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Bis 200 km/h zwischen Zürich und Bern

Lokomotivführer Thomas Tschanz fährt mit ETCS. Keystone

Die Schnellstrecke der Schweizer Bundesbahn (SBB) zwischen Mattstetten und Rothrist wird ab Juli mit einem neuen Zugssicherungssystem ausgerüstet.

Bis Ende 2007 sollen sämtliche Züge dann statt mit 160 km/h mit 200 km/h rollen. Andere Strecken werden folgen.

ETCS heisst das Zugssicherungssystem, das die Europäische Union zum Standard für neue Bahnstrecken erhoben hat. Es soll die heutige Vielzahl verschiedener Zugssicherungssysteme verringern.

Fahrzeuge, die beispielsweise in Deutschland, der Schweiz und Italien fahren, müssen heute mit sieben Systemen ausgerüstet werden. Die Kosten für die Ausrüstung betragen rund ein Viertel der gesamten Fahrzeugkosten.

Auf der SBB-Neubaustrecke zwischen dem bernischen Mattstetten und dem aargauischen Rothrist wird nun auch in der Schweiz allmählich vom alten Signalisationssystem auf ETCS umgeschaltet, wie die SBB am Freitag in Olten bekannt gab. Der Vollbetrieb ist für Ende Jahr vorgesehen.

Dann sollen täglich über 240 Züge auf der 45 Kilometer langen Schnellstrecke mit ETCS überwacht werden.

Vorerst noch 160 km/h

Bis heute konnten die Züge nicht mit voller Geschwindigkeit, sondern nur mit 160 km/h zwischen Mattstetten und Rothrist fahren. Ab Dezember 2007 soll die Maximal-Geschwindigkeit auf 200 km/h erhöht werden.

Die Betriebsbewilligung für Fahrten mit 200 Stundenkilometern erwartet die SBB im Juli 2006.

Mittels ETCS werden von der Strecke aus Informationen, etwa die Signalisation, direkt in den Führerstand übermittelt. Die bisherigen Aussensignale könnten bei Geschwindigkeiten von über 160 km/h vom menschlichen Auge nicht mehr richtig
wahrgenommen werden. Der Lokführer fährt dann vollständig nach der Anzeige im Führerstand.

In den vergangenen zwölf Monaten wurde das neue ETCS Level 2 auf der Neubaustrecke mit mehreren tausend Testfahrten geprüft. Die Resultate stimmten zuversichtlich, hiess es bei den SBB.

Die bisherigen Investitionskosten für ETCS belaufen sich auf rund 610 Mio. Franken. Die Einführung von ETCS wird vom Bund finanziert.

Nicht nur eitel Freude

Eigentlich hätte ETCS bereits vor zwei Jahren auf der Neubaustrecke in Betrieb gehen sollen. Da das System Ende 2004 jedoch noch zu wenig ausgereift war, wurde die Inbetriebnahme um zwei Jahre verschoben. Bis im Sommer werden nun weitere Testfahrten unternommen.

Mit dem neuen System ausgerüstet werden soll auch der Neat-Basistunnel am Lötschberg, dessen Eröffnung für 2007 geplant ist.

“Wir unternehmen alles, damit wir zur Eröffnung des Basistunnels ETCS verfügbar haben”, erklärte Hess, angesprochen auf den engen Zeitplan.

Gelingt dieses Vorhaben am Lötschberg nicht, müssen die Züge auf ein Rückfallsystem mit Aussensignalen bei den Tunnelportalen ausweichen. Dies würde sich negativ auf die Kapazitäten – insbesondere im Güterverkehr – auswirken.

Abgespeckte Version

Bis Ende 2007 sollen in zehn Ländern über 20 Projekte umgesetzt und insgesamt rund 3000 Kilometer Bahnnetz mit ETCS ausgerüstet werden. Prioritär sind vor allem die wichtigen Hauptkorridore, so etwa jener von Rotterdam nach Genua. Dieser soll bis 2012 durchgehend ETCS-tauglich sein.

In der Schweiz werden mit ETCS die alten Systeme ZUB und SIGNUM ersetzt. Bis 2015 soll ETCS in der Schweiz grossflächig eingeführt sein, allerdings an den meisten Orten in einer abgespeckten Version. Die Level 2-Variante ist für die
Hochgeschwindigkeits-Strecken reserviert.

swissinfo und Agenturen

European Train Control System (ETCS) ist ein interoperables Zugsicherungssystem, das die technologische Grundlage für eine Kapazitäts-, Sicherheits- und Qualitätssteigerung bildet.

Ziel ist die Schaffung eines einheitlichen Zugsicherungs- und Zugsteuerungssystems zur Harmonisierung des gesamten europäischen Schienenverkehrs.

In einer zwölfmonatigen Pilotphase wurde auf der Strecke Zofingen–Sempach der fahrplanmässige Einsatz von ETCS Level 2 getestet.

Bis Ende 2007 werden gesamteuropäisch rund 3000 Kilometer Bahnlinie in zehn Ländern mit ETCS ausgerüstet sein.

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