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G-8: Doch deutsche Polizisten nach Genf

Deutsche Polizisten sollen in Genf mit ihren Schweizer Kollegen für Ruhe und Ordnung sorgen. Keystone Archive

Genf soll für den G-8-Gipfel nun doch Polizeiverstärkung aus Deutschland erhalten. Dies entschied der Sicherheitsausschuss des Bundesrates, der damit eine Kehrtwende vollzog.

Der Gesamtbundesrat entscheidet nächsten Mittwoch definitiv.

Wie das Aussenministerium (EDA) mitteilte, hat der Sicherheitsausschuss am Donnerstag beschlossen, dem Genfer Gesuch nach 1500 zusätzlichen Polizeikräften zu entsprechen. Die Kantone können aber nur 720 Polizisten stellen. Deshalb soll jetzt Deutschland angefragt werden, mit dem ein Polizeiabkommen besteht.

Ohne deutsche Hilfe geht es nicht



Der aus Aussenministerin Micheline Calmy-Rey, Polizeiministerin Ruth Metzler und Verteidigungsminister Samuel Schmid bestehende Sicherheitsausschuss reagierte auf den Beschluss des Genfer Staatsrates, auf 1500 zusätzlichen Polizeikräften zu beharren. Aus Genfer Sicht ist eine Verstärkung mit 750 deutschen Polizisten zwingend.

Der Bundesrat hatte am Mittwoch festgehalten, dass die Genfer Regierung, die mit bis zu 100’000 Demonstrantinnen und Demonstranten rechnet, mit den 720 ausserkantonalen Polizisten auskommen müsse. Am letzten Freitag hatte er darauf verzichtet, Deutschland um Hilfe anzugehen und Peter Arbenz als Mediator für die Demos bestellt.

Nach den jüngsten Beschlüssen der Genfer Regierung stellte der Sicherheitsausschuss des Bundesrates laut EDA fest, dass die Rahmenbedingungen für die globalisierungskritischen Demonstrationen angepasst wurden. Die Gespräche für einen geordneten Ablauf der Demonstrationen gingen weiter, das Genfer Hilfsgesuch werde aber anerkannt.

Sicherheitspolitische Herausforderung

Vor einer Woche hatte Aussenministerin Calmy-Rey erklärt, ein Hilferuf an Deutschland würde bedeuten, dass die Schweiz nicht in der Lage sei, die Sicherheit von Grossanlässen zu garantieren. Nur als ultima ratio werde Deutschland um Hilfe angefragt. Der deutsche Innenminister Otto Schily habe Unterstützung zugesagt.

Die Zusammenarbeit mit deutschen Polizisten habe bereits am letzten Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos sehr gut geklappt, sagte der Informationschef des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Hans Klaus.

Überdies seien schon 15 Wasserwerfer mit deutschem Personal angefordert worden. Die Kooperation mit Deutschland basiert auf dem Vertrag über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit.

Das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der acht wichtigsten Industrienationen unter sich und mit Staats- und Regierungschefs von Entwicklungs- und Schwellenländern im französischen Evian stellt laut Metzler eine für die Schweiz bisher nie gekannte sicherheitspolitische Herausforderung dar.

Kein Image-Schaden?

Dass die Schweiz das Ereignis G-8-Gipfel nicht mit eigenen Kräften bewältigen könne, werde keinen Imageschaden zur Folge haben, sagte Ministerin Metzler. Die Sicherheitsinfrastruktur der kleinen Schweiz sei auf derartige Grossereignisse nicht eingerichtet. Der G-8-Gipfel sei auch für Frankreich eine grosse Herausforderung.

Metzler rechnet damit, dass der Bundesrat nächsten Mittwoch dem Antrag seines Sicherheitsausschusses stattgeben wird. Es gehe darum, den Zehntausenden von friedlichen Manifestierenden nicht das Demonstrationsrecht wegzunehmen. Gleichzeitig hofft Metzler, dass sich die Friedliebenden von den Gewalttätigen distanzieren.

Genfer Polizeidirektorin erleichtert

Die Genfer Polizeidirektorin Micheline Spoerri zeigte sich vom Beschluss des Sicherheitsausschusses des Bundesrates erleichtert. Die deutschen Helfer würden nur am Flughafen Genf-Cointrin und unter dem Kommando der Genfer Polizei und keinesfalls gegen Demonstrierende eingesetzt.


swissinfo und Agenturen

Der G-8-Gipfel in Evian findet vom 1. bis 3. Juni statt.
Über 5600 Schweizer Soldaten werden die Sicherheitsanstrengungen unterstützen
Die Kantone Genf, Waadt und Wallis erhalten Hilfe von rund 2000 Polizisten aus anderen Landesteilen.
Genf wird am 1. Juni zusätzlich von 1500 auswärtigen (inklusive 750 deutschen) Polizisten unterstützt. An diesem Tag wird mit einer Demonstration von bis 100’000 Teilnehmenden gerechnet.

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