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Thomas Borer verlässt EDA

Das Ehepaar Borer-Fielding kehrt nicht in die Schweiz zurück. Keystone

Der abberufene Schweizer Botschafter in Berlin wechselt in die Wirtschaft. Aussenminister Deiss wirft Borer illoyales Verhalten vor.

In einer schriftlichen Erklärung begründete Borer seinen Entscheid, der Diplomatie den Rücken zu kehren, unter anderem mit mangelnder Unterstützung aus dem Aussenministerium (EDA). Eigentlich sollte Thomas Borer auf den 1. Mai nach Bern zurückkehren.

Bundesrat Joseph Deiss bezeichnete die Vorwürfe Borers gegenüber Schweizer Radio DRS als “absolut inakzeptabel”. Obwohl Borer in entscheidenden Fragen nicht die Wahrheit gesagt und sich über klare Instruktionen hinweggesetzt habe, habe er ihm eine gute Lösung vorgeschlagen. Mit seinem Verhalten habe Borer seinerseits gezeigt, dass er nicht loyal sei, sagte Deiss.

Das EDA hatte zuvor erklärt, Thomas Borer habe Bundesrat Joseph Deiss per Fax darüber informiert, dass er seinen Arbeitsvertrag per 30. April auflösen wolle. Laut Informationschef Ruedi Christen ist die Kündigung noch nicht rechtsgültig. Es bestehe eine Kündigungsfrist. Aussenminister Deiss werde dem Gesamtbundesrat an der nächsten Sitzung die Kündigung unterbreiten.

Berufliches und Persönliches

“Nach reiflicher Überlegung und mit grossem Bedauern habe ich entschieden, dass ich unter den gegebenen Umständen meinem Ministerium auch nicht in anderer Funktion dienen kann”, schreibt Borer in seiner am Samstagabend in Berlin veröffentlichten Erklärung.

Für den Entscheid macht Thomas Borer berufliche und persönliche Gründe geltend. Darunter falle “insbesondere der offensichtliche, gut dokumentierte Mangel an Unterstützung und Loyalität durch mein Aussenministerium in der zurückliegenden Auseinandersetzung”, schreibt er.

Borers bleiben in Deutschland

Borer und seine Frau Shawne Fielding bleiben vorerst in Deutschland. Sie werden in die Villa Kampffmeyer in Potsdam bei Berlin ziehen. “Dort werden wir weiter den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zirkel pflegen, den wir in Berlin aufgebaut haben”, heisst es in der Erklärung weiter.

Von dort aus werde er seine “strategische Tätigkeit im Dreieck Deutschland-Schweiz-USA planen”. Seine Frau werde ihre Arbeit als Botschafterin für SOS-Kinderdörfer fortsetzen und auch weiterhin für die Expo.02 wirken.

Ende einer steilen diplomatischen Karriere

Borer war Anfang April nach Medienberichten über einen angeblichen Frauenbesuch in der Botschaft aus Deutschland abberufen worden. Das EDA hatte die Abberufung damit begründet, dass der Botschafter sein Land nicht mehr glaubwürdig vertreten könne.

Die Borer-Fieldings waren durch ihre glamourösen Auftritte in Berlin zu Society- und Medienstars geworden. Das Schweizer Aussenministerium hatte den Diplomaten jedoch mehrfach deutlich kritisiert.

Der am 29. Juli 1957 in Basel geborene Borer war 1987 in den Dienst des EDA getreten. Zunächst war er auf der Direktion für Völkerrecht, bevor er in Nigeria und in Genf im diplomatischen Einsatz stand. Am 25. Oktober 1996 übergab ihm der Bundesrat die Leitung der Task Force “Vermögenswerte Naziopfer” im Range eines Botschafters.

Auf Ende März 1999 löste der Bundesrat die Task Force auf. Borer überwand darauf gleich einige Sprossen auf der diplomatischen Karriereleiter und landete auf dem prestigeträchtigen Posten des Schweizer Botschafters in Berlin.

Nachfolger Baumann

Zum Nachfolger Borers in Berlin ernannte der Bundesrat letzten Mittwoch Werner Baumann, der zur Zeit Botschafter auf den Philippinen ist. Noch muss die deutsche Regierung ihr Agrément geben. Der 55-jährige Diplomat ist seit 1978 im Dienst des EDA.

swissinfo und Agenturen

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