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Noch kein Vergleich im UBS-Steuerstreit in den USA

Keystone

Die Bemühungen um einen Vergleich über die US-Zivilklage gegen die Grossbank UBS haben noch keinen Durchbruch gebracht. Dies machten die Parteien am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit dem US-Bundesbezirksrichter Alan Gold in Miami deutlich.

Der Richter folgte einem Antrag der UBS-Anwälte und setzte eine weitere Telefonkonferenz mit den Parteien auf Freitag an.

Wenn dann keine konkreten Aussichten auf einen raschen Vergleich bestehen, wird der Prozess am 3. August in Miami beginnen.

US-Richter Alan Gold erklärte sich auch bereit, den Prozessbeginn um eine Woche auf den 10. August zu verschieben, falls die beiden Parteien dies wünschten.

Unterschiedliche Einschätzung

Der UBS-Anwalt Gene Stearns beteuerte an der Telefonkonferenz vom Mittwoch, man sei nur noch “Minuten entfernt von einem Vergleich”. Er bat daher um etwas zusätzliche Zeit und schlug für Freitag eine weitere Telefonkonferenz vor.

Stuart Gibson, der Anwalt der USA, zeigte sich hingegen weniger zuversichtlich, dass eine Einigung in Reichweite sei, auch wenn die Verhandlungen noch andauerten. Daher hatte er beantragt, der Prozess sollte wie geplant am Montag beginnen.

Treffen der Aussenministerinnen

Am Freitag steht ein weiterer wichtiger Termin im Zusammenhang mit der Steueraffäre auf der Agenda. Die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey wird in Washington ihre US-Amtskollegin Hillary Clinton treffen. Dabei wird es neben aktuellen bilateralen und internationalen Themen auch um den UBS-Rechtstreit gehen.

In zähen Verhandlungen suchen Regierungsvertreter der USA und der Schweiz seit Mitte Juli, wie den US-Ansprüchen genüge getan werden kann, ohne das Schweizer Bankgeheimnis zu verletzen.

Denn mit der Herausgabe der Kontendaten würde sich die UBS unter Schweizer Rechtstrafbar machen.

Zivilklage der US-Steuerbehörde

Bei der Gerichtsverhandlung in Miami, die ursprünglich am 13. Juli hätte beginnen sollen, geht es um die Zivilklage der US-Steuerbehörde IRS, die von der UBS die Herausgabe von Angaben zu 52’000 Konten fordert, deren Inhaber der Steuerhinterziehung verdächtigt werden.

Richter Gold setzte den Prozess am 13. Juli für drei Wochen aus, um den beiden Regierungen Zeit für Vergleichs-Verhandlungen zu geben.

Die UBS und der Bundesrat argumentieren, dass das Schweizer Recht einen solchen Schritt nicht zulässt.

In einem umstrittenen Entscheid hatte die UBS auf Verfügung der Finanzmarktaufsicht (Finma) der US-Justiz bereits am vergangenen 18. Februar 255 Kundendossiers von mutmasslichen US-Steuerbetrügern ausgehändigt.

Brisante neue Entwicklung

Just in diesem kritischen Moment sind nun auch die Schweizer Behörden in ein schiefes Licht geraten, nachdem sich in den USA am Dienstag ein weiterer UBS-Kunde vor einem Gericht in Florida schuldig bekannt hat, über Konten bei der UBS und einer “kleineren Schweizer Bank” 8 Mio. Dollar vor dem US-Fiskus versteckt zu haben.

Weil der UBS-Kunde, ein US-Unternehmer, in dem Zusammenhang einen “hohen Schweizer Regierungsbeamten” der Bestechung bezichtigte, reichte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) am Mittwoch Strafanzeige gegen Unbekannt ein. Die Bundesanwaltschaft (BA) hat sich der Sache angenommen.

Korruption vorgeworfen

Der Kunde behauptete, ein Schweizer Beamter habe sich von ihm mit 45’000 Dollar bestechen lassen. Das Geld sei geflossen, nachdem der Beamte versichert habe, dass die Angaben über die betreffenden Konten nicht zur Offenlegung gegenüber den US-Behörden bestimmt seien.

Ursprünglich hatte der US-Unternehmer Gerichtsdokumenten zufolge im Juli 2008 aus Angst vor einem Auffliegen sein Vermögen in die USA überweisen und den dortigen Steuerbehörden sein Konto offenlegen wollen.

Ein Schweizer Anwalt habe ihn aber mit der Begründung davon abgebracht, dass ein Schweizer Bankmanager – der früher bei der UBS gewesen sei – Kontakte habe zu “einem hochrangigen Regierungsbeamten”. Dieser Beamte habe versichert, dass die Kontodaten des mutmasslichen Steuerhinterziehers nicht preisgegeben würden.

Drittes Schuldbekenntnis

Der Mann, der am Dienstag vor Gericht stand, ist bereits der dritte UBS-Kunde, der sich im Zusammenhang mit den Steuerermittlungen in Florida schuldig bekennt. Welche Schweizer Bank neben der UBS in den Fall verwickelt ist, geht aus den Gerichtsdokumenten nicht hervor.

Der UBS-Kunde nannte auch keine Namen, weder des Beamten, noch des Bankmanagers, noch des Anwalts. Unbekannt ist auch, in welcher Behörde der bestochene Beamte tätig sein soll.

Fragezeichen bleiben auch beim zeitlichen Ablauf: Die Finma hatte erst im Februar 2009 die Herausgabe von rund 250 Kundendaten wegen mutmasslichen Steuerbetrugs an die US-Behörden verfügt.

Gemäss der Darstellung des UBS-Kunden hätte die Liste der Steuerbetrüger aber bereits letzten Sommer feststehen müssen. Erst nach der Herausgabe dieser Liste hatten die USA Tausende weitere Dossiers verlangt.

Ein taktisches Manöver?

Bundespräsident Hans-Rudolf Merz glaubt nicht an den Bestechungsvorwurf gegen einen Bundesbeamten im Zusammenhang mit der Steueraffäre der UBS. Dies sagte er gegenüber der “Tagesschau” des Schweizer Fernsehens.

Merz schliesst nicht aus, dass es sich um ein taktisches Manöver handelt: “Ja, es gibt in der psychologischen Kriegsführung, um es einmal dramatisch zu sagen, schon verschiedene Möglichkeiten und immer wieder Aussagen, die auch dazu dienen, eben Druck auszuüben”, sagte der Bundespräsident. Es gehe hier aber um konkrete Aussagen, die es rechtsstaatlich abzuklären gelte.

Rita Emch, New York, swissinfo.ch und Agenturen

Im Mai 2008 war den US-Behörden ein Fisch ins Netz gegangen, auf den sie lange gewartet hatten: Eine Untersuchung der Steuerbehörde IRS zu den Tätigkeiten des russischen Immobilienhändlers Igor Olenicoff trug den Ermittlern den Namen seines Privatbankiers Bradley Birkenfeld ein.

Dem ehemaligen Direktor der Private-Banking-Abteilung der UBS konnte nachgewiesen werden, im Ausland betrügerische Anlagefonds und Firmen gegründet zu haben, um rund 150 Mio. Dollar an Vermögen reicher Klienten wie Olenicoff zu verbergen.

Im Februar 2009 beugte sich die UBS dem Druck der US-Behörden. Nachdem die Finanzmarktaufsicht (Finma) eine entsprechende Verfügung erlassen hatte, übergab die Bank Daten von rund 250 Kunden, die des Steuerbetrugs verdächtigt wurden. Zudem zahlte sie eine Busse Dollar.

Nur einen Tag nach dem Vergleich doppelten die US-Behörden mit der nun hängigen Zivilklage nach, mit der die US-Behörden von der UBS Angaben zu 52’000 Konten verlangen, deren Besitzer der Hinterziehung von Steuern verdächtig werden.

Die UBS argumentierte, mit einer Herausgabe der Daten würde Schweizer Recht – vor allem das Bankkundengeheimnis – verletzt. Die Klage sollte daher aus Respekt vor Rechtssprechung und Souveränität eines anderen Staates nicht weiter verfolgt werden.

Diesen Standpunkt vertritt auch die Schweizer Regierung, die selber juristisch nicht Prozesspartei ist.

Am 13. Juli hatten die Parteien im Rechtsstreit einen Aufschub des Prozessbeginns bis am 3. August erreicht. Der Aufschub sollte dazu dienen, eine aussergerichtliche Einigung zu erreichen. Zwischen den beiden Regierungen sind seither intensive Verhandlungen über einen Vergleich im Gange.

Am 31. Juli wird die Schweizer Aussenministerin Micheline Clamy-Rey in Washington mit ihrer US-Amtskollegin Hillary Clinton zusammentreffen. Dabei wird es unter anderem um den Rechtsstreit gehen.

Kommt es in den nächsten Tagen zu keiner Einigung, wird der Prozess am 3. August beginnen.

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