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Hilfsbereite Schweizer Studierende

Für Flüchtlinge ist es wegen Zulassungshürden und Sprachbarrieren nicht einfach, in der Schweiz zu studieren. Keystone

Matura oder Studium von Flüchtlingen werden in der Schweiz selten anerkannt. Das bringt Schweizer Studierende auf den Plan: Der Verband fordert deshalb einen besseren Zugang zu Universitäten für Flüchtlinge.

Für Flüchtlinge ist es schwierig, in der Schweiz zu studieren oder ein angefangenes Studium abzuschliessen. Anders als in Deutschland gibt es in der Schweiz keine Programme, die geflüchtete Studierende in die Universitäten integrieren.

Und es bestehen noch weitere Hürden und Probleme, wie der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) an einer Pressekonferenz in Zürich aufzählte:

  • Bei der Zuweisung eines Flüchtlings an einen Kanton werden dessen Sprachkenntnisse nicht berücksichtigt. Ein Flüchtling mit guten Französischkenntnissen landet möglicherweise in der Deutsch- statt in der Westschweiz, auch wenn er kein Wort Deutsch kann.
  • Die Hochschulen verlangen Sprachkenntnisse mit Niveau C1 des Europäischen ReferenzrahmensExterner Link. Die Sozialdienste bezahlen Sprachkurse aber nur bis Niveau B1 oder B2.
  • Flüchtlinge, deren Reifezeugnis aus dem Heimatland von den Schweizer Universitäten nicht anerkannt wird, müssen eine Matura-Äquivalenzprüfung absolvieren. Im Unterschied zu früher gibt es nur noch private Kursangebote, die mit 20’000 Franken für die meisten Flüchtlinge unerschwinglich sind.
  • Nur anerkannte Flüchtlinge haben einen Anspruch auf Stipendien. In der Schweiz sind die meisten Kriegsflüchtlinge jedoch nur “vorläufig Aufgenommene“.

Der VSS fordert daher in einem PositionspapierExterner Link unter anderem die Berücksichtigung der Sprachkenntnisse bei der Kantonszuweisung, weniger strenge Anforderungen an die Sprachkenntnisse beim Universitätszugang, staatliche Vorbereitungskurse für die Zulassungsprüfung und Stipendien für alle.

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Einstellung der Bevölkerung ist wichtig

“Die Forderungen des Studierendenverbands stossen auf offene Ohren”, sagte Michael Hengartner, Präsident swissuniversities und Rektor der Universität Zürich, an der Pressekonferenz. Es seien an Schweizer Universitäten zahlreiche Projekte geplant oder bereits im Gange, welche studierende Flüchtlinge unterstützten.

Hengartner zeigte sich sehr erfreut über die Solidarität der Schweizer Studierenden. Ein Engagement der Bevölkerung helfe den Flüchtlingen bei der Integration, sagte er und verwies diesbezüglich auf die positiven Erfahrungen mit ungarischen Flüchtlingen vor rund 60 Jahren.

Studierende geben Sprachunterricht

Schweizer Studierende engagieren sich schon seit Längerem für Flüchtlinge, die hier studieren möchten. An zahlreichen Universitäten haben die Studierenden aus Eigeninitiative Projekte ins Leben gerufen, beispielsweise das Pilotprojekt “Offener HörsaalExterner Link” in Basel oder Mentoring-Programme, bei denen freiwillige Studierende die Flüchtlinge beraten, betreuen oder ihnen Sprachunterricht erteilen.

In Zürich gründeten Studierende den Verein “Students Across Borders”, der ab Frühjahrssemester 2017 soziale Anlässe für Flüchtlinge und Studierende organisieren und studentische Deutschlehrer an Flüchtlinge vermitteln wird.

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Studium: Das müssen Flüchtlinge wissen

  • Zulassung: In der Schweiz entscheidet jede Hochschule autonom, welche ausländischen Maturitätsabschlüsse sie anerkennt. SwissuniversitiesExterner Link bietet eine unverbindliche Übersicht über die Bewertung von Schulabschlüssen nach Ländern. Bei teilweiser Anerkennung kann die zentrale Ergänzungsprüfung der Schweizer Universitäten (ECUSExterner Link) absolviert werden. An einigen Universitäten im Tessin, der Westschweiz und Luzern kann auch ohne Matura studiert werden.
  • Finanzierung: Anerkannte Flüchtlinge können sich für StipendienExterner Link beim Wohnkanton bewerben. Private StiftungenExterner Link unterstützen in Einzelfällen.
  • Studiengänge: Informationen zu den möglichen Studiengängen finden Sie auf www.berufsberatung.ch/studiumExterner Link oder www.studyprogrammes.chExterner Link.
  • Schnupperstudium: An einigen Universitäten (LuzernExterner Link, ZürichExterner Link, GenfExterner Link, BaselExterner Link) können Flüchtlinge kostenlos Vorlesungen besuchen. In Genf können teilweise Prüfungen absolviert werden.
  • Hörer: Flüchtlinge können sich auch auf eigene Kosten als sogenannter “Hörer” oder “Auditor” einschreiben und einzelne Vorlesungen besuchen. Ein Abschluss ist allerdings nicht möglich.
  • Sprachkenntnisse: An Schweizer Universitäten wird je nach Hochschule auf Deutsch, Französisch, Italienisch und teilweise Englisch unterrichtet. Voraussetzung sind Sprachkenntnisse auf Niveau C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens.

Kontaktieren Sie die Autorin @SibillaBondolfi auf FacebookExterner Link oder TwitterExterner Link.


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