Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

AUNS: Kampftruppe oder Sammelbecken?

AUNS-Geschäftsführer und SVP-Nationalrat Hans Fehr (links) und SVP-Parteipräsident Ueli Maurer vor einer Medienkonferenz in Bern. Keystone

Ihre Lieblingsfeindbilder sind EU und Schweizer Aussenpolitik, sie kämpft für die Erhaltung einer unabhängigen und neutralen Schweiz: die AUNS.

Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz führt am Samstag in Bern ihre 20. ordentliche Mitgliederversammlung durch.

Nein zu Schengen/Dublin bei der Abstimmung am 5. Juni 2005: Das sei das Hauptthema der Versammlung vom Wochenende, sagt AUNS-Geschäftsführer Hans Fehr, Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP). “Wir Schweizer Bürger brauchen eine unabhängige Schweiz, Europa braucht eine unabhängige Schweiz, und Schengen ist leider die Vorstufe zum EU-Beitritt”, so Fehr zu swissinfo.

“Wir wollen nicht kämpfen, damit gekämpft wird, wir wollen kämpfen, damit eine unabhängige, neutrale Schweiz weiter besteht, die ihre Angelegenheiten selbst bestimmen kann. Wir waren die Motoren für das Schengen-Referendum. Ich bin überzeugt, dass wir eine Mehrheit des Schweizer Volkes zu einem Nein bewegen können.”

Zuerst anti-UNO, dann anti-EU

1986 trat das Schweizerische Aktionskomitee gegen den UNO-Beitritt in Aktion – mit Erfolg: Eine klare Mehrheit von über 75% sprach sich gegen einen UNO-Beitritt der Schweiz aus. Am 19. Juni 1986 entstand in Bern aus dem Anti-UNO-Beitritts-Komitee unter der Ägide des damaligen SVP-Nationalrates Christoph Blocher die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS).

1992 führte die AUNS an vorderster Front den Abstimmungskampf gegen den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Den Kampf gegen jegliche Annäherung der Schweiz an Europa, sei es auf dem bilateralen oder direkten Weg, schreibt sich die AUNS nun auf die Fahnen. An die Stelle des früheren Hauptfeindes “Kommunismus” ist für die rechtsnationale Organisation nun “Brüssel” gerückt.

Verteidiger der Bundesverfassung

Obwohl die AUNS gemäss Statuten parteipolitisch neutral ist, geben bekannte Hardliner der Zürcher SVP den Ton an: Präsident und charismatische Figur war bis 15. Mai 2004 Christoph Blocher, Geschäftsführer ist Hans Fehr, im Vorstand sitzen u.a. die Nationalräte Christoph Mörgeli und Luzi Stamm.

Fehr sieht in der AUNS eine “kämpferische Truppe, eine überparteiliche Lobby, welche der
Bundesverfassung Nachachtung verschaffen muss”. Die Bundesverfassung verpflichte Bundesrat und Parlament, die Freiheit, Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz zu wahren und zu stärken. Leider mache die offizielle Bundespolitik in Bern das Gegenteil.

Und Ex-AUNS-Präsident und Bundesrat Blocher? “Der macht, so weit das möglich ist, unsere Arbeit im Bundesrat, und zwar mit Erfolg”, erklärt Hans Fehr. Die AUNS brauche es aber nach wie vor, als überparteiliche Lobby für Unabhängigkeit, Neutralität und Selbstbestimmung.

Identität stiften

Der Berner Politologe Hans Hirter sieht die AUNS weniger als “Kampftruppe” oder gar als “Kampftruppe der SVP”, wie das oft moniert wird. “Die AUNS ist für mich ein Auffangbecken für Leute, die eine stark isolationistische Aussenpolitik vertreten, die zum Teil in Parteien sind, sich aber dort mit ihrem besonderen Interesse zu wenig aufgehoben fühlen”, sagt Hirter gegenüber swissinfo.

Die AUNS sei eigentlich eher eine “stille Organisation”, die von Fall zu Fall öffentlich auftrete, bei Unterschriftensammlungen zum Beispiel, “aber nicht als Kampftruppe, die ständig an vorderster Front ist”. Da sei die SVP mit den Nationalräten Hans Fehr und Ulrich Schlüer viel aktiver.

“Ich denke, die AUNS ist wirklich so eine Art Heimat für ihre Mitglieder, wo sie mit Informationen versorgt werden. Die AUNS stiftet ihren Leuten Identität”, so Hirter.

Bei Unterschrift Wurst

“Mit Schengen wird der Schweizer Bürger über den Tisch gezogen: Man sagt, es gehe um Sicherheit, in Tat und Wahrheit geht es um den Abbau der Grenzkontrollen, letztlich um die Abschaffung der Grenzen, jeder kann hereinkommen”, sagt AUNS-Geschäftsleiter Fehr gegenüber swissinfo.

“Man verliert die Sicherheit, Schweizer werden den Arbeitsplatz verlieren. Das ist leider die falsche bundesrätlich Aussenpolitik. Man will unser Land um jeden Preis anpassen und in die Europäische Union einfügen.”

Deshalb hat die AUNS zusammen mit der SVP und anderen rechtsnationalen Organisationen letzten Oktober das Referendum gegen den Schengen-Beitritt und die Personenfreizügigkeit ergriffen und relativ rasch zustande gebracht.

Dabei war der AUNS jedes Mittel recht: Zum Start der Referenden wurden in der ganzen Schweiz 4200 Wienerli an Passanten verteilt und so je 7000 Unterschriften für beide Referenden gesammelt.

Ein Wort zum Extremismus

Der AUNS wurde auch schon eine zu grosse Nähe zu rechtsextremen Kreisen vorgeworfen. Die AUNS-Webseite wird als Linkadresse im sogenannten Thule-Netz, einem Kommunikationsorgan deutscher rechtsextremer und neonazistischer Bewegungen, aufgeführt. Dieser Link sei nicht von der AUNS aus zustande gekommen, sagt ihr Geschäftsführer.

Fehr zu swissinfo: “Wir bewegen uns strikte im Rahmen der Verfassung, der Demokratie. Wenn das die anderen, der Bundesrat und andere Parteien, nicht mehr tun, dann ist das höchst bedauerlich. Aber Sie müssen sehen, wenn wir uneingeschränkt diese Politik vertreten, dann kommen halt manchmal auch Leute hinterher, die wir lieber nicht wollen.”

Deshalb halte die AUNS zuoberst in den Statuten fest, dass es in der Organisation keinen Platz für jegliche Extremisten gebe. “Wir wollen sie nicht in der AUNS.”

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

19.06.1986: Gründung der AUNS
Organisationsform: Verein
Erster Präsident bis 15.05.2004: Christoph Blocher
1992: Erste Grosskampagne im Vorfeld der EWR-Volksabstimmung
Mitgliederzahl 2004: 34’009

Das Mitgliederbulletin der AUNS heisst “Grauer Brief”. “Grau” deshalb, weil die “Grauen Briefe” zum Zweck haben, “in die Grauzonen der schweizerischen Aussenpolitik hineinzuleuchten”, wie die AUNS schreibt.

Der “Graue Brief” weist eine Auflage von aktuell 36’000 Exemplaren auf. Er erscheint sechsmal jährlich in den drei Amtssprachen der Schweiz.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft