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Auch Volksreferendum gegen Steuerpaket

Symbolisches Sich-Bedienen aus der Staatskasse: Show-Einlage des Referendumskomitees vor dem Bundeshaus. Keystone

Nachdem die Kantone erstmals das Referendum gegen das Steuerpaket des Bundes ergriffen hatten, sprechen sich auch Parteien und Verbände dagegen aus.

Die Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Gewerkschaften geht mit ihrer inhaltlichen Kritik weiter als die Kantone.

Dem Steuerpaket des Bundes weht ein kalter Wind entgegen. Nach dem so genannten Kantons-Referendum kam nun auch ein Volks-Referendum gegen die Vorlage zu Stande.

Ein Komitee aus Sozialdemokraten, Grünen und Gewerkschaften reichte am Donnerstag 63’583 Unterschriften gegen die Sparvorlage des Bundes ein.

Bereits vergangene Woche hatten sich insgesamt elf Kantone für ihr eigenes Referendum entschieden – ein institutioneller Präzedenzfall in der Geschichte der Schweiz als Bundesstaat. Gemäss Bundesverfassung hätte ein Quorum von 8 Kantonen genügt.

Das Volk wird nun bei diesem “Doppelreferendum” das letzte Wort haben. Voraussichtlich fällt der Abstimmungstermin auf den 16. Mai 2004.

Teils unterschiedliche Motive

Die Motive von Kantone und der Koalition überschneiden sich dabei nur teilweise. Die Kantone wehren sich gegen die vom Steuerpaket vorgesehene Wohneigentumsbesteuerung, die das Verhältnis zwischen Mietern und Eigentümern von Wohnraum zu Ungunsten der Mieter verschieben würde.

Das Volksreferendum hingegen bekämpft auch jenen Teil des Steuerpakets, der die Ehe- und Familienbesteuerung betrifft.

Das Komitee stimmt beim Widerstand gegen die Wohneigentumsbesteuerung den Kantonen zu: Steuern zu senken, um nachher ein riesiges Sparpaket zu schnüren, entbehre jeder finanzpolitischen Logik, so die grüne Zürcher Nationalrätin Ruth Genner.

Wohneigentum, Steuerabzüge und Steuerhoheit

Bei den Steuerpakets-Vorschlägen zur Wohneigentums-Besteuerung würde die Fiskalkonstruktion “Eigenmietwert” zwar abgeschafft. Doch könnten Hausbesitzer weiterhin einen Teil der Hypothekarzinsen sowie sämtliche Liegenschaftskosten über 4000 Franken von der Steuer abziehen, kritisierte der Zürcher Gemeinderat Nicklaus Scherr.

Davon profitieren würden lediglich Villenbesitzer, nicht aber Stockwerk-Eigentümer in den Städten.

Mit diesen vorgegebenen Steuerabzügen zwinge das Steuerpaket die Kantone zu Ausgabenkürzungen. Damit entziehe der Bund den Kantonen Einnahmen. Das komme einem Angriff auf die kantonale Steuerhoheit gleich.

Steuergeschenke nur für wenige

Die inhaltliche Kritik am Steuerpaket des Bundes geht beim Komitee noch weiter. Die propagierte Entlastung der Familien sei eine Mogelpackung zu Gunsten der Reichen und der Hausbesitzer.

Das Paket vergebe Steuergeschenke an Reiche und Wohneigentümer, was angesichts der Sparanstrengungen quer in der Landschaft liege, erklärte Ruth Genner, Co-Präsidentin der Grünen, vor den Medien.

Konkret: Die vom Paket vorgesehenen Steuergeschenke fielen, so Genner, zu zwei Dritteln jenen sieben Prozent der Bevölkerung zu, die schon über hohe Einkommen verfügten.

Keine “Grosse Koalition”

Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) wird nicht als “Referendumskomitee” agieren. Sie schloss letzte Woche auch eine Abstimmungskoalition mit dem Initianten-Komitee des Volksreferendums aus. Denn die KdK vertritt sowohl die elf befürwortenden als auch die ablehnenden Kantone.

Die elf Referendums-Kantone werden sich also selber um die Finanzierung der Abstimmung kümmern müssen. Das ist nicht ganz einfach, da die Ausgangslage je nach Kanton unterschiedlich ist. In einigen Kantonen ist die Finanzierung von Abstimmungskämpfen gar ausgeschlossen.

swissinfo und Agenturen

Am 20. Juni 2003 hat das Parlament das “Steuerpaket 2001” gut geheissen. Es stellt vor allem Ehen und Familien, Hausbesitzer und den Kapitalmarkt (Stempelsteuer) besser.
Allein bei der direkten Bundessteuer würden sich die Einnahmenausfälle der Minderbesteuerung insgesamt auf etwas über zwei Mrd. Franken belaufen. Dabei entgingen dem Bund rund 1,5 Mrd. und den Kantonen 600 Mio. Franken.
Darüber hinaus entstünden für Kantone und Gemeinden zudem Ausfälle von 1,1 bis 1,3 Mrd. Franken bei den eigenen Steuern.

Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) stellt den Kantonen, die das Referendum ergriffen haben, im Abstimmungs-Kampf gegen das Steuerpaket des Bundes kein Geld zur Verfügung.

Es ist zur Zeit noch offen, wie der Abstimmungskampf für das Referendum gegen das Steuerpaket ausfallen wird. Das gilt auch für die Finanzierung.

Ausgeschlossen hat die KdK bereits eine Abstimmungs-Koalition mit den Initianten des Volks-Referendums. Dies aus Rücksicht gegenüber jenen Kantonen, die sich gegen das Kantons-Referendum aussprachen.

Da die KdK sowohl Befürworter wie auch Gegner des Referendums vertritt, befindet sie sich in einer heiklen Position.

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