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Bauern fordern Schutzzölle

Schweizerische und norwegische Bauern am WTO-Sitz in Genf. Keystone

Bauern aus verschiedenen Ländern, auch aus der Schweiz, verlangen gewisse Schutzzölle, um die landwirtschaftliche Produktion zu schützen.

Sie überreichten der Welthandels-Organisation in Genf eine Resolution, um gegen die Gespräche zur globalen Liberalisierung zu protestieren.

Nach über 2’000 Kilometern Protestmarsch hat eine Gruppe von norwegischen Bauern am Dienstag ihr Ziel in Genf erreicht. Zusammen mit Kollegen aus der Schweiz und einer Reihe anderer Länder deponierte sie bei der Welthandels-Organisation (WTO) eine Resolution.

Die Bauern verlangen in ihrer Resolution, dass die WTO das Recht eines jeden Landes anerkennt, die Produktion von Nahrungsmitteln für den Eigenkonsum zu schützen und zu bewahren. Die Höhe und die Art der Zölle müssten es erlauben, auf die eigenen Produkte Rücksicht zu nehmen.

Auch müsse jedes der 148 WTO-Länder eine Reihe von sensiblen Produkten definieren und für diese spezielle Zölle beibehalten dürfen.

Für gerechte Landwirtschafts-Politik

“Wir sind von Norwegen nach Genf 2200 Kilometer für eine grosse Botschaft marschiert: Jedes Land hat das Recht auf eine eigene Agrarproduktion”, sagte Bjarne Undheim, Präsident des Norwegischen Bauernverbandes.

Unter dem Motto “Zukunftsmarsch für eine gerechte Landwirtschaftspolitik” waren etwa 500 Vertreter von Bauernorganisationen aus den Agrarimportländern Schweiz, Norwegen, Japan und Südkorea nach Genf gekommen, wo diese Woche der Generalrat der WTO tagt.

Getragen wird die Resolution von Bauernverbänden aus Norwegen, der Schweiz, Island, Japan, Korea, Nicaragua sowie aus einer Reihe von afrikanischen Staaten. Darin fordern sie unter anderem die Berücksichtigung von nicht handelsbezogenen Anliegen wie dem Umweltschutz.

Existenzgefährdende Liberalisierung

Auch die Schweizer Bauern wehren sich gegen Veränderungen, die am WTO-Gipfel im Dezember in Hongkong beschlossen werden könnten. Dort sollen die Gespräche der so genannten Doha-Runde, die im Jahre 2001 begonnen hatte und im Jahre 2003 scheiterte, zum Abschluss gebracht werden.

Sollte eine massive Liberalisierung des Agrar-Sektors beschlossen werden, bedeutet das ein grundsätzliches Ende der Subventionen für europäische Bauern. Schweizer Bauern müssten sich auch auf ein Ende der einheimischen Protektion durch Einfuhr-Zölle und andere Schranken gefasst machen.

Hansjörg Walter, Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV), sagte, weltweit würden von den Bauernfamilien grösste Anstrengungen verlangt. Trotzdem reichten die Einkommen vielerorts bereits heute nirgends hin.

Die geplanten neuen Liberalisierungs-Schritte im Rahmen der WTO würden Bauernbetriebe in Bedrängnis führen und die Existenz der Familien gefährden.

Er erinnerte daran, dass der Agrarhandel nur etwa 10 Prozent des Welthandels umfasst. In einer Welt, die von Armut geprägt sei, müsse es das wichtigste Ziel sein, die Nahrungsmittelproduktion in den bäuerlichen Familienbetrieben zu stärken.

Angst vor Billig-Importen

Die Schweiz sei mit einem Selbstversorgungsgrad von 60 Prozent Nettoimporteur von Nahrungsmitteln. “Wir haben unsere Grenzen für Importe aus den ärmsten Ländern weit geöffnet, wehren uns aber dagegen, dass wir mit Billig-Importen aus Industrieländern überflutet werden”, sagte er.

Die Schweizer Landwirte produzierten in einem teuren Kostenumfeld und müssten strenge Auflagen erfüllen. Laut John Dupraz, Vizepräsident des SBV, hat sich die Lage der Bauernfamilien seit dem Abschluss der Uruguayrunde 1994 weltweit verschlechtert. Zudem müssten die Konsumenten die Produkte teurer bezahlen.

Den USA Imperialismus vorgeworfen

Er rief die Unterhändler der Schweiz bei der WTO auf, gegenüber dem Imperialismus der USA und dem “Big Business” der multinationalen Konzerne standhaft zu bleiben.

Shinya Fujiki, Präsident der japanischen Jungbauern, betonte, eine wirkliche Globalisierung müsse die Produktions-Souveränität jedes Landes gewährleisten. Die WTO sei zwar weit von Japan entfernt, deren Entscheide hätten aber schwer wiegende Auswirkungen.

Eine Delegation überreichte dem Vorsitzenden der WTO-Agrarverhandlungen, Tim Groser, die gemeinsame Erklärung vor dem WTO-Sitz. Groser unterstrich, die Bauern hätten mit ihrem Marsch und der Erklärung ein demokratisches Recht ausgeübt. Zu den Forderungen wollte er sich nicht äussern.

Beratungen kritisch begleiten

Im Vorfeld der Sitzung des WTO-Generalrates meldeten sich am Dienstag neben den Bauern auch die Grünen und die entwicklungspolitische Organisation Erklärung von Bern (EvB) zu Wort.

Die Grünen forderten die Schweizer WTO-Delegation auf, sich gegen die Einführung eines Höchstzollsatzes auf allen Tarifstufen zu wehren und stattdessen auf einen Abbau der marktverzerrenden Exportsubventionen zu drängen.

Die EvB nimmt bis zum Donnerstag an einem “Generalrat des Volkes” teil. Dieser wurde von rund 70 Nichtregierungs-Organisationen ins Leben gerufen und wird die Beratungen des WTO-Generalrates in Genf kritisch begleiten.

swissinfo und Agenturen

Die Doha-Runde wurde 2001 begonnen und hätte 2004 abgeschlossen werden sollen.
Doch der Prozess wurde 2003 durch Probleme an der Ministerkonferenz von Cancún unterbrochen.
Die nächste Ministerkonferenz findet im Dezember 2005 in Hongkong statt.

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