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Studie läutet Alarmglocken für Säugetiere

Das Wildkaninchen - nur eine der vielen Tierarten auf der Roten Liste. blickwinkel

Die Studie der Weltnaturschutz-Organisation (IUCN), die anfangs Woche an einem Kongress in Barcelona vorgestellt wurde, ist alarmierend: Ein Viertel aller Säugetierarten ist vom Aussterben bedroht, bei den Meeressäugern sind es sogar über die Hälfte.

Gemäss der Studie der Weltnaturschutz-Organisation (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources, IUCN), sind von den insgesamt rund 4500 untersuchten Säugetierarten 1140 bedroht.

Bei den Landsäugetieren geht die Bedrohung laut IUCN in erster Linie auf zerstörte Lebensräume und die Jagd zurück. Die Meeressäuger sind namentlich durch die Wasserverschmutzung und die indirekten Folgen der Überfischung bedroht.

Am Kongress in Barcelona beraten die rund 7000 teilnehmenden Regierungsvertreter und Experten aus fast 150 Staaten, wie der Artenschutz verbessert und wirtschaftliche Bedürfnisse und Naturschutz miteinander vereinbart werden können. Der am 5. Oktober eröffnete Kongress dauert bis am 14. Oktober.

Biodiversität der Schweiz

In den vergangenen 150 Jahren sind in der Schweiz insgesamt 224 Tier- und Pflanzenarten verschwunden. Über ein Drittel der Fauna und Flora stehen auf der Roten Liste. Am meisten vom Aussterben bedroht sind Reptilien und Amphibien.

Gemäss der Schweizer Sektion WWF macht die Regierung nicht genug, um die bedrohten Arten zu schützen.

Auf der Roten Liste stehen namentlich Luchs, Braunbär, Wolf, Biber, Rothirsch und Wildkaninchen. Letzteres dürfe hierzulande “unverständlicherweise” gejagt werden.

Die Schweiz ist mit der Ausarbeitung einer Biodiversitäts-Strategie im Hintertreffen, sagt Walter Vetterli vom WWF gegenüber swissinfo. Als Mitglied der Internationalen Konvention zur Biodiversität ist die Schweiz dazu verpflichtet. Der Bundesrat habe jedoch lediglich auf Druck des Parlaments zugestimmt, sich nun darum zu kümmern.

Umdenken findet statt

Während das Thema Umwelt in den 1990er-Jahren viele Leute beschäftigte, waren es später vor allem Job- und Sicherheitsfragen. Doch die Klimaänderung hat die Menschen erneut für Umweltthemen sensibilisiert.

“Die Umwelt wird wieder zum wichtigen Thema”, sagt Vetterli. “Doch angesichts der Budgetkürzungen ist es für die Kantone äusserst schwierig, diesbezügliche Projekte und Strategien umzusetzen.”

Gemäss Willy Geiger, Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und Leiter der Schweizer Delegation am IUCN-Kongress, stand die Biodiversität nicht immer auf der Prioritätenliste. Er glaubt jedoch, dass ein Umdenken stattgefunden hat.

Eine Schwierigkeit sei, das angesichts der dichten Besiedelung der Schweiz der Lebensraum für bedrohte Tierarten unter Druck gerate. “Es finden Diskussionen mit dem Forst- und Landwirtschaftssektor darüber statt, wie viele Quadratkilometer nötig sind, um das Überleben bedrohter Tierarten langfristig zu garantieren.”

Gelegenheit für Networking

Die Schweiz könne anders als die IUCN keinen direkten Einfluss auf die anderen Länder nehmen, sagt Geiger. “Doch wir können unser Fachwissen in der Schaffung von Naturparks und den Bottom-up-Ansatz weitergeben.”

Der Kongress biete für Biologen und Naturschützer aus der ganzen Welt Gelegenheit, Strategien zu vergleichen, Kontakte zu knüpfen und Networking zu betreiben, sagt Geiger.

An der IUCN-Konferenz in Barcelona habe die Schweiz zwar selbst keine Vorstösse eingereicht, die 156 eingegangenen aber sorgfältig studiert.

swissinfo, Julia Slater
(Übertragung aus dem Englischen: Corinne Buchser)

Die IUCN, die ihren Sitz in Gland in der Nähe von Genf hat, feiert dieses Jahr ihren 60. Geburtstag.

Die IUCN gilt als das älteste und grösste globale Umweltnetzwerk. Ziel der Weltnaturschutz-Organisation ist es, die Länder in Sachen Naturschutz und nachhaltiger Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen zu unterstützen.

Ihr gehören mehr als 1000 Organisationen mit fast 11’000 freiwilligen wissenschaftlichen Mitarbeitern in mehr als 160 Ländern an.

Die IUCN organisiert alle vier Jahre einen Kongress.

Die Organisation hat einen offiziellen Beobachterstatus an der Uno-Generalversammlung.

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