.”

1972 nahm Kumin am Culinary Institute of America seine Laufbahn als Lehrer auf. 1976 holte ihn der Restaurateur Joe Baum als Chef-Patissier in die Restaurants im World Trade Center, zu denen auch das “Windows on the World” gehörte.

Neben Qualität ging es dort auch um Quantität. Sein Team bestand aus 42 Leuten. “Schon bald stellten wir innerhalb von 24 Stunden 2700 Desserts her.” Wenn er heute daran denke, wisse er kaum mehr, “wie wir das geschafft haben”.

Dabei half ihm neben der handwerklichen Erfahrung offensichtlich seine Sozialkompetenz. Kumin habe es verstanden, auch unter Druck Ruhe und Übersicht zu bewahren, erklären ehemalige Kollegen und Bekannte. Er habe viel gefordert von seinen Teams, aber auch selber immer viel gegeben.

Kumin, Jimmy Carter, Marylin Monroe

Nach speziellen Momenten seiner Karriere befragt, erwähnt Kumin die Zeit als Pastry Chef im Weissen Haus unter Präsident Jimmy Carter. “Das war eine interessante Zeit”, erklärt er und verweist etwa auf einen Besuch des Papstes oder die Nahost-Gespräche in Camp David.

Was er nie vergessen werde, sei ein Treffen mit Marylin Monroe. “Sie kam in die Küche des ‘Four Seasons’ und hat alle persönlich begrüsst. Sie war sehr nett. Und eine sehr hübsche Dame”, erinnert er sich mit Schalk in den Augen.

Michelangelo der Schokolade

1984 wurde Kumin Pastry-Chef bei der Grosshandels-Bäckerei Country Epicure und eröffnete im Norden New Yorks seine eigene Kochschule, das International Pastry Arts Center.

Dort erhielten Hunderte von Confiseuren und anderen Koch-Profis Einblick in die Schweizer Patisserie-Kunst. Kumin ist bekannt für sein Gestalten mit Schokolade, das er zu einer wahren Kunst entwickelt hat.

Thomas Harris, ein ehemaliger Schüler und Kollege, rief eine Aussage in Erinnerung, die der Restaurateur Joe Baum gemacht habe: “Kumin ist der einzige Patissier, der Schokolade gestaltet wie Michelangelo – und gleichzeitig Tausende von Brötchen backen kann.”

In den späten 1980er-Jahren zog Kumin nach Vermont, wo er bis heute seiner zweiten Passion nachgeht, dem Gärtnern. Daneben gründete er mit seiner Tochter Julie die Firma “Green Mountain Chocolates”. Spezialität: Truffes nach Schweizer Rezept. Vor einigen Jahren verkauften Kumin und seine Tochter die Firma.

 Walliser Orden und Torten-Parade

Bei der Feier ehrte Botschafter François Barras, der Schweizer Generalkonsul in New York, Albert Kumin für dessen Lebenswerk. Sein handwerkliches Geschick mit Schokolade und Gebäck, Kernstücken der traditionellen Schweizer Gastronomie, seien eine Ehre für sein Heimatland.

Zudem hängte Barras Kumin eine blaue Schleife mit einer Plakette um, die den Patissier als “Chevalier Gourmet” auszeichnet, verliehen von der Walliser Weinbruderschaft “Ordre de la Channe”.

Abschliessender Höhepunkt der Veranstaltung war eine Parade mit Geburtstags-Kuchen. Die kunstvollen Torten repräsentierten je einen wichtigen Abschnitt im Leben des Jubilars. Gefertigt hatten die Torten Freunde, frühere Studenten und Kollegen Kumins.

 Albert Kumin ist am 13. Januar 1922 in Wil (St. Gallen) geboren.

Nach der Lehre als Bäcker-Konditor in Will folgen verschiedene Stellen in der Schweiz.

1948 tritt er seine erste Stelle im Ausland an, als Chef-Patissier im Ritz Carlton in Montréal. In Kanada lernt Kumin auch seine spätere Frau Eva kennen.

1958 wird Kumin Pastry-Chef im renommierten New Yorker Hotel “Four Seasons”.

1972 beginnt Kumin seine Laufbahn als Lehrer am Culinary Institute of America in New York.

1976 wird er Executive Pastry Chef der Restaurants im World Trade Center und entwickelt alle Desserts und Gebäckwaren für die Dutzenden von Betrieben, darunter das “Windows on the World”.

1979 wird er Pastry-Chef im Weissen Haus unter Präsident Jimmy Carter.

1984 wird er Executive-Pastry-Chef der Grosshandels-Bäckerei Country Epicure und gründet 1985 das International Pastry Arts Center, seine eigene Kochschule im Norden New Yorks.

Später zieht er nach Vermont um, wo er mit seiner Tochter 1988 die Firma “Green Mountain Chocolates” gründet, die vor allem Truffes nach Schweizer Art produziert. Vor einigen Jahren haben sie die Firma verkauft.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft