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Richtung Neubeginn für die Mehrwertsteuer

Die Vereinfachung der MWST ist ein Steckenpferd von Hans-Rudolf Merz. Keystone

Der Bundesrat möchte die Mehrwertsteuer (MWST) radikal vereinfachen. Während heute drei Steuersätze gelten, schlägt Finanzminister Merz einen Einheitssatz von 6% vor.

Ein Grossteil der 25 Ausnahmen von der Steuerpflicht soll abgeschafft werden. Die Landesregierung hat die Gesetzesrevision in die Konsultation geschickt, bis am 31. Juli kann geantwortet werden.

Mit ihren drei Sätzen, den mittlerweile 25 Ausnahmen und einem riesigen “Papierkrieg” ist die Mehrwertsteuer (MWST) für die Unternehmen wie für die Behörden zum Dauerärgernis geworden.

Das erste “Modul” und Fundament der Reform bildet eine Totalrevision des MWST-Gesetzes.

Dabei soll das Gesetz entschlackt und die Verfahren vereinfacht werden. Die drei bestehenden Steuersätze und auch ein Grossteil der Ausnahmen würden beibehalten.

Zusätzlich zum überarbeiteten Gesetz stellt der Bundesrat als zweites “Modul” einen Einheitssatz von 6% zur Diskussion. Ausnahmen gäbe es lediglich noch bei den Wohnungsmieten, den Banken, den Lebensversicherungen, beim Immobilienhandel und bei der Landwirtschaft.

Vor- und Nachteile

Dieses Modell habe den Vorteil, dass es die Schattensteuer, die sogenannte Taxe occulte, stärker abbauen würde als alle andern Modelle.

Das würde der Volkswirtschaft zu einem spürbaren Wachstumsschub verhelfen, prognostiziert das Finanzdepartement.

Die Haushalte würden jedoch etwas stärker zur Kasse gebeten, was bei niedrigen Einkommen mit Prämienverbilligungen für die Krankenkassen korrigiert würde.

Eine Untervariante sieht vor, das Gesundheitswesen wie bisher von der Mehrwertsteuer auszunehmen. Der Einheitssatz würde bei diesem Modell auf 6,4% angehoben.

Eine Zwischenvariante schliesslich will die drei bisherigen Steuersätze auf zwei reduzieren. Der tiefere Satz würde neu 3,4% betragen.

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Steuersystem

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht In der Schweiz werden die Steuern von Gemeinden, Kantonen und dem Bund erhoben. Kantone und Gemeinden sind in ihrer Steuerpolitik autonom. Die Höhe der Steuern kann somit je nach Wohnort stark abweichen. Die Bundessteuer ist jedoch im ganzen Land gleich hoch. Der grösste Teil der direkten Steuern geht an Gemeinden und Kantone. Die Bundesssteuer ist…

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“6% wäre grosser Wurf”

Finanzminister Hans Rudolf Merz hat, seit er die Revision im August 2005 lanciert hat, nie einen Hehl daraus gemacht, dass er einen einheitlichen Steuersatz von 6% für die beste Lösung hält.

“Das wäre ein grosser Wurf, ein Segen für die Wirtschaft und würde uns auch international nach vorne bringen,” sagte er kürzlich in einem Interview.

In der politischen Landschaft ist die Idee eines neuen Einheitssatzes schon vor der nun beginnenden offiziellen Vernehmlassung auf Kritik gestossen.

Sozialdemokraten und Christdemokraten lehnen die damit verbundene Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Lebensmitteln ab und argumentieren mit sozialpolitischen Überlegungen.

Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei bezeichnete das Modell als “Totgeburt”. Einzig die Freisinnige Partei sieht Vorteile in einem Einheitssatz.

Wirtschaft will Reform

Mindestens im bürgerlichen Lager und in der Wirtschaft besteht jedoch ein Konsens darüber, dass eine Gesetzesrevision und damit verbundene Verfahrens-Vereinfachungen notwendig sind.

Damit soll der administrative Aufwand der rund 310’000 steuerpflichtigen Unternehmen vereinfacht und die Rechtssicherheit verbessert werden.

Finanzminister Merz räumt ein, dass es schwierig sein wird, einen Einheitssatz politisch umzusetzen. “Da mache ich mir keine Illusionen.”

Auch deshalb liess Merz die drei Varianten und mehrere Untervarianten ausarbeiten. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie weder zu Mehreinnahmen noch zu Steuerausfällen führen werden.

Die Vernehmlassung dauert bis Ende Juli. Befragt werden Parteien und Organisationen auch zu weiteren Reformen, die noch nicht in die Gesetzesentwürfe eingearbeitet wurden, mit der Botschaft aber nachgeschoben werden könnten. Unter anderem geht es um die Frage, wie Spenden und Subventionen zu behandeln sind.

swissinfo, Andreas Keiser

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Vernehmlassung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Vernehmlassung oder das Vernehmlassungsverfahren ist die Konsultation von betroffenen und interessierten Kreisen (auch Mitwirkungsverfahren). Sie ist eine wichtige Phase im schweizerischen Gesetzgebungsverfahren. Bei der Vorbereitung wichtiger Gesetze und anderer Vorhaben von grosser Tragweite sowie bei wichtigen völkerrechtlichen Verträgen werden die Kantone, die politischen Parteien und die interessierten Kreise zur Stellungnahme eingeladen.

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Die Mehrwertsteuer (MWST) wurde in der Schweiz 1995 als Nachfolgerin der Warenumsatzsteuer eingeführt. Das heutige System kennt vier verschiedene Steuersätze.

Güter des täglichen Bedarfs wie Esswaren, alkoholfreie Getränke, Medikamente, Getreide, Vieh, Blumen und, Futter- und Düngemittel, Zeitungen, Bücher, Radio und TV werden mit 2,4% belastet.

Die Hotellerie profitiert bei Übernachtung und Morgenessen von einem Sondersatz von 3,6%.

Der Normalsatz beträgt 7.6%.

Banken, Versicherungen, Spitäler und die landwirtschaftliche Produktion sind von der Mehrwertsteuer befreit. Insgesamt gibt es einen Katalog mit 25 Ausnahmeregelungen.

2006 sind durch die Mehrwertsteuer 19 Mrd. Fr. in die Bundeskasse geflossen.

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