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Anklage gegen Schweizer Banker und Anwalt in USA

"Noch eine Gelegenheit, mit der Regierung ins Reine zu kommen": Douglas Shulman. Keystone

Das US-Justizministerium hat vor dem Bundesbezirksgericht in Miami (Florida) Anklage erhoben gegen zwei Schweizer, einen Banker und einen Rechtsanwalt. Den Schweizern wird Verschwörung zum Zweck des Steuerbetrugs vorgeworfen.

Die Anklage erfolgte nur einen Tag, nachdem die USA und die Schweiz das Abkommen unterschrieben hatten, mit dem der UBS-Steuerstreit um die Offenlegung von Kundendaten beigelegt werden soll.

Laut Anklage handelt es sich bei einem der Angeklagten um einen Manager der Neuen Zürcher Bank (NZB), einer Privatbank. Bis 2002 sei er bei der UBS im grenzüberschreitenden Bankengeschäft mit Nordamerika tätig gewesen. Beim zweiten Angeklagten geht es um einen Schweizer Anwalt von US-Kunden.

Die Angeklagten hätten reichen amerikanischen Kunden geholfen, Vermögenswerte vor dem US-Fiskus zu verstecken, etwa indem sie fingierte Briefkastenfirmen und Trusts gegründet hätten, heisst es in einer Pressemeldung des US-Justizministeriums.

Den beiden Schweizern wird weiter vorgeworfen, sie seien für Geschäfte mit ihren Kunden regelmässig in die USA gereist. Bei der Einreise hätten sie jeweils fälschlicherweise erklärt, die USA aus persönlichen Gründen zu besuchen.

Weiter gehe aus den Gerichtsdokumenten hervor, dass die Angeklagten den Kunden davon abgeraten hätten, sich den US-Steuerbehörden IRS zu stellen und reinen Tisch zu machen, schreibt das Justizministerium. Sie sollen ihren Kunden empfohlen haben, stattdessen Vermögenswerte von der UBS abzuziehen und bei der Neuen Zürcher Bank anzulegen.

Gerichtspolizeiliches Verfahren

Die Angeklagten sollen ihren Klienten erklärt haben, dass deren Vermögenswerte und Identität bei der NZB sicherer seien. Da die NZB in den USA keine Präsenz habe, sei es weniger wahrscheinlich, dass sie von den US-Behörden unter Druck gesetzt werden könnte, die Identität ihrer US-Kunden offen zu legen.

Zwei in den Gerichtsdokumenten namentlich aufgeführte Klienten der Angeklagten, darunter der US-Unternehmer Jeffery Chernick, waren kürzlich im Zusammenhang mit Steuerbetrug angeklagt worden.

Chernick hatte in seinem Schuldbekenntnis angegeben, dass sich ein hoher Beamter des Eidgenössischen Finanzdepartments mit Hilfe eines Bankers und eines Anwalts für vertrauliche Informationen über UBS-Kundendaten mit 45’000 Dollar habe schmieren lassen. Im Zuge der Vorwürfe hat die Bundesanwaltschaft ein gerichtspolizeiliches Verfahren eingeleitet, wie sie am Donnerstag bekannt gab.

Selbst anzeigen – oder Strafverfolgung droht

“Das Justizministerium wird Hinweisen von US-Steuerzahlern, die sich dem IRS freiwillig stellen, um ihre Konten im Ausland offen zu legen, weiter nachgehen und Strafverfolgungen gegen ausländische Banker und Banken einleiten, die US-Kunden illegalerweise bei der Hinterziehung von Steuern halfen”, wird der amtierende Vize-US-Generalstaatsanwalt John DiCicco in der Pressemeldung zitiert.

DiCiccio rät ausländischen Banken, illegale Praktiken den US-Behörden gegenüber offen zu legen, bevor die US-Behörden von reuigen Steuersündern darüber informiert würden.

Zitiert wird in der Pressemeldung auch Douglas Shulman, der Chef der Steuerbehörde IRS: Die Anklage sei ein weiterer Schritt “in unseren andauernden Bemühungen, versteckten Offshore-Vermögen nachzugehen – wo immer sie sich auch befinden”.

Erst am Anfang

Die Behörden stünden erst am Anfang ihrer Arbeit im Kampf gegen Offshore-Steuerflucht. Doch die Bemühungen brächten immer mehr Informationen über fehlbare Institutionen und Individuen an den Tag.

Die Behörden würden “sämtliche uns zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um diesen Missbrauch zu stoppen”, drohte der IRS-Chef.

“Leute mit versteckten Konten im Ausland haben jetzt noch eine Gelegenheit, mit der Regierung ins Reine zu kommen”, sagte Shulman unter Hinweis auf das Programm zur Selbstdeklaration beim IRS, mit dem amerikanische Steuersünder eine Strafverfolgung vermeiden können. Das Programm läuft noch bis 23. September.

Rita Emch, swissinfo.ch, New York

Der Angestellte der Neuen Zürcher Bank (NZB), der von den US-Behörden wegen Beihilfe zu Steuerbetrug angezeigt wurde, ist entlassen worden.

Der Bankangestellte sei per sofort freigestellt worden, sagte eine NZB-Sprecherin am Freitag.

Von den nun zur Anzeige gebrachten Praktiken des entlassenen Mitarbeiters habe die Bank erst jetzt erfahren. Die NZB habe US-Kunden zur Selbstanzeige bei den Steuerbehörden aufgefordert.

Die US-Justizbehörden haben ihren Kampf gegen Steuersünder, die Vermögenswerte im Ausland vor dem US-Fiskus versteckten, in den letzten Monaten verstärkt.

Mit dem ehemaligen UBS-Kundenberater Bradley Birkenfeld, der sich im Sommer 2008 vor Gericht der Beihilfe zum Steuerbetrug schuldig bekannt hatte, war den US-Behörden ein Fisch ins Netz gegangen, auf den sie lange gewartet hatten.

Birkenfeld war geständig und arbeitete mit den Behörden zusammen. Am 21. August 2009 wurde er von einem Gericht in Florida zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt. Damit fiel das Urteil gegen den früheren UBS-Kundenberater härter aus als von der Anklage gefordert.

Das Geständnis von Birkenfeld hatte den Stein im UBS-Steuerstreit zwischen der Schweiz und der USA ins Rollen gebracht. Die Anklage legte dar, wie Bradley und einer seiner Kunden Steuerhinterziehung planten. Die Behörden kamen zu einer Fülle von weiterführenden Informationen.

Bereits vier millionenschwere Steuerbetrüger mit UBS-Konten – Igor Olenicoff, Steven Rubenstein, Robert Moran und Jeffrey Chernick – sind mittlerweilen geständig.

Letzte Woche bekannte sich ein weiterer Unternehmer vor einem Gericht in Kalifornien schuldig, sein Schweizer Bankkonto vor der US-Steuerbehörde IRS verborgen zu haben.

Am Mittwoch unterzeichneten die Schweiz und die USA einen Vergleich, um den UBS-Rechtsstreit um die Klage zur Offenlegung von Kundendaten aussergerichtlich zu beenden.

Die US-Steuerbehörden sehen von der Zivilklage ab. Damit verzichten sie auf die ursprünglich geforderten Informationen über 52’000 UBS-Konten. Die Schweiz verpflichtet sich im Gegenzug, ein rund 4450 Konten betreffendes neues Amtshilfegesuch der USA innert eines Jahres zu bearbeiten.

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