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Arbeitsplatz in der Londoner “Gurke”

swissinfo.ch

Er arbeitet im gläsernen Swiss-Re-Turm im Finanzbezirk Londons für den weltgrössten Schweizer Rückversicherungs-Konzern: Der französisch-schweizerische Doppelbürger Emmanuel Uhlhorn.

In der britischen Metropole gefällt es ihm sehr, am ehesten zuhause fühlt sich der “Franzose mit Deutschschweizer Charakter” aber in Zürich.

Der Arbeitsort ist spektakulär, auch wenn der 180 Meter hohe Turm aus Stahl und Glas mit 41 Stockwerken nicht der höchste Wolkenkratzer Londons ist. Der schönste und kühnste ist er allemal.

Der einfache und runde Turm, seiner Form halber auch “Gurke” oder “Gherkin” genannt, ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Sicherheitsmassnahmen sind rigoros.

Der Swiss-Re-Tower des britischen Stararchitekten Norman Foster steht dort, wo 1992 das Gebäude der “Baltic Exchange” durch einen Bombenanschlag der Irisch-Republikanischen Armee IRA zerstört wurde. Drei Menschen starben.

Der weite Blick

Emmanuel Uhlhorn ist einer von Hunderten, die in diesem Markenzeichen der Londoner Skyline täglich ein- und ausgehen.

Seit September 2005 arbeitet der 38-jährige Versicherungsexperte im 5. Geschoss. Er beschäftigt sich in erster Linie mit Kunden aus dem Bankensektor. Nur eine Handvoll der 400 Swiss-Re-Leute sind Schweizer.

Für den in Frankreich geborenen Schweizer repräsentiert das zweithöchste Gebäude im Londoner Finanzbezirk ein modernes und innovatives Unternehmen. Die Arbeitsbedingungen seien gut: “Die Grossraumbüros bieten viel Platz, der Lichteinfall ist optimal. Und der Blick auf die Stadt ist wunderbar.”

In der Tat sieht man aus 180 Metern Höhe die City von London, die niedrigen Häuser des East End, im Süden die Themse. Der Blick reicht trotz Dunst sehr weit. Eine Stadt, die kein Ende nimmt.

Ohne Angst im Untergrund

Uhlhorn fährt jeden Morgen mit der U-Bahn von seiner Wohnung nördlich des Hyde-Parks, nahe der Schweizer Botschaft, quer durch die Stadt gen Osten. Die Fahrt dauert rund eine halbe Stunde. An mögliche Terroranschläge denkt der “Risiko-Experte” dabei kaum.

“Man muss realistisch bleiben, die Wahrscheinlichkeit abwägen und relativieren. Das gehört zu meinem Job”, erzählt der Swiss-Re-Mann in der Bar unter der Glas-Kuppe des Turms.

Er sagt dies ruhig und bestimmt, wohlwissend, dass das mächtige Londoner Wahrzeichen, als potentielles Ziel für Terroristen eingestuft, strengstens bewacht wird.

Uhlhorn gefällt es enorm in der britischen Millionenstadt. Weder der viel bemängelte öffentliche Verkehr noch die häufigen Regenschauer machen ihm zu schaffen. “Die Berge sind allerdings sehr weit weg. Es ist nicht leicht, aus der Stadt rauszukommen. Dafür hat es grosse, schöne Parks.”

Multikulturelle Familie

Dorthin geht er an Wochenenden mit seiner Frau, die aus China stammt, und seinem vor kurzem geborenen Kind. Zudem besitzt er eine Wohnung in Paris, wo er früher für Swiss Re tätig war.

“Ich bewege mich im Dreieck London-Paris-Zürich. In Zürich fühle ich mich am meisten zu Hause. Wenn ich mit Leuten in London rede, habe ich manchmal das Gefühl, ein Fremder zu sein.”

Mit seiner Frau spricht Emmanuel Uhlhorn Englisch, mit dem Baby einen Mix aus Französisch und Englisch, seine Frau spricht mit dem Kind Kantonesisch. Englisch ist Uhlhorns Business-Sprache, Französisch bleibt seine erste Sprache. Selber bezeichnet er sich als Deutschschweizer französischer Muttersprache, der zur Zeit in London lebt.

Wie lange er in England bleiben wird, weiss er nicht. Das hängt auch von seinem Arbeitgeber ab. Mindestens drei Jahre möchte er aber bleiben, um die Stadt “möglichst gut kennen zu lernen und von dieser Erfahrung zu profitieren”.

Der “moderne Anpasser”

Und dann geht’s vielleicht zurück an den Hauptsitz in Zürich, eine Stadt, die wie London ein internationaler Finanzplatz ist. “Nur die Dimension ist anders. London gehört zur Weltspitze und konkurriert mit New York.” Auch im kulturellen Bereich sei London viel internationaler und multikultureller.

Der “Deutschschweizer Franzose” ist schon viel gereist und hat vielerorts gewohnt. Sich Anpassen fällt ihm nicht schwer. Aus Distanz merke man auch, welche Freundschaften von Dauer seien. “Ich habe überall, wo immer ich war, Freunde behalten.”

Zudem biete ein Wohnortwechsel auch immer die Möglichkeit, den Freundeskreis zu erweitern. “Das ist positiv.”

swissinfo, Gaby Ochsenbein, London

Geboren 1968 in Strasbourg, Frankreich
Vater ist Franzose, Mutter Schweizerin
Seit 1985 Schweizer Bürger

1989-1993: Studium an der HEC (Hautes Etudes Commerciales) der Universität Lausanne
2002–2004: MBA an der Business School in Lausanne

Seit 1993 für Swiss Re tätig, u.a. in Zürich und Paris
Seit September 2005 für Swiss Re in London
Er ist mit einer Chinesin verheiratet.

Swiss Re hat im Februar 2007 ihr Londoner Gebäude an der St Mary Axe für 1,47 Mrd. Franken verkauft, Buchgewinn: 614 Mio. Franken.

Swiss Re bleibt bis 2031 Hauptmieterin und nutzt rund 40% der Fläche. Der Glasturm bietet 2500 Arbeitsplätze.

Das Gebäude des britischen Stararchitekten Lord Norman Foster wurde 2003 eröffnet. Es ist 180 Meter hoch und hat 41 Stockwerke.

Wegen seiner Form und Farbe bekam es den Übernamen “Gurke” verpasst.

Das imposante und eigenwillige Hochhaus gilt als eines der modernsten Wahrzeichen der britischen Metropole.

Die Swiss Re-Gruppe wurde 1863 in Zürich gegründet.
Sie ist der weltweit grösste Rückversicherungskonzern.
Swiss Re ist in über 30 Ländern tätig und beschäftigt 10’428 Mitarbeitende.


Versicherungen können sich bei Swiss Re gegen hohe Risiken wie z.B. Naturkatastrophen versichern.
Für den Terroranschlag vom 11. September 2001 zahlte Swiss Re dem Pächter des World Trade Center in New York 887 Mio. Dollar Entschädigung.

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