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Armee soll Rütli-Feier retten

Polizisten beobachten Teilnehmer der Bundesfeier auf dem Rütli am 1. August 2005. Keystone

Der Bundesrat ist bereit, die Sicherheitskosten für einen allfälligen Armee-Einsatz auf dem Rütli zu übernehmen, sollte dort eine Bundesfeier stattfinden.

Die Innerschweizer Kantone hatten eine Übernahme der gesamten Sicherheitskosten, auch für Polizeieinsätze, gefordert.

Der Bundesrat habe seine Haltung bekräftigt, dass 1.-August- Feiern eine Angelegenheit der Kantone, Gemeinden und Privatpersonen seien, sagte Bundesratssprecher Oswald Sigg am Mittwoch vor den Medien. Bis dato lehnte die Landesregierung eine Beteiligung ab, weil es in der Schweiz keine nationale Feier gebe.

Die Kantone haben für besondere Ereignisse die Möglichkeit, beim Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) einen subsidiären Einsatz der Armee zu beantragen, damit die eigenen Sicherheitskräfte entlastet werden könnten, erklärte Sigg. Ein solcher Grosseinsatz finde etwa beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos statt.

Ausnahmsweise keine Rechnung

Dabei hält sich laut Sigg die Armee im Hintergrund. Die direkten Konfrontationen etwa mit Demonstrierenden müssten nach wie vor die Polizeikräfte übernehmen.

Es sei gesetzlich festgelegt, dass die Kantone für diese Leistungen aufkommen müssten. Der Bundesrat ist dieses Jahr ausnahmsweise bereit, für die Kosten eines solchen Einsatzes aufzukommen, wie Sigg weiter sagte.

Wie ein Einsatz der Armee für die Bundesfeier aussehen könnte und was er kosten würde, könne erst dann gesagt werden, wenn eine Anfrage der Kantone vorliege, sagte ein VBS-Sprecher. In solchen Situationen erbringe die Armee Logistikleistungen wie Luft- und Bodentransporte, die Überwachung des Luftraumes, von Gebäuden und Infrastrukturen sowie Kommunikationsaufgaben.

2006: 2 Millionen

Der überkantonale Polizeieinsatz an der letztjährigen Rütli-Feier hatte rund 2 Mio. Franken gekostet. 1,25 Mio. Franken entfielen auf externen Kosten. Dazu zählte der Beizug auswärtiger Polizisten, Sanität, Zivilschutz usw.

Der Aufwand der Zentralschweizer Polizeikorps war nicht speziell ausgewiesen worden, da er durch die ordentlichen Budgets abgedeckt war.

Der Aufwand für die Sicherheit an der Rütlifeier war wegen der zunehmenden Präsenz von Rechtsextremen – und in ihrem Gefolge auch der Linken – in den letzten Jahren stetig angestiegen.

Für das WEF hat das Parlament für die drei nächsten Jahre eine Unterstützung mit bis zu 5000 Soldaten zugesagt. Die Mehrkosten gegenüber einem normalen Militärdienst betragen rund 2 Millionen Franken. Zudem beteiligt sich der Bund jährlich mit 3 Millionen an den Kosten für die WEF-Sicherheitsmassnahmen.

Für die Fussball-Europameisterschaft EURO 08 sollen bis zu 15’000 Armeeangehörige im Einsatz stehen können.

Bedingungen nicht erfüllt

Die Zentralschweizer Kantone dürften am 1. August keinen Einschiffungsort für die Fahrt aufs Rütli zur Verfügung stellen. Der Bundesrat hat mit seinem Nein zu einer finanziellen Beteiligung die gestellten Bedingungen nicht erfüllt.

Dies sagte der Präsident der Zentralschweizer Justiz- und Sicherheitsdirektoren, der Nidwaldner Beat Fuchs, nach einer Telefonkonferenz mit seinen Amtskollegen. Der von der Zentralschweiz gefundene Kompromiss könne nicht umgesetzt werden.

Damit die Bundesfeier auf dem Rütli heuer doch noch stattfinden kann, hatten sich die Polizeidirektoren der Zentralschweizer Kantone am 10. Mai auf einen Kompromiss geeinigt.

Demnach hätte sich dieses Jahr Luzern als Einschiffungsort zum Rütli zur Verfügung gestellt. Ab 2008 soll es in den vier Kantonen Luzern, Uri, Schwyz und Nidwalden je einen Abfahrtsort geben. Die Kantone knüpften dies allerdings an die Bedingung, dass der Bund einen Teil der Sicherheitskosten übernimmt.

Im Regen stehen gelassen

Der Bundesrat liess die Zentralschweizer Kantone am Mittwoch mit der Mitteilung, er übernehme die Kosten eines allfälligen subsidiären Armeeeinsatzes an der Rütli-Feier, im Regen stehen.

Die Zentralschweizer Kantonen wollen einen solchen Militäreinsatz jedoch gar nicht, wie die Luzerner Sicherheitsdirektorin Yvonne Schärli sagte. Die Kantone hätten genügend Einsatzkräfte und auch genügend spezialisierte Polizisten für einen solchen Einsatz.

Für den Nidwaldner Sicherheitsdirektor Fuchs muss sich die Rütli-Kommission nun grundsätzlich überlegen, ob und in welcher Form sie die Bundesfeier durchführen möchte.

swissinfo und Agenturen

Am 1. August 2007 nachmittags ist auf dem Rütli eine Frauen- und Familienfeier geplant. Neben Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi soll Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey auftreten.

Am Abend möchte die Bundespräsidentin in der Walliser Gemeinde Unterbäch, dem “Rütli der Frauen”, eine Rede halten. Damit will die Gemeinde an ihre Pionierrolle in Sachen Frauenstimmrecht erinnern.

Die im Kanton Uri am Vierwaldstättersee gelegene Rütliwiese gilt als die Geburtsstätte der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Am 1. August 1291 beschworen laut Sage die drei Abgesandten der Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden, nämlich Walter Fürst, Werner Stauffacher und Arnold von Melchtal, den ewigen Bund der Waldstätte.

Im Bundesbrief wird gesagt, die Arglist der Zeit veranlasse die drei Talschaften, sich zum besseren Schutz zusammenzuschliessen, um sich mit Rat und Tat “wider alle und jede” zur Wehr zu setzen, die “ihnen oder einem von ihnen irgendwelche Gewalttat, Beschwerde oder Beleidigung” zufügen würde.

Der Chef der Schweizer Armee, General Guisan, hielt 1940 vor den höchsten Offizieren eine historische Rede auf dem Rütli, wo er zum Widertstand gegen eine allfällige Invasion der deutschen Truppen aufrief.

Jedes Jahr findet auf dem Rütli am 1. August eine kleine Nationalfeier statt. Zweimal, 2000 und 2005, wurde die Feier von rechtsextremen Demonstranten gestört, welche die Reden der jeweiligen Bundespräsidenten unterbrachen.

Seither wurden die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Rütli verstärkt.

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