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Birchermüesli goes Guinness-Book

Das klassische Birchermüsli, so wie es sein sollte. http://www.foodnews.at/news/rezepte/images/muesli.jpg

In Zürich wurde über eine Tonne Birchermüesli angerührt und verdrückt. Dieses Gelage kommt ins Guiness Buch der Rekorde. Der Rekord fand übrigens dort statt, wo das Müesli erfunden wurde - von einem Aargauer.

400 kg Müeslimischung, 425 l Vollmilch, je 20 l Orangen- und Zitronensaft, 80 kg Erdbeerjogurt, 200 kg geraffelte Äpfel, 50 kg Bananen und 75 kg Erdbeeren: Die Zutaten zum Riesen-Müesli wurden per Lastwagen nach Zürich gefugt.

5’000 bis 6’000 Menschen labten sich am erfrischenden Rekordmahl und die Organisatoren meinten gegenüber swissinfo, dass kein Tröpfchen mehr übrig bleiben würde bis zum Ende des Tages.

Weltnahrung Müesli

Das “Müesli” (Schweiz) existiert als “Müsli” (Duden-Deutsch), geistert als “Muesli” durch amerikanische Koch-Newsgroups oder füttert als “Musli” Balkan-Touristen. Doch gemeint ist immer dasselbe: rohes, gequetsches Getreide mit Obst und Nüssen.

Arzt als Rohköstler

Erfunden wurde das moderne Müesli um die letzte Jahrhundertwende vom Mediziner Maximilian Oskar Bircher-Benner. Der 1867 im Aargau geborene Anwalts-Sohn studierte in Zürich und eröffnete seine erste Praxis im Arbeiterquartier Aussersihl. Nach vier Jahren zog er ins bürgerliche Quartier Hottingen an den Zürichberg.

Bei all seinen Patienten, dem armen Arbeiter als auch der feudalen Bürgerin, entdeckte er dieselben Gesundheits-Mängel. Diese führte er auf fehlerhafte Ernährung zurück.

In ihm reifte eine Theorie, welche die damalige Ernährungslehre umkrempeln sollte: rohe Getreide, Früchte und Gemüse sind bessere Nahrungsmittel als Fleisch. Er kreierte dann das Ur-Müesli und nannte es “Apfeldiätspeise”.

Ursprung in der Mystik

Die Inspiration für diese Apfeldiätspeise – Haferflocken, Wasser, Äpfel, Zitrone und Kondensmilch – habe er, so soll er im Freundeskreis erklärt haben, beim Einkehren in Alphütten auf Bergwanderungen bekommen haben, schreibt Albert Wirz in seinem Buch über Bircher. Andere Forscher stiessen auf die Ursprünge des modernen Müesli im pakistanischen Himalaya: Das Volk der Hunza soll dort ein Ur-Müesli gegessen haben und viele Hundertjährige zählen.

Teller-Revolution

Doch bevor Birchers Kreation salonfähig wurde und als “Birchermüesli” die Welt eroberte, musste Bircher viel Häme und Spott über sich ergehen lassen. Als er seine Theorie 1900 vor der Zürcher Mediziner-Gemeinde vertrat, wurde er als unwissenschaftlich gebrandmarkt und ausgelacht. Schliesslich setzten damalige Mediziner auf Fleisch und Milch als Heilkost.

Müesli im Sanatorium

Doch der Arzt liess sich von der Kollegen-Schelte nicht entmutigen. In seinem Sanatorium behandelte er seine Patienten weiterhin nach seinen eigenen, ganzheitlichen Theorien und liess sein Müesli reichen. Im Garten standen Turngeräte und Spaziergänge gehörten zum Tagesprogramm, um kränkelnde Bürger wieder fit zu machen.

Frühstück-Müesli weltweit

Auch heute noch sind es besonders Sport-Treibende, die sich fürs Müesli begeistern. Besonders als Frühstück fand das Müesli seinen festen Platz auf dem Menuplan der Weltbürger.

Gewisse Fertig-Produkte haben mit dem Original indes nur noch den Namen gemeinsam. Birchers Ur-Rezept scheint den heutigen Vorlieben zu sauer, weshalb jede Firma ihr eigenes Müesli auf den Markt bringt. Dabei zuckern viele Hersteller tüchtig nach. So kann das an sich gesunde Müesli zur Kalorien-Bombe mutieren, wie eine deutsche Gesundheits-Site warnt.

Mit dem Eintrag ins Guiness-Buch hat das Bircher-Müesli endlich den Platz bekommen, den es eigentlich schon lange inne hat; das Number-One Breakfast.

Philippe Kropf

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