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Schweiz will Aussenpolitik ausweiten

Mit ernstem Blick einer ausgeweiteten Aussenpolitik entgegen: Bundesrätin Micheline Calmy-Rey. Keystone

Neue alte Ordnung in der Schweizer Aussenpolitik: Die EU bleibt wichtigster Partner, aber die Kontakte zu den Grossen werden intensiviert, vor allem zu den USA.

Bei der Entwicklungshilfe bleibt die Schweiz dagegen zurückhaltend: Das Budget wird nicht aufgestockt.

Der Bundesrat hat sich am Mittwoch in einer dreistündigen Klausursitzung Gedanken über eine neue Ausrichtung der Schweizer Aussenpolitik gemacht. Das Resultat: Die Beziehungen zu den USA sollen klar intensiviert werden.

Doch das ist nicht das einzige: Auch die Kontakte zu Russland, China, Japan, Brasilien und Indien sowie mit den Balkanstaaten und Südafrika will die Landesregierung auf ein neues Fundament stellen.

Keine Revolution

Wie Bundesrätin Micheline Calmy-Rey am Donnerstag darlegte, ist der neue Ansatz keine aussenpolitische Revolution, sondern eine Verfeinerung der bisherigen Strategie. Wichtigster politischer und wirtschaftlicher Partner bleibe die EU, hielt die Aussenministerin aber fest.

“Wir müssen aber auch dem Rest der Welt erhöhte Aufmerksamkeit zukommen lassen”, sagte sie. Entsprechende Strategien würden im Aussenministerium (EDA) in Zusammenarbeit mit den anderen Departementen nun erarbeitet.

Kommt Freihandels-Abkommen?

Bereits gutgeheissen wurde in der vertiefenden Aussenpolitik-Sitzung eine Intensivierung der Beziehungen mit den USA, dem zweitgrössten Handelspartner der Schweiz ausserhalb der EU. Auch ein Freihandels-Abkommen steht zur Diskussion.

Daneben stehen auch die Bekämpfung von Terrorismus und Korruption und ein Abkommen über Amtshilfe in Zollfragen auf der Agenda für Verhandlungen mit den USA.

An Ethik festhalten

Die Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Beziehungen zu den USA seien gut, sagte Staatssekretär Michael Ambühl, sie sollen konsequent ausgenützt werden. An den aussenpolitischen Prinzipien wie dem Schutz der Menschenrechte oder der Neutralität würden dabei aber keine Abstriche gemacht.

Beim Ausbau der Beziehungen zu den anderen Länder gehe es um komplementäre Demarchen, die keineswegs in Konkurrenz zur Europapolitik stünden, hiess es weiter.

Gegen aussenpolitischen Wildwuchs

Angesichts der Vielzahl von aussenpolitischen Akteuren legte die Landesregierung grossen Wert auf Kohärenz und Koordination innerhalb der Bundesverwaltung. Sie hält dazu fest, dass die primäre Verantwortung für die Aussenpolitik bei ihr selber und beim EDA liege.

Die Erarbeitung von Gesamtstrategien sei ein gutes Mittel, um diese Verantwortung wahrzunehmen. Die an der Aussenpolitik beteiligten Departemente sollen zudem untereinander Zielvereinbarungen abschliessen.

Der Trick mit den Zahlen

Was den Beitrag der Schweiz an die Armutsbekämpfung betrifft, so weicht die Landesregierung die Kriterien zur Berechnung der Entwicklungshilfe leicht auf: Indem künftig auch jene Kosten als Entwicklungshilfe deklariert werden, die durch die Aufnahme von Asylbewerbern aus Entwicklungsländern im ersten Jahr entstehen, wird die Schweiz erstmals über 0,4% des Bruttoinlandprodukts (BIP) aufwenden.

Der Schritt erfolgte mit Blick auf den UNO-Millenniumsgipfel vom kommenden September. Auf eine weitere Erhöhung verzichtete der Bundesrat, ebenso auf ein explizites Bekenntnis zum UNO-Ziel, die Entwicklungshilfe auf 0,7% des BIP zu erhöhen.

Geteilte Meinungen

Wirtschaft und bürgerliche Parteien begrüssten den neuen aussenpolitischen Akzent und dabei vor allem die Annäherung an die USA. Die Sozialdemokratische Partei und Hilfswerke kritisierten hingegen die rein statistische Korrektur bei der Entwicklungshilfe und forderten Taten.

Der Bauernverband lehnte bereits präventiv jegliche Konzessionen bei einem allfälligen Freihandels-Abkommen mit den USA ab.

swissinfo und Agenturen

UNO und EU verlangen die Erhöhung der Entwicklungsausgaben auf 0,56% des Brutto-Inlandproduktes bis 2010 und auf 0,7% bis 2015.
Momentan beträgt der Schweizer Beitrag 0,37%.
Die Schweiz budgetiert 1,46 Mrd. Franken für 2006, 1,52 Mrd. für 2007 und 1,56 Mrd. im Jahr 2008.

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