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Kampf gegen Geldwäscherei: Die Schweiz, eine fast gute Schülerin

Im vergangenen Jahr haben die Schweizer Banken den Behörden mehr als 17,5 Milliarden Franken an vermuteten Geldwäscherei-Fällen gemeldet. Martin Ruetschi

Die Schweiz hat in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen, um ihr System zur Bekämpfung der Geldwäscherei zu verbessern. Noch gibt es aber einige Lücken, die bis Anfang nächsten Jahres geschlossen werden müssen.

Drogen- und Waffenhandel, Schmuggel, Korruption, Cyber-Kriminalität: Jahr für Jahr generieren Aktivitäten des organisierten Verbrechens substanzielle Profite, die in die legale Wirtschaft eingespiesen werden, indem ihre Herkunft verschleiert wird. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) entspricht das Volumen der Geldwäscherei insgesamt mindestens 2% des globalen Bruttoinlandprodukts.

Die “Reinigung” illegaler Gelder ist in den letzten Jahrzehnten durch die Digitalisierung und den starken Anstieg der internationalen Finanztransaktionen sehr viel einfacher geworden. Ende der 1980er-Jahre entschieden die Mitgliedstaaten der G7 und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) deshalb, eine koordinierte Aktion für die Bekämpfung der Geldwäscherei zu lancieren. Die Kontrolle der Finanzströme sei im Kampf gegen das organisierte Verbrechen eines der wirksamsten Instrumente, so die Idee dahinter.

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Internationale Geldwäscherei-Bekämpfung

Auf Initiative der G7 wurde 1989 die Expertengruppe für den Kampf gegen Geldwäscherei (FATFExterner Link) gegründet, um internationale Standards für den Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie andere Bedrohungen der Integrität des internationalen Finanzsystems zu entwickeln. Heute hat diese zwischenstaatliche Institution 39 Mitglieder, darunter rund 20 europäische Länder, die USA, China, Japan, Indien, Brasilien und Argentinien.

Rund 180 Länder haben bisher zugestimmt, die FATF-Standards zu übernehmen, die in Form von 40 Empfehlungen die Massnahmen definieren, die ergriffen werden sollten, um den Fluss schmutziger Gelder zu identifizieren und zu blockieren. Zu den Massnahmen gehört die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde für den Kampf gegen Geldwäscherei, grössere Transparenz im Finanzsektor, die Schaffung eines strafrechtlichen Rahmens und die Zusammenarbeit mit anderen Ländern.

Wo steht die Schweiz?

Die Schweiz ist seit 1990 FATF-Mitglied. Damals galt der Finanzplatz Schweiz noch als eine der wichtigsten Plattformen für das Waschen von schmutzigem Geld aus der ganzen Welt. Dies wurde nicht nur durch das Bankgeheimnis und die Verwaltung ausländischer Vermögenswerte erleichtert, sondern auch durch einen rechtlichen und steuerlichen Rahmen, der die Gründung von Tausenden von Offshore-Gesellschaften stark begünstigte.

Unter internationalem Druck und nach verschiedenen Fällen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren ans Licht gekommen waren, hatte der Bund die Sorgfaltspflichten der Banken mehrmals verschärft. 1997 wurde schliesslich auch ein Gesetz gegen GeldwäschereiExterner Link verabschiedet. Diese Gesetzgebung verlangt unter anderem die Identifizierung der Kunden beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen und das Melden von Fällen, bei denen Verdacht auf Geldwäscherei besteht.

Die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte spiegeln sich in der wachsenden Zahl von Verdachtsfällen, die von Banken und anderen Finanzintermediären gemeldet werden. Allein im Jahr 2018 erhielt die Meldestelle für GeldwäschereiExterner Link (MROS) mehr als 6100 Meldungen zu Verdachtsfällen, die Vermögenswerte von insgesamt 17,5 Milliarden Franken betrafen.

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Bestehen noch Lücken?

Die Wirksamkeit der Rechtsvorschriften für den Kampf gegen die Geldwäscherei wurde auch im vierten Länderexamen der Schweiz bestätigt, den die FATF Ende 2016 veröffentlichte. Die Schweiz erzielte ein gutes Gesamtresultat, das über dem Durchschnitt der 80 Länder lag, die von der FATF bisher unter die Lupe genommen wurden. Bei 9 der 40 FATF-Empfehlungen zeigte der Bericht aber noch Schwachstellen im System und damit Verbesserungspotential auf.

Um diese Lücken zu schliessen, legte die Regierung dem Parlament im vergangenen Juni einen Entwurf für eine Revision des Geldwäscherei-Gesetzes vor. Einer der Kernpunkte ist, dass die Regelungen der Sorgfaltspflichten auch auf jene Personen ausgeweitet werden sollen, die beratende Dienstleistungen bei der Gründung und Verwaltung von Gesellschaften oder Trusts erbringen.

Die “Panama Papers” hatten die Beteiligung von über 1000 Anwaltskanzleien und anderen Dienstleistern aus der Schweiz am Aufbau von Offshore-Gesellschaften in Panama aufgezeigt, die darauf abzielten, Steuern zu vermeiden oder Geld zu waschen.

Dem Gesetzesentwurf zufolge werden sich in Zukunft auch Vereine, bei denen die Gefahr besteht, dass sie für Terrorismus-Finanzierung oder zur Geldwäscherei missbraucht werden könnten, im Handelsregister eintragen müssen. Zudem soll der Schwellenwert, ab dem Edelmetall- und Edelsteinhändler Sorgfaltspflichten einhalten müssen, gesenkt werden, von bisher 100’000 auf 15’000 Franken.

Das Parlament ist nun aufgefordert, die bestehenden Lücken in der Gesetzgebung bis Februar 2020 auszuräumen, wie es die FATF erwartet. Die nächste FATF-Länderprüfung über die Wirksamkeit der Schweizer Rechtsvorschriften im Kampf gegen die Geldwäscherei steht 2021 an.

(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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