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Hat die Schweiz wirklich den besten Service public der Welt?

Für Bundesrätin Doris Leuthard verfügt kein anderes Land der Welt über einen öffentlichen Dienst in einer solch hohen Qualität, wie ihn die Schweiz kennt. swissinfo.ch hat die Fakten auf den Prüfstand gestellt.

“Wir haben den besten Service public der Welt. Die Menschen gelangen mit den Schweizerischen Bundesbahnen oder dem Postauto in jedes noch so abgelegene Tal der Schweiz”, sagte Bundesrätin Doris Leuthard am 12. Mai in einem InterviewExterner Link mit der Gratiszeitung 20 Minuten. Grosse Worte und grosses Lob für die öffentlichen Dienste in der Schweiz.

Laut der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) würde dies ganz klar nicht mehr zutreffen, sollte die Volksinitiative “Pro Service public” bei der Abstimmung am 5. Juni angenommen werden. “Diese Initiative ist eine Mogelpackung, die den Service public schwächen und ein Loch in die Bundeskasse reissen würde”, sagte sie im gleichen Interview.

Doch warum ist Leuthard derart überzeugt, dass die Schweiz den besten Service public der Welt hat? Da es keinen internationalen Index gibt, der die Leistungen des öffentlichen Dienstes in verschiedenen Ländern misst, kann die Behauptung von Doris Leuthard nur teilweise und von Sektor zu Sektor überprüft werden.

Schweizer Bahnen Spitze

Im März 2015 veröffentlichte die Boston Consulting Group einen BerichtExterner Link, in dem sie die Leistungen der Bundesbahnen verschiedener europäischer Länder verglich. Die Experten des multinationalen Beratungsunternehmens untersuchten drei Elemente: Die Nutzungsquote von Zügen, die Servicequalität (darunter auch die Pünktlichkeit) und die Sicherheit. Wie schon bei der letzten Untersuchung von 2012 fand sich die Schweiz mit der Note 7,1 von 10 an erster Stelle, vor Schweden und Dänemark.

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Weitläufiges Poststellen-Netz

Die Leistungen des Postdienstes einzuschätzen, ist eine schwierigere Aufgabe. Einige Daten des Weltpostvereins ermöglichen zumindest, sich ein Bild über die Abdeckung des Poststellen-Netzes zu machen.

In den letzten 15 Jahren hat die Schweizerische Post ihr Netz weitgehend umgebaut. 2000 gab es noch 3383 Poststellen, 2014 waren es noch deren 2222. In zahlreichen Dörfern wurden alternative Lösungen eingeführt, wie etwa die Abwicklung gewisser Postdienstleistungen in Ladengeschäften.

Während die Schweiz 2000 noch über eine Poststelle pro 2146 Einwohnerinnen und Einwohner verfügte, lag das Verhältnis 2014 bei einer Poststelle auf 3500 Personen. Die folgende Grafik zeigt, dass das Schweizer Poststellennetz dennoch engmaschig geblieben ist, auch wenn das Land hier nicht mit den Besten mitmischt.

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Wenn es hingegen um die Pünktlichkeit der Zustellung geht, findet sich die Schweiz in der Spitzengruppe wieder. 2013 wurden laut einer MitteilungExterner Link der Eidgenössischen Postkommission 97,6% aller Briefe mit prioritärer Zustellung (A-Post) am nächsten Arbeitstag zugestellt. Auch wenn die Unterschiede in der Europäischen UnionExterner Link minim waren (der Grossteil der Länder liegt bei über 90%), erreichte nur Luxemburg einen annähernd hohen Wert.

Eine weitere interessante Zahl ist die durchschnittlich von einer Poststelle abgedeckte Fläche. Auch in diesem Fall kann das Schweizer Poststellennetz sicherlich als hervorragend bezeichnet werden: Durchschnittlich gibt es eine Poststelle pro 18,5 Quadratkilometer. Nur Deutschland und die Niederlande stehen hier besser da.

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Hat die Schweiz nun den besten Service public, wie dies Doris Leuthard behauptet? Wir würden dies nicht so kategorisch sagen. Doch zu den besten gehört er bestimmt.

(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

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