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Was macht eigentlich der Schweizer Bundeskanzler?

Bundesrat 2020
Offizielles Bundesrats-Foto 2020. Links Walter Thurnherr, der Bundeskanzler, der die Bezeichnung "achter Bundesrat" nicht mag. Bundeskanzlei / Annette Boutellier / Yoshiko Kusano

"Hat die Schweiz neuerdings acht Mitglieder in der Regierung?", fragen uns Leserinnen und Leser aus dem Ausland jeweils, wenn das neue Foto des Bundesrats erscheint. Darauf sind tatsächlich acht Personen zu sehen. Aber nein, es ist alles wie bisher.

Der Bundesrat, die Regierung der Schweiz, hat nach wie vor sieben Mitglieder. Bei der achten Person, sie befindet sich fast immer am rechten oder linken Rand des traditionellen Bundesratsfotos, handelt es sich um den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin.

Anders als in Deutschland oder Österreich ist die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler in der SchweizExterner Link nicht die mächtigste politische Person des Landes. Obwohl sie in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen wird als die sieben Regierungsmitglieder, hat sie politischen Einfluss. Wie gross dieser ist, hängt von der Person selbst aber auch von den jeweiligen Regierungsmitgliedern ab.

In der Vergangenheit wurde der eine oder andere Bundeskanzler als achter Bundesrat bezeichnet. Die letzte Amtsträgerin, Corina Casanova (2008 bis 2015) sah ihre Rolle eher als diskrete Staatsdienerin. 

Auch der amtierende Bundeskanzler, Walter Thurnherr, bezeichnet sich lieber als obersten Beamten denn als achten Bundesrat. Vor der Wahl von Bundesrätin Viola Amherd Ende 2018 war Thurnherr allerdings als aussichtsreicher Kandidat für die Landesregierung gehandelt worden. Dieser Karriereschritt gelang bisher noch keinem und keiner seiner Vorgänger und Vorgängerinnen.

Gewählt wird der Bundeskanzler – in bisher zwei von insgesamt 17 Fällen war es eine Bundeskanzlerin – von der Bundesversammlung (grosse und kleine Parlamentskammer).

Bundeskanzler gab es nämlich viele Jahre vor den ersten Bundesräten. Er ist die älteste heute noch bestehende Institution der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bereits 1803 beschloss die Tagsatzung, einen Eidgenössischen Kanzler einzusetzen, der mit der Gründung des Bundesstaates von 1848 zum Bundeskanzler wurde.

Die meisten Bundeskanzler wurden aus dem Parlament rekrutiert und gehörten einer Bundesratspartei an. Nur die Schweizerische Volkspartei (SVP) konnte noch nie einen Bundeskanzler stellen. Die erste Bundeskanzlerin, Annemarie Huber-Hotz (FDP) amtete von 2000 bis 2007.

Neben der parteipolitischen Prägung spielt heute vermehrt auch die Geschlechterfrage eine Rolle.

In der Schweiz leitet der Bundeskanzler die Bundeskanzlei, welche die Regierungsgeschäfte plant und koordiniert. Und er nimmt an den wöchentlichen Bundesratssitzungen teil, wo er eine beratende Funktion hat. Als Stabschef der Regierung kann er vermitteln, koordinieren, Berichte mitverfassen, Vorschläge machen und sogar Anträge stellen. Nur abstimmen darf er nicht.

In den Zuständigkeitsbereich gehört ausserdem die Kommunikation der Landesregierung sowie die Durchführung der Abstimmungen und Nationalratswahlen (grosse Parlamentskammer).

Dafür erhält er einen Lohn, der 80% eines BundesratssalärsExterner Link entspricht, also rund 360’000 Franken. 

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