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Jugendanliegen im Schatten des Wahlkampfs

Keystone

Die Anliegen der Jungen in die Politk einbringen: Das wollte die Jugendsession in Bern. Einen Monat vor den Wahlen bemängeln die Jungparteien die fehlenden Inhalte im Wahlkampf.

Mit der Fokussierung auf Komplott-Theorien kämen die Anliegen der Jugend zu kurz.

Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat es geschafft. Statt Klimawandel dominiert das politische Klima den Wahlkampf.

«Wir haben über den Wahlkampf diskutiert. Alle waren enttäuscht und wenig motiviert, sich zu engagieren», hält Ilona Meier vom Präsidium der Jugendsession fest.

«Es geht im Wahlkampf nicht mehr um Sachpolitik, sondern um angebliche Geheimpläne. Jugendthemen kommen nicht zur Sprache.» Früher hätten die Politiker wenigstens versprochen, sich um Jugendthemen kümmern zu wollen.

Positiv am emotional aufgeheizten Wahlkampf sei, dass er die Wählerinnen und Wähler mobilisiere. Meier hofft, dass mehr junge Menschen an die Urne gehen als bei den letzten nationalen Wahlen.

«Ich muss neidlos eingestehen, dass die SVP ihren Wahlkampf hervorragend konzipiert hat», anerkennt der Generalsekretär der Jungfreisinnigen, Simon Hofstetter.

Die Partei habe gemerkt, dass es «für ihren Führer brenzlig» werden könnte, habe sich «einen Geheimplan ausgedacht» und die Wahlen auf die Formel pro oder kontra Christoph Blocher reduziert.

Ein «grosses Geheul» sei das und «zuwenig inhaltlich», kritisiert Hofstetter, der der SVP «nicht zusätzlichen Respekt verschaffen will, indem wir sie kritisieren».

Komplott als Wahlkampfmittel

Unter dem aktuellen Klima leide die «Essenz der Politik, nämlich die Suche nach Lösungen», diagnostiziert Simon Oberbeck, Präsident der Jungen Christlichdemokraten.

Gerade für die politische Sensibilisierung junger Leute sei das Hick-Hack und die Zuspitzung auf die Blocher-Frage kontraproduktiv.

Die SVP betreibe den Wahlkampf sehr professionell. «Andere Parteien sind da im Hintertreffen.» Dennoch sei Blocher einer von sieben Bundesräten und «kein König, kein Herrscher».

Auch dank der Hilfe der Medien dominiere Blocher leider den Wahlkampf, obschon «der Hinterletzte wohl kapiert hat, dass die Komplott-Theorie ein total konstruiertes Wahlkampfmittel ist.»

Fördert Politik-Verdrossenheit

Es gebe einen Plan, Blocher bei den Bundesratswahlen am 12. Dezember nicht mehr zu wählen, glaubt die Präsidentin der Jungen SVP. Das hätten verschiedene Parlamentarier klar kommuniziert.

Also, kein Geheimplan, wie das die SVP behauptet? – «Ich weiss auch nicht alles was hinter den Kulissen passiert, die Mutterpartei weiss da sicher mehr», weicht Désirée Stutz der Frage aus.

Auch Stutz findet es schade, dass im Wahlkampf die Sachpolitik lediglich eine Nebenrolle spielt. «Ich wünschte mir, die Parteien würden sich explizit für die Jungen einsetzen.»

Der Wahlkampf generell sei stark amerikanisiert. «Die Werbung in den verschiedensten Formen spielt eine viel grössere Rolle als früher. Das fördert sicherlich die Politik-Verdrossenheit der Jungen.»

Kein Komplott, sondern Demokratie

«Eine der wichtigsten Herausforderungen ist, dass er nicht mehr gewählt wird», sagt Arnaud Thièry, Zentralsekretär der Schweizer Jungsozialisten.

Der Justizminister sei mit dem Staat nicht mehr einverstanden. «Er will die Regeln der Wirtschaft auf die Justiz anwenden und so die rechtsstaatlichen Institutionen ausser Kraft setzen.»

Thièry erinnert daran, dass Blocher mit der Entlassung des obersten Anklägers der Eidgenossenschaft, Bundesanwalt Valentin Roschacher, seine Kompetenz überschritten habe. «Das steht schwarz auf weiss im Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK). Der Bericht ist seriös.»

Mit ihren Komplott-Theorien lenke die SVP von den Vorwürfen der GPK ab und schüre ein Klima, in dem «man nicht mehr über Sachthemen diskutieren kann.» Das sei beunruhigend.

«Wir sagen es seit Jahren: Blocher gehört nicht in die Regierung. Das ist weder geheim, noch ein Komplott. Das ist Demokratie.»

swissinfo, Andreas Keiser

Die Jugendsession findet vom 21.-23. September im Bundeshaus in Bern statt.

200 Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren nehmen daran teil. Sie stammen aus allen Sprachregionen.

Angesprochen werden sollen vor allem Jugendliche, die noch kein politisches Amt haben.

Die erste Jugendsession fand 1991 anlässlich der 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaft statt.

Die Jugendsession will die Jungen zu einem politischen Engagement motivieren und ihren Anliegen in der offizellen Politik Aufmerksamkeit verschaffen.

Die an der Jugendsession 2006 verabschiedeten Petitionen hatten die Jugendarbeitslosigkeit, den Service Public und den Jugendaustausch auf europäischer Ebene zum Inhalt.

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