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Südafrikas Präsident besucht die Schweiz

Bundespräsident Pascal Couchepin empfängt den südafrikanischen Staatschef Thabo Mbeki . Keystone

Der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki weilt zu Besuch in der Schweiz. Die ausgezeichneten Beziehungen sollen noch vertieft werden.

Das heikle Dossier über das Verhältnis der Schweiz zum Apartheid-Regime stand nicht auf der Agenda. Am Mittwoch hält sich Mbeki in Genf auf.

Thabo Mbeki, der 1999 Nelson Mandela als Präsident ablöste, traf während seines ersten offiziellen Besuchs in der Schweiz mit den Bundesräten Pascal Couchepin, Joseph Deiss und Micheline Calmy-Rey zusammen.

“Auf Südafrika warten viele Herausforderungen, und viele Probleme wie Armut oder Aids müssen gelöst werden”, sagte Mbeki nach den Gesprächen in Bern.

Scharf wandte sich Mbeki gegen Versuche, die Vergangenheit Südafrikas, die Zeit der Apartheid, mit Prozessen im Ausland aufarbeiten zu wollen. Von den jüngsten Klagen betroffen sind auch mehrere Schweizer Unternehmen.

Gemeinsame Projekte in Afrika

Mbeki und die Schweizer Regierungsmitglieder unterzeichneten eine neue Absichtserklärung über die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Südafrika. Sie dient als Grundlage für die Entwicklung gemeinsamer Projekte auf dem afrikanischen Kontinent.

Auch internationale Themen von gemeinsamem Interesse kamen zur Sprache. So die jüngsten Entwicklungen in der Region der Grossen Seen in Afrika und im Nahen Osten.

Thematisiert wurden zudem die Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) sowie der digitale Graben zwischen Nord und Süd.

Der südafrikanische Staatschef sagte Couchepin seine Teilnahme am Weltgipfel zur Informations-Gesellschaft im Dezember zu. An der anschliessenden Medienkonferenz lud er seinerseits Couchepin nach Südafrika ein.

Wichtigster afrikanischer Handelspartner

Im bilateralen Bereich geht es insbesondere um die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen, so zum Beispiel um die Förderung privater Unternehmen auf dem afrikanischen Kontinent und die Erleichterung des regionalen Handels.

Südafrika ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz auf dem afrikanischen Kontinent. Umgekehrt ist auch die Schweiz mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Franken im Jahr 2002 und Direkt-Investitionen in der Höhe von 777 Mio. Franken seit 1994 eine wichtige Handelspartnerin Südafrikas.

Über 100 Tochtergesellschaften und Niederlassungen von Schweizer Unternehmen wie Nestlé, ABB, Novartis und Roche beschäftigen im Land am Kap rund 22’000 Personen.

Belastende Vergangenheit

Diese starke Präsenz von Schweizer Firmen geht auf die Zeit der Apartheid zurück: Während französische und amerikanische Unternehmen aus Protest gegen die Rassentrennung ihre Investitionen in den 80er Jahren bremsten, haben die schweizerischen und deutschen Firmen Südafrika nie verlassen.

Die offizielle Schweiz betont dagegen gerne, dass sie als erstes Land einen finanziellen Beitrag an den Entschädigungs-Fonds der Wahrheits- und Versöhnungs-Kommission geleistet hat.

Nichtregierungs-Organisationen (NGO) beider Länder prangern die Schweiz und Schweizer Firmen an, das Unrecht-Regime unterstützt und damit zu dessen Verlängerung beigetragen zu haben.

Die NGO verlangen eine Aufarbeitung der Beziehungen während der Zeiten der Apartheid. Opferorganisationen, unterstützt von kirchlichen Kreisen, fordern Entschädigungszahlungen.

Klagen auch gegen Schweizer

Die US-Anwälte Ed Fagan und Michael Hausfeld werfen im Namen von Apartheidopfern zahlreichen internationalen Unternehmen vor, das rassistische Regime in Pretoria unterstützt zu haben. Auch hätten diese Unternehmen schwarze Angestellte diskriminiert.

Betroffen sind auch mehrere Schweizer Konzerne – so die Banken UBS und CS und die Unternehmen Ems, Holcim, Novartis, Nestlé, Unaxis, Sulzer und Schindler.

Staatspräsident Mbeki verurteilte diese Klagen aufs Schärfste: “Es ist inakzeptabel, dass diese zentralen Fragen über die Zukunft unseres Landes im Ausland entschieden werden.”

Undurchsichtige Rolle des Schweizer Geheimdienstes

Für Aufsehen sorgte auch die Affäre rund um den früheren Leiter des militärischen Nachrichtendienstes, Peter Regli, und seine Kontakte mit dem Apartheid-Regime.

Bis heute sind dubiose Waffengeschäfte und Drogen-Verbindungen von Wouter Basson, auch “Doktor Tod” genannt, zum Schweizer Geheimdienst nicht gänzlich geklärt.

Im Mai 2000 hatte der Bundesrat dem Schweizerischen Nationalfonds zwar den Auftrag erteilt, die Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika zu untersuchen. Er forderte die Bundesverwaltung auf, einen liberalen Zugang zu Akten im Bundesarchiv zu gewährleisten.

Erschwerte Forschung

Als in den USA jedoch Sammelklagen von Apartheid-Opfern lanciert wurden, entschied der Bundesrat, die Türen des Bundesarchivs wieder zu schliessen.

Der Zugang zu den Akten verschlechtere die Parteistellung der eingeklagten Schweizer Unternehmen gegenüber anderen Beklagten, erklärte die Schweizer Regierung ihren Schritt.

Der Bundesrat begründet diesen von vielen Seiten nicht nachvollziehbaren Entscheid mit dem Schutz der Rechtsgleichheit von schweizerischen und ausländischen Verfahrens-Parteien.

swissinfo, Gaby Ochsenbein

Thabo Mbeki ist seit 1999 Präsident Südafrikas.

Er ist der Nachfolger von Nelson Mandela.

Südafrika ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz in Afrika.

Die Schweiz gehört zu den wichtigsten ausländischen Investoren in Südafrika.

Schweizer Unternehmen beschäftigen dort rund 22’000 Personen.

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