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“Bauernsterben” in der Schweiz geht weiter

Trügerische Idylle: Der Schweizer Bauernalltag ist oft ein Überlebenskampf. Keystone

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft schreitet voran, aber das Tempo hat sich in den letzten beiden Jahren leicht verlangsamt.

Tiefe Milchpreise und die Sommer-Rekordhitze dürften die bäuerlichen Einkommen im laufenden Jahr aber stark nach unten ziehen, wie es im Agrarbericht 2003 hiess.

Zwischen 2000 und 2002 haben 3116 Bauern oder im Schnitt 2,2% ihren Hof aufgegeben. Im Zeitraum von 1990 bis 2000 waren total 22’278 Betriebe verschwunden, was 2,7% pro Jahr ausmachte.

Diese Zahlen gehen aus dem Agrarbericht 2003 hervor, den das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) am Montag präsentierte. Begründung des BLW für den verlangsamten Trend: Die allgemeine Wirtschaftsentwicklung, welche den Bauern zur Zeit nicht viele Alternativen biete.

Während es 1990 in der Schweiz noch 92’815 Bauernbetriebe gegeben hatte, waren es 2002 noch gesamthaft deren 67’421. Dem anhaltenden Strukturwandel fielen ausschliesslich Betriebe bis 20 Hektaren zum Opfer, wie BLW-Direktor Manfred Bötsch in Bern vor den Medien ausführte.

Nicht nur Kleine verschwinden

“Eine Besserung ist nicht in Sicht”, so Bötsch weiter. Er forderte, dass sich die Politik nicht weiter am 10-Hektaren-Betrieb orientieren dürfe, denn damit ziele sie an der Realität vorbei.

“Nicht nur Kleinstbetriebe mit einer Fläche bis 3 Hektaren gingen ein, auch die Betriebe der Grössenklassen 3 bis 20 Hektaren sind seit 1990 klar rückläufig”, sagte Bötsch.

Einkommensloch für laufendes Jahr erwartet

Die Schätzungen des BLW für 2003 zeigen, dass die bäuerlichen Einkommen 2003 gegenüber dem Vorjahr erheblich abnehmen dürften. Hauptsächlich verantwortlich dafür sind die um zirka 4 Rappen pro Kilo tieferen Milchpreise sowie die Ertragseinbussen wegen der langanhaltenden Trockenheit im Sommer 2003.

Gemäss Agrarbericht war im Jahr 2002 das Einkommen um 1% tiefer als im Durchschnitt der drei Vorjahre. Gegenüber 2001 legte es hingegen um 4,7% zu. Die einzelbetrieblichen Einkommen sind im Jahr 2002 im Durchschnitt auf dem tiefen Niveau des Vorjahres verblieben.

Schere zwischen Gross- und Kleinbetrieben

Hinter den durchschnittlichen Werten verbergen sich grosse Unterschiede zwischen den Betrieben mit den besten und jenen mit den tiefsten Ergebnissen. Die Gesamteinkommen der Bauernfamilien (samt Nebenerwerb) reichen von 48’000 bis 111’000 Franken.

“Von einem Arbeitsverdienst von 5000 Franken pro Arbeitskraft und Jahr könne eine Familie nicht leben”, sagte Bötsch dazu. Kritisch werde es für jene Betriebe, die über eine längere Zeit einen Eigenkapitalverzehr aufweisen würden. Dies sei 2000/02 bei rund einem Drittel der Referenzbetriebe der Fall.

Mehr und mehr Bio…

Die ökologischen Leistungen der Landwirtschaft haben – wie in den letzten zehn Jahren – auch zwischen 2001 und 2002 weiter zugenommen. Die von Biobetrieben bewirtschaftete Fläche nahm um weitere 8% zu.

Insgesamt betrug der Anteil der Bioflächen im Jahr 2002 total 9,6% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die ökologischen Ausgleichsflächen legten um 3% auf 95’500 Hektaren zu. Davon lagen 49’000 Hektaren im Talgebiet (Ackerbauzonen und Hügelzone).

… und immer tierfreundlicher

Auf Schweizer Bauernhöfen werden zudem immer mehr Tiere gemäss Vorgaben des Bundes artgerecht gehalten.

Auslauf im Freien erhielten 61% Kühe und Rinder, was ein Plus von 8% bedeutet. Immerhin 30% der Tiere wurden in besonders tierfreundlichen Ställen gehalten, was eine Zunahme von 12% ausmacht.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz gab es 2002 noch 67’421 Bauernbetriebe. 1990 waren es noch deren 92’815 gewesen.
Das “Bauernsterben” verlangsamte sich leicht, weil die Bauern wegen der schlechten Wirtschaftslage nicht viele alternativen Einkommensmöglichkeiten haben.
Für 2003 wird wegen tiefer Milchpreise und den Ertragsausfällen infolge der sommerlichen Rekordhitze ein Einbruch der Bauerneinkommen erwartet.
Die biologisch bebauten Flächen haben auf total knapp 10% zugenommen.
Der Anteil der artgerecht gehaltenen “glücklichen” Tiere auf den Bauernhöfen ist ebenfalls gewachsen.

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