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FDP-Präsidentin tritt zurück

Christiane Langenberger tritt ab: Mit den Freisinnigen brauchen nun drei der vier Bundesratsparteien ein neues Präsidium. Keystone

Nach nur 15 Monaten an der Spitze der Freisinnig-Demokratischen Partei der Schweiz wirft Christiane Langenberger das Handtuch.

Der Rücktritt der Waadtländerin kommt nicht überraschend: Seit der Niederlage bei den Parlaments-Wahlen letzten Oktober wurde der Druck des rechten Parteiflügels immer grösser.

Das Sesselrücken in den Präsidien der Regierungsparteien geht weiter: Nach SP und CVP muss nun auch die FDP das Parteipräsidium neu besetzen.

Mit Christiane Langenberger tritt eine liberale Politikerin nach nur 15 Monaten als FDP-Präsidentin zurück. Sie hatte das FDP-Ruder erst nach langem Zögern übernommen und noch Anfang Jahr verkündet, sie wolle weitermachen.

Mit ihrem Rücktritt will Langenberger laut FDP “den eingeleiteten Erneuerungsprozess einer Person übergeben, welche die Partei über die eidgenössischen Wahlen 2007 hinaus führt”.

Noch ist das Kandidaten-Karussell erst am Anlaufen, eine FDP-Arbeitsgruppe will bis Ende Session einen Vorschlag präsentieren.

Kritik nicht ausschlaggebend

Sie trete nicht unter Druck zurück, sagte Langenberger am Donnerstag vor den Medien. Sie leiste den Empfehlungen einer Arbeitsgruppe Folge. Diese sei zum Schluss gekommen, dass es nach der Wahlniederlage eine neue Equipe brauche.

Der Arbeitsgruppe habe “niemand vom extrem rechten Parteiflügel” angehört, sagte sie auf eine Frage zur parteiinternen Kritik an ihrer Person.

Die Nachfolge wird an der Delegiertenversammlung vom 16. April in Chur geregelt.

Von der Bundesrats-Kandidatin zur Parteipräsidentin

Der Aufstieg an die Spitze der Partei kam für die heute 63-Jährige eher überraschend. 1998 war sie bei der Bundesratswahl gegen Pascal Couchepin erst im fünften Wahlgang gescheitert.

Ein Jahr später wurde sie zwar Vizepräsidentin der FDP, ihren politischen Zenith schien sie mit der Bundesrats-Kandidatur aber bereits überschritten zu haben.

Als dann im Jahr 2002 der damalige FDP-Präsident Gerold Bührer im Zuge des Rentenanstalt-Debakels von der Parteispitze abtreten musste, wurde ihr Name ins Spiel gebracht. Erst nach langem Zögern willigte sie am 6. November 2002 ein, das FDP-Ruder interimistisch zu übernehmen.

Aus dem Provisorium wurde eine definitive Wahl. Als Westschweizerin, die in Bern aufgewachsen war, wollte sie sich als “Brückenbauerin” verstanden wissen.

Bereits vor den eidgenössischen Wahlen vom Herbst 2003 hatte die sonst eher zurückhaltende Langenberger klar gemacht, dass sie auch nach einer allfälligen Niederlage bei den Wahlen im Frühling dieses Jahres zur Wiederwahl stehen werde.

“Die FDP-Spitzen sind keine Coaches eines Sportvereins, die man nach einer Niederlage einfach rasch auswechselt”, sagte sie damals.

“Neue Chance”: mit neuem Team in die Wahlen 2007

Nun kommt es doch anders: Nach früheren Signalen, dass sie einem personellen Neustart im Hinblick auf die Wahlen 2007 nicht im Wege stehen würde, tritt Langenberger bei den nächsten Wahlen Mitte April nicht mehr an.

Laut Langenberger soll die Partei von einem neuen Team geführt werden. Die FDP soll eine neue Chance bekommen, sagte die scheidende Präsidentin.

Reaktionen: Folgen nun Flügelkämpfe und Neuausrichtung?

Der Rücktritt von Christiane Langenberger löste bei den anderen drei Bundesrats-Parteien Bedauern aus.

Für die Sozialdemokraten ist absehbar, dass sich die FDP aus der bisher von ihr besetzten Position der Mitte entfernen wird. SP-Vizepräsident Hans-Jürg Fehr vermutet im Rücktritt das Ergebnis einer gewissen Zermürbungstaktik der neuen, vor allem aus Zürich stammenden FDP-Leute.

Dies empfänden Langenberger als zu liberal und suchten ihrerseits die Nähe zur SVP. “Der Rücktritt ist vermutlich eine Kapitulation”, sagte Fehr.

Zur Nachfolge Langenbergers sagte er, angesichts der Entwicklung seit den Bundesratswahlen vom vergangenen 10. Dezember wäre es nur konsequent, wenn diese aus dem Lager käme, das Langenberger unter Druck gesetzt habe.

CVP-Interimspräsidentin Doris Leuthard sagte, Langenberger habe offensichtlich das Vertrauen der FDP-Bundeshausfraktion verloren und dem Druck des erstarkten rechten Flügels innerhalb der Partei weichen müssen. Die FDP stehe vor einem Rechtsrutsch. “Der liberale Flügel wird zurückgedrängt”, sagte sie.

Er habe gut mit ihr zusammen gearbeitet, liess SVP-Präsident Ueli Maurer ausrichten. Aus dieser Sicht sei der Rücktritt bedauerlich. Anderseits sehe die SVP, dass die FDP in dieser schwierigen Situation einen Neuanfang nötig habe.

swissinfo und Agenturen

Christiane Langenberger wurde am 21. April 1941 in Bern geboren und ist Bürgerin von Romanel-sur-Morges. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Ihre politische Karriere auf nationaler Ebene startete die als Verwalterin tätige zweisprachige Waadtländerin 1995 mit der Wahl in den Nationalrat. Seit 1999 vertritt sie ihren Kanton im Ständerat.

Die Wahl einer neuen Präsidentin oder eines neuen Präsidenten der FDP findet am 16. April an der Delegiertenversammlung in Chur statt.

Offizielle Kandidierende gibt es noch nicht, eine Arbeitsgruppe will bis in zwei Wochen einen Vorschlag präsentieren.

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